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Verlieb dich nie in einen Vargas

Verlieb dich nie in einen Vargas

Titel: Verlieb dich nie in einen Vargas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Ockler
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Mari wurde panisch. »Muss ich die Polizei rufen?«
    Polizei ? Das Wort sandte einen Stromschlag durch mein Herz und befreite mich aus meiner Schockstarre. Nein. Wenn die Cops hier auftauchten, würde die ganze Angelegenheit nur noch beschämender für Papi – für jeden von uns. Ich musste mich darum kümmern. Wir konnten die Tampons kaufen, wenn es denn sein musste, einen Vorrat für das nächste Jahrzehnt anlegen, solange es uns auf schnellstem Wege hier rausbrachte.
    Ich holte tief Luft. »Nein. Ich hab’s im Griff. Sorry … falscher Alarm. Aber ich hör dich kaum noch. Melde mich später noch mal!« Ich schaltete das Handy aus und ließ es in meine Hosentasche gleiten. Mit der anderen Hand griff ich nach Papi.
    »Falls du je Mädchen bekommst«, erzählte er dem Auffülljungen, »kauf Anteile von diesen Unternehmen. Wenn du dann erst einmal in meinem Alter bist, werden dir Tampax, Kortex und alles andere gehören, das auf -x endet.«
    »Okay, Papi«, sagte ich. »Guter Anlagetipp. Lass uns nach Hause gehen und Mittag essen.«
    »Lourdes, deine Schwestern werden mich umbringen, wenn ich ohne dieses Zeug nach Hause komme.« Seine Stimme wurde mit jedem Wort lauter.
    »Wir kommen später wieder«, sagte ich. »Ich weiß nicht, welche Marke sie wollen.« Das Telefon summte an meinem Hüftknochen. Mari.
    »Es ist diese Marke hier. Ich bin mir sicher.« Er ließ eine weitere Schachtel in den Wagen fallen – einen Schwangerschaftstest.
    »Den brauchen sie definitiv nicht.« Ich versuchte, die Schachtel zurück ins Regal zu legen, aber er packte mich am Arm.
    »Was tust du da?«, fragte er.
    »Das ist ein Schwangerschaftstest, Papi. Ich dachte, wir wollten Tampons kaufen?«
    Und damit ist unsere Liste der zehn Dinge vollständig, die kein Mädchen je gezwungen sein sollte, zu seinem Vater zu sagen!
    Papi schnappte sich den Test aus meinen Händen, warf ihn zurück in den Einkaufswagen. »Junge Dame, ich denke, ich weiß selbst, was für Schuhe meine Töchter tragen.«
    Der Kloß war wieder zurück in meinem Hals, wo er mir die Luft abzuschnüren drohte. Mein Handy summte und summte, und die grellen Lampen über unseren Köpfen versengten meine Haut, und ich drückte sanft Papis Hand und beugte mich näher zu ihm, um ihm ins Ohr zu flüstern: »Bitte, Papi. Ich bin am Verhungern. Können wir uns etwas zu essen besorgen?«
    »Ich bin nicht hungrig.« Er entzog sich meinem Griff und schmuggelte eine grellgelbe Packung Binden in den Wagen.
    »Jude?«
    Ich wandte mich der Stimme am Ende des Ganges zu: Zoe, die Hände in die Hüften gestemmt, die rotgoldenen Locken von den Neonleuchtröhren über uns angestrahlt. »Was …«
    »Oh, gut, Mariposa ist hier. Ist das die Sorte, die du magst, querida ?« Papi streckte den Arm nach ihr aus, als sie näher kam, und hielt eine Packung Binden hoch, damit sie sie sehen konnte.
    »Papi«, sagte ich leise. »Das ist Zoe. Mariposa ist nicht hier.«
    »Zoe?« Er sah sie an, als sei sie eine Fremde, als hätte sie nicht den Großteil ihrer Kindheit in unserem Garten gezeltet und Eiscremetüten aus unserer Tiefkühltruhe stibitzt. Ich nickte langsam, während ich gleichzeitig betete, dass Zoe nichts sagen würde, das den Schaltkreis zwischen seinen Ohren weiter zerhackstückte.
    Auf seinem Gesicht breitete sich Wiedererkennen aus. »Braucht ihr … braucht ihr Mädchen jemanden, der euch zur Schule fährt? Oder … nein. Zuerst muss ich ein paar Dinge für Araceli besorgen, dann können wir … Sind wir bei Burger Barn ?« Er verlor den Faden, seine Augen waren plötzlich ganz rot und füllten sich mit Tränen.
    Zoe rührte sich nicht. Ich wollte, dass sie ging. Dass sie sich ohne ein weiteres Wort umdrehte und vergaß, dass sie hier gewesen war. Denn wenn es etwas gab, das schlimmer war, als einem erwachsenen Mann dabei zuzusehen, wie er im Gang mit den Tampons durchdrehte, war es, einen erwachsenen Mann weinen zu sehen, weil er sich nicht erinnerte, wie er überhaupt im Gang mit den Tampons gelandet war.
    Zoe rührte sich nicht vom Fleck, und Papi drehte den Kopf nach rechts und nach links, als ob ihm das helfen würde, sich zurechtzufinden. Der Auffülljunge kehrte an seine Arbeit zurück, aber er sortierte wieder und wieder dieselben Schachteln, mit knallrot leuchtendem Nacken und hochroten Ohren.
    Papi sah sich weiter nach allen Seiten um, sprachlos und beschämt, und ich schloss die Augen, innerlich das Mantra abspulend, mit dem die Sozialarbeiterin uns beglückt hatte, nachdem wir

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