Verlieb dich nie in einen Vargas
gibt zwei Arten von Menschen«, warnten Papi und Clint Eastwood uns im Chor durch das offene Fenster hinter mir, während die Lautstärke des Fernsehers exponentiell anstieg. »Die einen haben einen geladenen Revolver und die anderen buddeln! Du buddelst.«
Papi brüllte vor Lachen. Es war seine Lieblingsstelle, kurz vor dem Ende.
»Ich hoffe, ein bisschen Konkurrenz beim Textsprechen macht dir nichts aus.« Ich stand von meinem Korbstuhl auf und streckte mich. »Diese Stelle ist wirklich gut. Willst du mitgucken? Es ist das Ende, aber es ist witzig.«
»Nein, aber …« Zoes Blick schoss an mir vorbei zum Fenster, und als Papi wieder losgackerte, wich sie einen Schritt zurück. »Schraubt dein Vater denn nicht an der Harley? Wo ist der Motorradfritze?«
»Im Schuppen.« Als Emilio nach dem Frühstück eingetroffen war, hatte ich ihn allein hinters Haus geschickt, um Papi seine Fernsehpause zu gönnen. In dem Moment war es mir wie eine gute Idee erschienen, aber jetzt, da Zoe mit all ihren Fragen auf der Veranda stand, wollte ich bei ihm im Schuppen sein, ihm die Werkzeuge reichen und lauschen, wie der Staub auf die alten Kartons rieselte.
»Zoe, wir reden hier von Papi «, sagte ich. Der Mann, der unser Baumhaus gebaut und sich krankgemeldet hat, um für unsere Angry Hermits -Tickets vor der Kartenvorverkaufsstelle zu kampieren. Ich ließ den Gedanken unausgesprochen zwischen uns in der Luft hängen und beobachtete, wie es in Zoes Kopf ratterte, während sie sich bemühte, die möglichen Folgen abzuschätzen. Sie liefen innerhalb von acht Sekunden wie ein Film über ihr Gesicht, und als die neunte verstrichen war, streckte ich die Hand nach der Tür aus, ohne mich nach ihr umzusehen.
»Ich komme.« Sie schlüpfte hinter mir ins Haus und war im nächsten Moment durch den Eingangsbereich direkt an Papi vorbei in die Küche marschiert.
»Hey, Mr H.«, rief sie, sobald sie am Küchentisch Platz genommen hatte. Es war eine sichere Entfernung. Er hörte sie nicht.
»Ich weiß, sie ist als diese irre Psychotante angelegt«, sagte Zoe gerade, »aber ich halte mich bis zum Ende mit dem richtig verrückten Zeug zurück. Mache die ganze Zeit einen auf übertrieben höflich, und dann, bumm!, kehre ich die Verrückte raus. Total gruselig, oder?«
»Total.« Ich schüttete eine Packung Spaghetti in einen Topf mit kochendem Wasser, während Zoe Notizen an den Rand ihres Textbuchs kritzelte.
»Was ist mit der ›Ab mit dem Kopf‹-Stelle? Soll ich sagen: ›Ab mit dem Kopf ‹ oder › Ab mit dem Kopf‹? Oder vielleicht: ›Ab mit dem Kopf‹?
»Vielleicht das Zweite?«
» Ab . Ja, hab ich auch gedacht. Was ist mit …«
»Hey, Mädchen«, rief Papi aus dem Wohnzimmer. »Wisst ihr, dass all diese Western Spaghettiwestern genannt werden?«
»Ja«, sagen wir im Chor. Es war das dritte Mal, dass er es verkündete, und der Grund dafür, dass es Spaghetti zum Mittagessen gab – auf Papis Wunsch.
Er stellte die Werbung stumm und kam in die Küche geschlurft. Nach dem Frühstück hatte er sich seiner guten Schuhe entledigt und trug nun selbstbewusst ein Paar von Moms Hausschuhen, die ihm viel zu klein waren und noch dazu übersät mit apricotfarbenen und gelben Rosen. »In den Sechzigern haben die Italiener diese ganzen Cowboyfilme produziert. Sie haben sie in Italien und Spanien gedreht, und wenn man genau hinsieht, kann man erkennen, dass einige der Schauspieler Italienisch sprechen. Sie haben den englischen Ton später darübergelegt. Ist das nicht verrückt?«
»Das ist echt abgefahren, Papi«, sagte ich.
Zoe vergrub das Gesicht in ihren Notizen, krickelte und krakelte tief in Gedanken versunken, und Papi schlurfte zurück ins Wohnzimmer. Einmal mehr durchbrachen Schüsse die Stille.
Ich stieß den Nur-Müll-Eimer auf – keine Teller, keine Kleider! Eine hochglänzende Broschüre in Magazingröße blitzte mir unter dem Kaffeesatz vom Vormittag entgegen. Ich musste mir zu große Sorgen um Papi gemacht haben, um sie zu bemerken. Im Vordergrund war ein weißhaariges Paar abgebildet, deren Hände über dem Knie der Frau miteinander verschränkt waren. Hinter ihnen hatte eine Frau, die kaum älter als Lourdes war, dem Mann eine Hand auf die Schulter gelegt und lächelte unsicher.
Ich zog die Broschüre aus dem Müll und schüttelte den Kaffeedreck ab. Leuchtende lilafarbene Buchstaben marschierten am unteren Rand der Seite entlang, als hätten sie nichts zu verbergen, als gäbe es nichts, wofür sie sich schämen
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