Verlieb dich nie in einen Vargas
die Diagnose bekommen hatten: Das ist nicht mein Vater, das ist die Krankheit. Das ist nicht mein Vater, das ist die Krankheit …
»Wir sind in der Drogerie«, erklärte ich ihm. »Wir waren erst letztens bei Burger Barn , also lass uns heute ins Cantina gehen. Ich habe schon die ganze Zeit wahnsinnigen Appetit auf ihre Nachos und Guacamole.«
Ich berührte Papis Ellbogen und sein Blick wurde wacher. Er sah mit neu gewonnener Klarheit von mir zu Zoe, scharf und entschlossen.
»Meine Töchter haben mich beauftragt, dieses Zeugs für sie zu besorgen, ist das zu glauben? Aber ich mache es. Denn man tut, was man kann, stimmt’s?«
Zoe rang sich ein Lächeln ab. »Jude, ähm , lass uns ein andermal Kaffee trinken gehen. Ich sag Christina Bescheid … äh … ruf mich an, wenn du zu Hause bist, okay?«
Ihr Blick war glasig und zuckte unruhig hin und her, und im nächsten Moment schoss sie auf den Ausgang zu, als stünde der Laden in Flammen, und eine Frau hinter uns flüsterte ihrer Begleitung zu: »Ich glaube, das ist ihr Vater. Armes Ding.«
»Lass uns was essen gehen.« Ich zupfte Papi am Ärmel, aber er schüttelte mich sofort ab.
»Jude Hernandez, du wirst dich jetzt zusammenreißen und dich in der Öffentlichkeit anständig benehmen.«
Ich war wieder fünf Jahre alt, zerfloss in der Hitze Colorados und jammerte, weil ich nach einem langen Tag voller Besorgungen endlich nach Hause wollte. Leute beobachteten uns, ihre Blicke brannten sich in meine Haut. Das Handy summte ununterbrochen in meiner Hosentasche und meine Zunge war unförmig und dumm und nutzlos. »Papi …«
» ¡Cállate !« Sein Befehl war kurz und bestimmt, und ich befolgte seine Anweisung: Ich hielt die Klappe. Er ließ die nächste Schachtel in den Wagen fallen, während ich einen Riss im Boden anstarrte und mir wünschte, er würde sich weiter auftun, mich verschlingen und tief in der roten Erde bei den Dinosaurierknochen begraben. Aber das tat er nicht, und die Leute liefen weiter an uns vorbei und rempelten mich an, und Papi belud den Einkaufswagen und …
»Wenn das nicht meine Lieblings-Hernandezes sind!« Emilio kam den Gang heruntergestapft, die Arme mit genügend Süßigkeiten und Chips beladen, um die gesamte Werkstattcrew zu versorgen. Als er die wacklige Pyramide aus rosa und blauen Schachteln in unserem Einkaufswagen bemerkte, wurden seine Augen groß.
Mir blieb keine Zeit, Entsetzen über diese ungeheure Demütigung zu empfinden. Papi war nur drei Minuten von einer vollständigen nuklearen Kernschmelze entfernt. Und das im Gang mit den Hygieneartikeln. Wir mussten hier weg. Rápido .
»Wir gehen gerade«, sagte ich. »Wir mussten nur ein paar Sachen … für meine Mutter besorgen. Und meine Tanten. Und all meine Cousinen.« Obwohl sie in Argentinien leben, wo sie ihre eigenen Tampons anbauen . »Bist du so weit, Papi?«
Papi drehte sich zu Emilio um, einen weiteren Schwangerschaftstest in der Hand. »Hast du Kinder, júnior ?«
Emilio sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an, aber ich hatte keine Antwort für ihn. Gab es eine richtige? Eine falsche? Alles konnte Papi zurück in die Realität schnipsen oder über die Kante in den Abgrund stoßen.
»Nein, Sir«, sagte Emilio. »Hab auch noch keine Frau.«
Papi schnalzte mit der Zunge. »Ein gut aussehender Kerl wie du? Das ist ja kaum zu glauben.«
»Finde ich auch.« Emilio wurde lockerer, das Lächeln auf seinem Gesicht war aufrichtig. »Ich bin froh, dass ihr mir über den Weg gelaufen seid. Ich habe diesen Blog über Oldtimer-Harleys entdeckt und …«
»Harleys? Bin ich früher auch gefahren. Eine Einundsechziger mit Duo-Glide«, warf Papi ein.
Emilios Augenbrauen zogen sich zusammen, aber ich schüttelte den Kopf, um ihm zu bedeuten: Frag nicht, spiel einfach mit. Und er machte mit. »Ja, hab ich gehört.«
»Aber das Leben hält so manches für einen bereit. Bringt nichts, sich an die Vergangenheit zu klammern.« Er hielt den Schwangerschafstest hoch und warf ihn in den Wagen. »Wisst ihr zwei, ob sie die … wie heißen sie noch gleich haben?« Papi zeichnete mit den Händen eine runde Form in die Luft.
»Wonach suchst du?«, fragte ich.
»Du weißt schon. Die … Dinger. Für die …« Er schloss die Augen, das Gesicht vor Konzentration und Frustration verzerrt. »Verdammt! Gott verdammt!«
Emilio sah mich über den Einkaufswagen hinweg an. Ich hätte mich am liebsten vor Panik und Scham gewunden, aber sein Blick wankte nicht. »Sing, Jude.«
Papi ballte
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