Verlieb Dich nie in einen Tierarzt
Überzeugung, daß ein Mann, der seine Lieblingstiere ins Schlachthaus schickt, kein weiteres Wort wert sei. Sie warf noch einen interessierten Blick auf die prächtige Farm, wo Henderson pflichtschuldig Mrs. Martin Gesellschaft geleistet hatte, dann drehte sie sich auf dem Absatz um und eilte davon.
»Was nun?« fragte er mit belustigtem Augenzwinkern, und sie brach in hämisches Gelächter aus, als sie die Geschichte von den Lämmern erzählte. Großvaters Lächeln erstarrte. »Ich stimme da völlig mit dir überein. Ich habe bereits von diesen Dingen gehört. Man erzählte mir von Vätern, die ihre Kinder aufforderten, Lämmer zu züchten, um sie dann ins Schlachthaus zu schicken. Schlimmer noch: Manche schlachten ihre Lämmer zum Weihnachtsfest und lassen es sich auch noch munden.«
Jill stellte kläglich fest: »Ich habe kein Glück mit Farmern. Sie enttäuschen mich auf der ganzen Linie. Ich glaubte, jedes Tier halten zu können, das ich wünschte. Jetzt sieht es so aus, als ob so mancher Farmer nur auf das Geld sehen würde. Tierliebe scheinen sie nicht zu kennen.«
»Du solltest nichts verallgemeinern. Es gibt viele Farmer, die sehr uneigennützig sind. Einige meiner alten Freunde haben sich Land gekauft und versucht, Tierliebe mit geschäftlichem Erfolg zu vereinen. So kann ich mir unmöglich vorstellen, daß Alan Reid seine geliebten Haustiere in die Schlachthäuser verfrachtet.«
Jill lachte. »Aber, Großpapa, du willst doch nicht behaupten, daß dein lieber Freund Alan ein erfolgreicher Farmer ist, oder? Zum Glück ist er reich genug, daß er als Hobbyfarmer leben kann. Im allgemeinen belächelt man hier seine Künste auf diesem Gebiet und die Fehler, die ihm unterlaufen sind. Erst kürzlich hat er sich ziemlich miserable Tiere andrehen lassen — an Stelle der guten Rinder, die sein Verwalter Turner für ihn am Viehhof gekauft hatte. Irgendein Schurke hatte die Tiere ausgetauscht. Glücklicherweise sagte Alan später zu Turner, der beim Abladen nicht dabeigewesen war, daß die jungen Stiere ihn ein wenig enttäuschten, woraufhin Turner sofort den Schwindel aufdeckte.«
»Donnerwetter, du kennst dich aber schon gut aus! Alan hat mir gar nichts davon erzählt. Und wie ging es weiter? Ist der Missetäter geschnappt worden?« wollte Robert wissen.
»Nein, das nicht. Dazu ist er zu gerissen. Er heißt Wood und soll recht berüchtigt sein — jedenfalls hat er alles auf den Spediteur geschoben und gesagt, der habe sich geirrt. Schließlich bekam Alan seine eigenen Rindviecher zurück, und Turner hätte vor Aufregung fast der Schlag getroffen.«
»Immerhin war Alan früher ein guter Geschäftsmann, und niemand kann es in so kurzer Zeit in einem ganz neuen Metier zum Meister bringen. Aber ich bin sicher, daß er es noch lernen wird.«
Im stillen dachte Jill: >Und wenn schon! Auch falls er Erfolg haben sollte — und obwohl er sehr nett ist so könnte ich doch nie einen Mann heiraten, der mich durch eine dicke Hornbrille nervös anblinzelt und nach fünf Minuten Konversation mit einem weiblichen Wesen stumm wie ein Fisch ist. Obendrein ist er viel zu alt.<
Doch einige Tage später stellte Jill fest, daß Alan Reid nicht immer Frauen gegenüber so schweigsam war. Er saß in der Bibliothek und blätterte in einem Sachbuch, als Rachel Wood, die Frau jenes berüchtigten Diebes, der im übrigen ein sehr erfolgreicher Farmer war, hereinkam. Reid blickte von seinem Buch auf, sah die neue Besucherin und ließ das Buch geräuschvoll zu Boden fallen. Das überraschte Jill, denn Alan pflegte ansonsten mit Büchern, neuen wie alten, sehr sorgsam umzugehen.
Eigentlich war an der Frau, die einen etwa dreizehnjährigen Buben mitbrachte, nichts Besonderes, dachte Jill. Gewiß, sie war attraktiv, schlank, hatte dunkle Augen, seidiges braunes Haar und magnolienblütenweiße Haut. Aber es mangelte ihr offensichtlich an Lebensfreude, sie wirkte traurig und teilnahmslos. Sie war schon des öfteren in die Bibliothek gekommen, hatte Bücher zurückgebracht und neue entliehen, und Jill hatte sich ein wenig geärgert, daß ihre freundlichen Annäherungsversuche so kühl zurückgewiesen worden waren.
Auch dieses Mal beschränkte sie sich auf einen kurzen Gruß und legte ihre Bücher auf den Tisch. Dann drehte sie sich um, sah Alan Reid und blieb wie angewurzelt stehen. Sie wurde knallrot und stammelte nach kurzem Zögern: »Aber Alan... Wie...? Wo...? Ich wußte gar nicht, daß du hier in dieser Gegend...« Dann streckte sie
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