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Verlieb dich nie in einen Vargas

Verlieb dich nie in einen Vargas

Titel: Verlieb dich nie in einen Vargas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Ockler
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… äh, was?«
    »Hat el jefe die fehlenden Flanschmuttern gefunden? Ich habe nämlich einen Onlinehändler entdeckt, bei dem man sie günstig bestellen kann.«
    Ich räusperte mich. »Flanschmuttern. Keine Ahnung. Ich frage ihn, wenn er vom Arzt kommt.«
    Emilio piddelte an einem getrockneten gelben Farbspritzer auf seiner Shorts herum, aber er machte keinerlei Anstalten, aus dem Wagen zu steigen. Ich öffnete die Fahrertür, und Pancake schoss wie eine Rakete von der Rückbank an mir vorbei in den Garten, um ein kleines graues Kaninchen zu jagen, was so viel besagte wie: Gott sei Dank sind wir endlich zu Hause! Seht doch … Häschen!
    Der Motor gab ein tickendes Geräusch von sich, und Emilio hörte schließlich auf, an seiner Hose rumzukratzen, und sah mich an.
    »Jude, ist dein Vater … Warum hat er …« Er fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und ließ die Frage in der Luft hängen, erwartete aber dennoch eine Antwort von mir.
    Pancake tobte im Zickzack durchs Gras, und ich starrte zum alten Schuppen hinüber, zu den Santa-Lucia-Tannen, die seine gesamte Nordseite zu verschlingen schienen, zur Needle-Bergkette in der Entfernung, die wie ein abgebrochener Zahn aussah, zum saphirblauen Himmel, der über uns funkelte. Papi war seit Ewigkeiten an dem Schuppen zugange, fügte hier und da ein Brett hinzu, aber die Bäume pirschten sich trotzdem immer näher an uns heran. Die Berge ragten drückend schwer und gewaltig über uns auf, und ich spürte es inzwischen stärker als je zuvor – die kosmische Bedeutungslosigkeit, das schreckliche und zugleich tröstende Wissen darum, dass sich Staub zu unseren Füßen sammeln würde, wenn wir zu lange an einer Stelle stehen blieben, und die Erde selbst uns verschlingen würde, eine Zelle nach der anderen, und in hundert Jahren würden wir immer noch dastehen und die Aussicht bewundern, wenn das letzte Staubkorn uns die Augen verschloss.
    »Er ist manchmal vollkommen erschöpft«, sagte ich, während sich die vertrauten Ausreden auf meiner Zunge zusammenbrauten wie ein Sommergewitter. »Er arbeitet sehr hart. Wir sagen ihm ständig, dass er sich mehr ausruhen muss.«
    »Ich dachte, er wäre in Rente«, sagte Emilio.
    »Ich meine hier, die Sachen, die er zu Hause erledigt.« Ich rutschte von meinem Sitz und löste die Ladeklappe des Pick-ups, damit Emilio die Hebebühne herausnehmen konnte.
    »Hey, Jude?«
    Ein winziger silbrig grüner Kolibri zischte an uns vorbei, und ich sah ihm nach und hoffte, Emilio würde keine weiteren Fragen über Papi stellen; warum er den Faden verlor, warum er einfach davonspazierte, warum die Ärzte darauf beharrten, er würde eines Tages vergessen, dass irgendetwas hiervon je stattgefunden hatte.
    »Danke für die Fahrstunde«, sagte Emilio. »Ich glaube, ich war ziemlich gut, stimmt’s? Nicht schlecht für mein erstes Mal jedenfalls.« Er tat so, als würde er lenken und schalten, die Stirn übertrieben gerunzelt, und ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen.
    »Läuft auf dem Trockenen sehr viel geschmeidiger als auf der Straße.« Ich rieb mir den Nacken und rollte mit den Schultern. »Ich fühl mich, als hätte ich ein Rodeo verloren.«
    Er lachte und dann senkte sich wieder Schweigen über uns.
    »Also, ich könnte ein bisschen Hilfe hiermit gebrauchen«, sagte er schließlich und zeigte auf die Hebebühne.
    »Zu schwer für dich?«
    »Nein. Nur sperrig.«
    »Wie du.« Ich grinste, als ich am einen Ende zupackte, und wir zwei watschelten im Pinguingang damit in den Schuppen.
    »Lass dir das nicht zu Kopf steigen«, sagte er, als wir das Ding endlich fallen ließen. »Aber für ein Nichtdate hat das heute ziemlich viel Spaß gemacht. Nächstes Mal bekomme ich einen Nichtkuss.« Er zwinkerte mir zu und ging rückwärts auf Valentina zu, während mich diese unerträglichen Grübchen bei jedem Schritt aufforderten, ihm zu widersprechen.

9
    Sorry wg der Probe. Ruf an, ja?
    Zoe hatte meine SMS den ganzen Nachmittag lang ignoriert, meine Anrufe sofort auf die Mailbox umgeleitet. Nicht, dass ich ihr das vorwerfen konnte. Wie so oft in diesen Tagen war alles, was ich vorzuweisen hatte, ein Haufen lahmer Entschuldigungen. Tut mir leid, dass ich die Zeit vergessen und deine Probe verpasst habe. Tut mir leid, dass mein Vater beim Schulpicknick ausgerastet ist und allen Angst gemacht hat. Tut mir leid, dass ich meinen Sommer damit verbringe, über Motorräder und Medikamente und die blöde Pflegeheimbroschüre nachzugrübeln. Tut mir leid,

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