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Verlieb dich nie in einen Vargas

Verlieb dich nie in einen Vargas

Titel: Verlieb dich nie in einen Vargas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Ockler
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Ich habe sogar den Rost vom Chrom entfernen können. Auf Hochglanz poliert, wird sie so gut wie neu sein.«
    Mari brachte Papi ins Haus und wir waren wieder allein. Ich und Emilio und mein rasend schnell klopfendes Herz. Mir ging die Szene mit Papi in der Eisdiele nicht aus dem Sinn, wie müde er oft aussah, dass er immer weniger Zeit im Schuppen verbrachte, wie er sofort mit Mari nach drinnen gegangen war, als das Motorrad ihn erschreckt hatte.
    Jetzt musste Emilio dringender als je zuvor seine Aufgabe beenden, damit Valentina lief wie eine Eins – kein Husten, kein Stottern mehr. Sie lackieren und polieren, damit sie so gut wie neu wäre, wie er es versprochen hatte.
    Solange sie nur fertig wurde, bevor Papi zu krank wurde, um sie zu fahren.
    »Was brauchst du noch?«, fragte ich. Er hob anzüglich die Augenbraue, aber ich schüttelte rasch den Kopf. »Für die Maschine. Sie muss hundertprozentig laufen. Und zwar bald.«
    »Nur die Ruhe, princesa . Ich hab es fast geschafft.« Er lächelte neckend, aber in seinem Blick lag eine neue Zurückhaltung, ein Schatten, der über sein Gesicht glitt wie Wolken über den Himmel.
    Zwischen uns breitete sich Schweigen aus. Ich malte mit der Fußspitze Kreise in den Staub, sah die Decke an, blickte ihm schließlich in die Augen. »Wie lange noch, was meinst du? Bis sie fertig ist?«
    »Ich weiß es nicht, Jude. Ich werde dich über die Fortschritte auf dem Laufenden halten.« Emilio drehte sich auf dem Absatz um und griff nach seiner Werkzeugkiste.
    Ich zupfte ihn am Arm. »Es tut mir leid. Ich benehme mich völlig verrückt. Wie üblich. Komm zurück.«
    Sein Widerstand dauerte nur einen Herzschlag, dann drehte er sich um und sah mich erneut an. Er legte seine Hände auf meine Hüften, lehnte seine Stirn an meine. »Beantworte meine Frage. Ja oder nein? Wirst du mit mir kommen?«
    Ja. Lass uns fahren. Auf der Stelle. Das hätte ich gerne gesagt. Aber mein sehnsüchtiger Wunsch besaß nicht die Kraft, sich mit Zähnen und Klauen gegen die Zweifel, die Ängste zu behaupten.
    Emilio bot mir eine Chance, Staatsgrenzen zu überqueren, das Land zu erkunden, die Sonne an Dutzenden verschiedenen Orten auf- und untergehen zu sehen, unter dem unverwandten Blick des Großen Bären auf einem Motorrad daherzubrausen.
    Mir war nicht klar gewesen, wie sehr ich mich danach sehnte, bis er die Worte ausgesprochen hatte. Ich möchte, dass du mit mir kommst … sag Ja.
    Es war eine Reise, wie man sie nur einmal im Leben macht. Und sie wartete bloß darauf, dass ich mich zu ihr durchrang.
    Aber verborgen hinter all den Wünschen, all den Tagträumen sah ich Papi, einen Mann, der Tausende Meilen zurückgelegt und eine Motorradgang angeführt hatte. Der mit einer Kellnerin geflirtet und Jaguaren davongefahren war. Danach war Valentina eingemottet worden und langsam unter einer Schutzhülle verrottet, und nun, da sie beinah repariert war, war es zu spät. Er würde vielleicht nie wieder die Chance bekommen, sie zu fahren. Niemals. Wieder.
    Ich holte tief Luft, stieß sie dann langsam wieder aus und beobachtete, wie sie gegen Emilios Lippen schlug. Er erschauerte und flüsterte meinen Namen und in diesem Augenblick erkannte ich die ganze Wahrheit.
    Ich war dabei, mich zu verlieben.
    Ich war dabei, meinen Vater zu verlieren.
    In Emilio Vargas.
    An Rauch und Schatten.
    Mein Herz flatterte.
    Mein Herz schmerzt.
    Begierig, es zu fühlen.
    Begierig, es zu leugnen.
    Das Leben.
    Den Tod.
    Möglichkeiten.
    Enden.
    Sterne glitzerten vor meinen Augen, als die Welt verschwamm und in ihren Grundfesten erschüttert wurde, und Emilio hauchte wieder meinen Namen, und alles an diesem Augenblick war ebenso grausam wie atemberaubend.
    »Ich möchte mit dir kommen, Emilio«, flüsterte ich.
    Er zog mich näher zu sich, umschlang mich mit seinen Armen.
    Ich legte eine Hand auf seine Brust und spürte seinen Herzschlag unter meinen Fingerspitzen. »Aber ich kann nicht Ja oder Nein sagen. Es hängt von Papi ab, und dann sind da noch Mom und meine Schwestern und die Sache mit Valentina …« Ich schloss die Augen, atmete seinen Leder- und Weichspülerduft tief ein. »Ich sage nicht Nein. Nur … ich muss noch etwas darüber nachdenken. Aber es heißt nicht nein.«
    »Nicht nein. Damit gebe ich mich für den Moment zufrieden.« Emilio löste meine Hand von seiner Brust und küsste die Innenfläche. Seine Lippen zogen seine Spur bis zu meinem Handgelenk, wo sie verweilten, ehe sie zart zu meiner Schulter weiterwanderten. Ich

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