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Verlieb dich nie in einen Vargas

Verlieb dich nie in einen Vargas

Titel: Verlieb dich nie in einen Vargas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Ockler
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seinen Blick, der so sanft und ermutigend gewesen war, und plötzlich kam es mir unfair vor. Falsch. Meine Brust wurde eng. Ich wollte damit herausplatzen. Ich wollte ihnen erzählen, dass Emilio anders als alle meine alten Freunde weiterhin vorbeikam, wenn er es versprochen hatte. Er hörte mir zu, wenn mir nach Reden zumute war, drängte mich nicht, wenn ich verstummte. Er brachte mir Dinge über Motorräder bei und sorgte dafür, dass ich verstand, was er und Papi taten. Papis Episoden versetzten ihn nicht in Panik, und er behandelte ihn auch nicht wie ein Kind, das einen Babysitter brauchte.
    Ich wollte ihnen erzählen, wie unglaublich er mit Valentina umging, dass er sie auf einer tieferen Ebene zu verstehen schien, weit über das hinaus, was man in der Ausbildung oder aus Handbüchern lernen konnte.
    Ich wollte ihnen erzählen, wie Papis Augen funkelten, wann immer Emilio auftauchte, wie sehr Emilio es liebte, alles über Papis Reisen zu erfahren – die Leute, die er getroffen hatte, die Meilen, die er zurückgelegt hatte.
    Ich wollte ihnen erzählen, dass Emilio zu einem Freund wurde; jemand, vor dem man mich mein ganzes Leben lang gewarnt hatte, der jedoch besser auf mein Herz aufgepasst hatte als irgendwer sonst, den ich kannte.
    Aber als ich Celis hoffnungsvolles Gesicht sah, die Mundwinkel zu einem zaghaften Lächeln verzogen, lösten sich all die wunderbaren Worte in Luft auf.
    »Woher wisst ihr, dass er auch wirklich dort arbeitet? Was, wenn er versucht, euch das Geld aus der Tasche zu ziehen?« Lourdes’ Stirn runzelte sich besorgt, sogar Alejandro holte sich einen Stuhl heran, um seinen Senf dazuzugeben.
    »Juju, Mari«, sagte er. »Seid vorsichtig mit diesen Leuten. Sie könnten euch ausnutzen. Woher wisst ihr, dass ihr ihm vertrauen könnt? Warum seid ihr nicht zu einem Vertragshändler gegangen?«
    »Harley-Davidson war viel zu teuer«, sagte ich. »Sie wollten dreimal so viel.«
    »Also hast du irgendeinen Halbstarken genommen?« Celi hob die Schultern, als wolle sie sagen: Was zum Teufel hast du dir dabei gedacht?
    »Harley hat uns Duchess empfohlen. Papi und ich haben den Inhaber kennengelernt, seine Meinung eingeholt, die Männer dort arbeiten sehen und … ihn angeheuert.« Ich biss mir gerade noch rechtzeitig auf die Zunge, bevor ich Emilios Namen erwähnen konnte. Lourdes hätte sich wahrscheinlich nicht an ihn erinnert, aber Celi schon. Sie hatte genug Zeit bei Johnny zu Hause verbracht, um seinen kleinen Bruder zu kennen, und es ist nicht so, als gäbe es tonnenweise andere Familien in Blackfeather, deren Söhne Emilio heißen.
    »Klingt nicht ganz koscher«, sagte Lourdes.
    »Papi ist glücklich«, sagte ich. »Er findet die Arbeit am Motorrad toll. Es ist, als sei er wieder in Argentinien. Wusstet ihr, dass er durch ganz Südamerika getourt ist?«
    »Echt?«, sagte Celi. »Das ist so cool! Und romantisch! Wie Che.«
    »Vor dem ganzen Gemetzel«, warf Mari ein.
    »Sei nicht so makaber, Mari.« Lourdes verdrehte die Augen.
    »Ist doch egal, zurück zu Papi«, sagte ich. Che. Also echt!
    »Was hält Mom davon?«, fragte Lourdes.
    Ich hatte meine Tage mit Papi verbracht, meinen Sommer geopfert (um mit Mari zu sprechen), aber vielleicht war das der einfache Part. Bisher waren unsere Tage, mal abgesehen von den wenigen Ausrastern und desorientierten Augenblicken, hauptsächlich mit Gelächter und Sonnenschein und den Erinnerungen an seine Bikerzeiten erfüllt gewesen, die er mit uns geteilt hatte. Ich hatte sie alle aufgeschrieben und mit den Fotos illustriert, die ich geknipst hatte. Ich archivierte sie für ihn auf meinem Computer, als Hüterin seiner Erinnerungen.
    Mom dagegen arbeitete den ganzen Tag. Und sie kam nach Hause und kochte und brachte Papi zu seinen Terminen und stellte die wichtigen Fragen. Was ist, wenn? Wann? Was als Nächstes? Sie war diejenige, die sich mit dem Papierkram und den Sozialarbeitern und den gewaltigen Zukunftsängsten herumschlagen musste. Sie wusste, dass Emilio bei uns war, um das Motorrad zu reparieren, aber seit das Projekt angelaufen war, hatte sie nicht mehr viel dazu gesagt.
    Ich hatte keine Ahnung, was Mom davon hielt.
    In die Gesichtszüge meiner Schwestern hatte sich Sorge gegraben. Ich verspürte den Wunsch, durch den Bildschirm zu greifen und wie früher meine Arme um sie zu legen. Ich wollte sie hier bei mir haben. Ich wollte, dass sie mir versprachen, sie würden sich etwas überlegen, damit alles gut wurde.
    Geh wieder ins Bett, Juju …
    »Mom

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