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Verlieb dich nie nach Mitternacht

Verlieb dich nie nach Mitternacht

Titel: Verlieb dich nie nach Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Kent
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Leidenschaft.
    Das Gesicht seiner Frau wirkte wie eine Maske, als er verstohlen zu ihr hinüberblickte. Der Arzt hatte sich nicht ohne Grund nach ihrem Gesundheitszustand erkundigt. Welche Erkrankung vermutete er bei ihr? Friedrich beschloss, noch einige Tage verstreichen zu lassen, bevor er das Gespräch mit Agnes suchte. Auf Dauer konnte sie sich ihm nicht verweigern.
    Auch Maribel ließ die eigentliche Trauerzeremonie in Gedanken versunken an sich vorüberziehen. Sie war erschrocken, als sie bei ihrem Eintreffen den Friedhof wiedererkannte, auf dem ihre eigene Mutter beerdigt lag. Nur mühsam widerstand sie der Versuchung, die Grabreihen abzulaufen, um nach ihr zu schauen. Sie hätte das Grab ohnehin nicht finden können. Menschen aus der Zukunft lagen hier nicht begraben.
    Allerdings bezweifelte Maribel, dass sie es wirklich gefunden hätte. Die Grabreihen wirkten merkwürdig unkonturiert. Während sie noch überlegte, woran das lag, zog der Schweinejunge, der sich eng an sie herandrückte, energisch an ihrer Hand. Grete hüstelte streng, als Maribel sich zu dem Jungen hinunterbeugte. Am Sarg wurde nicht gesprochen.
    »Da drüben liegt mein Vater begraben.« Ben zeigte auf eine Grabstelle, die von wilden Wiesenblumen überwuchert war. So wie die meisten anderen der Gräber auch.
    »Bist du sicher? Die Gräber sehen doch alle gleich aus.«
    Aus großen Augen sah er zu ihr auf. Ihre Worte verletzten ihn. Selbst, wenn das Grab der Erde gleichgemacht wäre, würde Ben es finden. Er vermisste seinen Vater schrecklich. Doch er fing sich rasch wieder. Maribel konnte ja nicht wissen, dass er das Grab markiert hatte. Mit einem geheimen Zeichen, das nur er wiedererkennen konnte.
    »Hilfst du mir, ihn rauszuholen?«
    »Deinen Vater?«
    Die Köpfe drehten sich empört nach ihnen um. Dem traurigen Anlass entsprechend war Ruhe geboten. Laute Rufe waren nicht hinnehmbar. Maribel zog das Kopftuch, das sie trug, ein wenig tiefer ins Gesicht. Der Sarg mit dem kleinen Wilhelm wurde in die Erde hinabgelassen. Mit einem verzweifelten Aufschrei brach Agnes ohnmächtig zusammen.

XXVIII
    Die Tage vergingen, ohne dass Friedrich Anstalten machte, das Versprechen, das er Maribel gegeben hatte, zu erfüllen. Das Unglück, das seine kleine Familie getroffen hatte, verwandelte ihn in einen anderen Menschen. Wenn es ihm seine Arbeit auf dem Hof erlaubte, suchte er die Nähe seiner Frau. Er litt darunter, dass sie ihm nach wie vor jede Aussprache verweigerte.
    Agnes schwieg. Auf ihrem Gesicht schien eine Maske zu liegen, hinter der sie ihr eigenes Leben führte. Die tief in den Höhlen liegenden Augen verrieten nichts von dem, was sie dachte.
    »In Gedanken ist sie bei ihrem Kind.« Grete seufzte, als wieder ein Teller mit Essen fast unberührt zurück in die Küche kam. Maribel nickte stumm. Ihr schlechtes Gewissen quälte sie. Ihre Anwesenheit auf dem Hof bereitete Agnes nur zusätzlichen Schmerz. Wie sollte es ihr jemals gelingen, ihrem Mann zu verzeihen, wenn ihre Nebenbuhlerin mit ihr unter einem Dach schlief?
    In Maribels Kopf kreiste nur noch ein Gedanke: Sie musste die Zeitschwelle endlich überwinden. Bevor sie noch mehr Schaden anrichtete. Doch würde sie es ohne Friedrichs Hilfe schaffen?
    Wenn er ihr bloß nicht länger ausweichen würde.
    *
    Weitere Tage vergingen. Maribels Unruhe wuchs, nichts deutete mehr darauf hin, dass Friedrich ihr helfen würde. Er schien fest entschlossen, für seine Sünden zu büßen, indem er sie mied.
    Maribel spürte Zorn in sich aufsteigen. Wenn Friedrich ihr nicht half, musste sie es erneut allein probieren. Wieder und wieder. Als sie in der Mittagszeit die Augen schloss und sich gegen die warme, sonnenbeschienene Mauer der Mistanlage lehnte, um ein wenig Ruhe zu finden, empfand sie nichts als abgrundtiefe Einsamkeit. Eine Weile saß sie einfach so da, in der Hoffnung auf die heilende Kraft der Sonne.
    Ein dunkler Schatten legte sich auf ihr Gesicht. Unwillig runzelte sie die Stirn. Sorgenvoll sah Ben sich nach allen Seiten um. Er fürchtete sich vor Jan, der seinen Stock hervorgeholt hatte, um ihm eine kräftige Tracht Prügel zu verpassen. Eins der Schweine war am Morgen an Herzschlag gestorben, weil Ben seinen Schwestern erlaubt hatte, es als Reittier zu missbrauchen. »Hilfst du mir?«
    »Wobei?«
    »Den Grabstein für meinen Vater auszugraben.«
    Maribel blinzelte gegen die Sonne. »Auf dem Grab ist kein Stein.«
    »Weil er vergraben ist.«
    »In der Erde?«
    »Ja.«
    »Du nimmst mich auf den

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