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Verlieb dich nie nach Mitternacht

Verlieb dich nie nach Mitternacht

Titel: Verlieb dich nie nach Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Kent
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Manteltasche schob. Auch ohne hinzusehen wusste er, dass es sich um eine Packung echter englischer Zigarillos handelte. Im scharfen Galopp ritt er davon, um auch noch die übrigen Hofbesitzer und Bauern in der Gegend über die bevorstehende Befreiung zu informieren.
    »Das Fest ist zu Ende«, verkündete Friedrich. Mit einem Stirnrunzeln betrachtete er seine Leute. Müde und alkoholtrunken, boten sie einen desolaten Anblick.
    In dieser Nacht würde er sie ihren Rausch ausschlafen lassen. Doch ab sofort war Branntwein vom Speisezettel gestrichen. In den nächsten Tagen brauchte er seine Männer und Frauen nüchtern. Sein Instinkt warnte ihn, dass der Machtwechsel nicht reibungslos ablaufen würde.
    Die kleine Lisette klammerte sich an Heinrich, einen Knecht, der erst seit Kurzem auf dem Hof arbeitete. Die beiden wollten lachend an ihm vorbeilaufen, vermutlich ins Heu, doch er erwischte das Mädchen noch am Ärmel.
    »Sag Maribel, dass meine Frau und ich sie morgen früh zu sehen wünschen. Gleich nach dem Frühstück.«
    »Gerne, gnädiger Herr. Aber warum sagt Ihr es ihr nicht selbst? Sie ist bestimmt allein.« Kichernd zerrte sie Heinrich mit sich fort.
    Friedrich lockerte pikiert seinen Hemdkragen. Lisette, das kleine Biest. Was unterstellte sie ihm? Doch als er wenig später über den dunklen Hof schritt, schweifte sein Blick wie zufällig hinüber zu dem Fenster über dem Kuhstall, hinter dem er Maribel vermutete.
    *
    Was sie vorhatte, war Wahnsinn. Mit jedem Schritt wuchs diese Gewissheit in Maribel. In ihren Holzschuhen rutschte sie mehr über den gefrorenen Schnee, als dass sie ging. zweimal schon war sie gestürzt, hatte sich aufgerappelt, war weitergelaufen. Der Wind trieb ihr die Tränen in die Augen, die sie selbst nicht weinen wollte.
    Seit Stunden, so schien es ihr, folgte sie nun schon dem Weg, der von Friedrichs Hof in die Richtung der nächsten Ortschaft führte, ohne dass sie einer Menschenseele begegnet war. Nur einmal galoppierte ein einzelner Reiter an ihr vorbei. Da hatte sie sich in den Graben neben der Straße geduckt, um nicht entdeckt zu werden. In ihrer jetzigen Verfassung würde sie ihn um Hilfe anflehen.
    Nebel kam auf und hüllte sie ein. Immer häufiger schienen schemenhafte Gestalten sie zu begleiten und ihr Angst einjagen zu wollen.
    Sie glaubte nicht an Gespenster. Deshalb gab es für sie auch keinen Grund, sich zu ängstigen. Doch in einem anderen Leben hatte sie auch Zeitreisen für unmöglich gehalten. Trotzdem befand sie sich auf der Suche nach dem Tor, durch das sie die Zeit durchqueren konnte.
    Plötzlich kam Maribel eine Baumgruppe bekannt vor. Sie konzentrierte sich, um den Pfad nicht zu verpassen, auf dem sie Friedrich gefolgt war.
    Das musste er sein. Entschlossen kämpfte sie sich an gierigen Dornenzweigen vorbei, die nach ihren Röcken griffen und sie festhalten wollten. Als sie ausrutschte, rappelte sie sich mühsam wieder auf. Wenn sie ihrem Gefühl auch nur ein wenig trauen durfte, dann musste der Übergang ganz in ihrer Nähe sein. Sie glaubte sogar, den abgestandenen Ölgeruch des Heizungskellers riechen zu können.
    Maribel entfuhr ein Freudenschrei, als vor ihr aus dem Nebel ein helles Licht auftauchte. Das Zeittor, sie hatte es tatsächlich gefunden.
    »Attention!«
    In unmittelbarer Nähe erkannte Maribel das Klacken eines Gewehrs, das entsichert wurde. Es war auf sie gerichtet. Maribel zählte fünf Männer, die sie umringten. Das flackernde Licht, das sie für das Zeittor gehalten hatte, entpuppte sich als Leuchte eines französischen Soldaten. In ihrer Naivität war Maribel einer der vielen Patrouillen, die das linke Rheinufer sicherten, direkt in die Arme gelaufen.
    »Was du machen hier, mitten in der Nacht, Mädchen?«
    In Maribels Kopf überschlugen sich die Gedanken. Wenn sie die Wahrheit erzählte, würden die Männer sie für verrückt halten. Aber war dies wirklich so schlimm? Schon einmal hatte sie die Ausrede vor härteren Strafen bewahrt. »Ich bin auf der Suche nach dem Zeitloch.«
    Verblüffte Stille folgte auf ihre Worte.
    »Was du meinen mit Zeit …looch?«
    »Ich bin auf dem Weg zurück in die Zukunft. Das Licht wird mir den Weg zeigen.« Mit ernster Miene zeigte Maribel auf die Lampe.
    »Zurück in die Zukunft? Ma pauvre fille.« Der Soldat übersetzte seinen Kameraden. Die Haltung der Männer entspannte sich. »Pauvre fille.«
    Der Jüngste der Truppe erhielt den Befehl, Maribel zur Gendarmerie zu begleiten. Eine Aufgabe, um die seine

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