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Verlieb dich nie nach Mitternacht

Verlieb dich nie nach Mitternacht

Titel: Verlieb dich nie nach Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Kent
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ermahnte Maribel sich, ruhig und umsichtig zu handeln. Für ungestüme Reaktionen war das neunzehnte Jahrhundert nicht die passende Zeit, so viel hatte sie mittlerweile begriffen.
    »So, jetzt geht’s.« Unter Lisettes fachkundigen Händen entwickelte sich das Flämmchen im Herd zu einer stattlichen Flamme. Zufrieden blickte sie auf ihr Werk. »Dort drüben findest du den Rotwein. Eier sind hier. Und du bist sicher, es hilft?«
    »Meine Großmutter hat darauf geschworen. Sie ist immerhin fast achtzig geworden.« aus einem dickwandigen Tonkrug füllte Maribel die benötigte Menge Rotwein in den Topf. Sie blieb neben dem Herd stehen. Der Wein durfte nur heiß werden, nicht kochen. »Weshalb fragst du? Möchtest du mal probieren?«
    »Schaden kann es jedenfalls nicht.«
    Maribel beobachtete das Mädchen, das sorgfältig den Küchenboden fegte. »Wo steckt Grete? Sie lässt ihre Küche doch sonst nicht im Stich.«
    Lisette brummte etwas Unverständliches. Maribel musste ihre Frage wiederholen, um eine Antwort zu bekommen.
    »Grete geht es nicht gut. Michel war ihr Mann. Jedenfalls wollten sie demnächst heiraten.«
    »Die Franzosen haben ihn mitgenommen.« Maribel glaubte zu verstehen.
    »Der Herr meinte, er hätte sich freikaufen können, aber das ging nicht.« Lisette zögerte. Sie fürchtete den Ärger der Köchin, wenn sie zu viel ausplauderte.
    Nicht eine Sekunde zu früh zog Maribel den Topf vom Herd. Auf der Oberfläche hatten sich bereits helle Bläschen gebildet. Das sichere Zeichen dafür, dass die Flüssigkeit zu kochen begann. »Als Meisterknecht verdient man wohl nicht viel?«, fragte sie.
    »Mehr als wir anderen auf dem Hof, von Grete mal abgesehen, aber …« Wieder zögerte Lisette. Sie vergewisserte sich, dass Grete sie nicht belauschte.
    Maribel nahm das Ei, das Lisette ihr reichte. »Sag bloß, Michel hat einen Harem zu versorgen und einen Stall unehelicher Kinder.«
    Lisette kicherte hinter vorgehaltener Hand über Maribels Spott. »Michel und ein Harem. Seitdem er Grete kennt, sieht er keine andere mehr an. Nein, viel einfacher. Michel hat selbst ein Remplacement übernommen.« Sie triumphierte, als sie die Sensation verkündete.
    »Du meinst, er geht freiwillig für andere Männer in den Krieg? Aber wieso?«
    »Drei von den Plönes-Söhnen und acht andere zahlen Michel jeden Monat elf Reichstaler und vierundzwanzig Stüber für die Dauer seines Dienstes. Bleibt er vor dem Feinde tot, wird zwei weitere Monate gezahlt.«
    Noch immer hielt Maribel das Ei unaufgeschlagen in der Hand. Der Gedanke, dass jemand bereit war, gegen die Zahlung von Geld für einen anderen in den Tod zu gehen, war ihr zu fremd. »Aber wenn er doch nun im Krieg ist – wer bekommt dann das viele Geld?«
    Über so viel Begriffsstutzigkeit konnte Lisette bloß den Kopf schütteln. »Na, Grete doch, du Dumme.«
    »Dann weint sie also Freudentränen?«
    »Nein. Aber ihr beide werdet gleich weinen, wenn ich mit euch fertig bin«, donnerte in diesem Augenblick die zornige Stimme der Köchin dazwischen. »Was steht ihr hier herum und haltet euer Kläffchen? Habt ihr der gnädigen Frau schon ihren Nachmittagskaffee gebracht?«
    Maribel, die wie Lisette vor Schreck zusammengefahren war, schlug hastig das rohe Ei in den nicht mehr ganz so heißen Rotwein. »Ich soll der gnädigen Frau ein Glas Rotwein mit Ei zur Stärkung machen.« Vorsichtig, damit es keine Fäden zog, verrührte sie das Ei in der Flüssigkeit.
    »Das glaubst du doch wohl selbst nicht, du dummes Ding. Schütt es sofort weg!« Auf der Stirn der Köchin pulsierte eine dicke Zornesader.
    »Der gnädige Herr persönlich hat mich um den Wein für seine Frau gebeten. Sie fühlte sich sehr schwach und …«
    »Hast du keine Ohren im Kopf? Ich habe dir befohlen, den Wein wegzuschütten.« Die Köchin griff drohend zu einer gusseisernen Bratpfanne, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen.
    Hinter dem Rücken der Köchin signalisierte Lisette, dass Maribel besser tat, was von ihr verlangt wurde, wenn sie nicht eine Abreibung riskieren wollte.
    Mit zusammengepressten Lippen nahm Maribel den Topf, trug ihn hinaus und kippte den duftenden Rotwein an den Rand der Jauchegrube. »Der Herr wird sich wundern, wo Lisette mit dem Rotwein bleibt.«
    »Das lass getrost meine Sorge sein.« Grete maß Maribel mit finsterem Blick. »Du kümmre dich um die Aufgaben, die ich dir zugewiesen habe. Heute Abend wirst du weiter die Dielenböden säubern.«
    »Und du wirst ihr dabei helfen«, fuhr sie

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