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Verlieb dich nie nach Mitternacht

Verlieb dich nie nach Mitternacht

Titel: Verlieb dich nie nach Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Kent
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geschlossen und drehte den Kopf beiseite, von ihm weg. Auf ihren Wangen bildeten sich purpurne Flecken. Dankbar nahm Friedrich sie als Zeichen, dass das Leben in sie zurückkehrte.
    *
    Wie nicht anders zu vermuten, hatte Grete, die ihre Augen und Ohren stets überall zu haben schien, vom Fenster der improvisierten Küche aus auch Maribels Auseinandersetzung mit Andrej beobachtet. Sie bemerkte sofort, wie verwirrt das Mädchen war, als es hereinkam. Instinktiv beging Grete nicht den Fehler, Maribel mit Fragen und Vorhaltungen zu überschütten. Stattdessen deckte sie sie mit Arbeit ein, um sie abzulenken.
    Und wenn ich dir helfe, die Zeitschwelle zu finden? Andrejs letzter Satz ging Maribel nicht aus dem Kopf.
    Seine Worte hatten sie wie ein Schlag getroffen. Er kannte ihr Geheimnis. Woher? Wer hatte es ihm verraten? Nur Friedrich und sie wussten davon. Maribel selbst hatte keinem Dritten gegenüber ein Wort verloren. War es möglich, dass Friedrich es ihm verraten hatte? Aber weshalb?
    Ihre Gedanken schwirrten umher und verknoteten sich, bis ihr von dem Wirrwarr in ihrem Kopf ganz schwindelig war.
    *
    Mit Ungeduld wartete Maribel am Abend das Ende der Mahlzeit ab. Zu ihrem Leidwesen dauerte das Ganze länger als sonst. Jan war erst spät zum Essen erschienen, und wie es der Brauch verlangte, durfte keiner der anderen vor ihm beginnen.
    Berta, die Mutter des Schweinejungen, hatte ihn aufgehalten. Nach dem Tod des kleinen Wilhelm machte sie sich Sorgen, was mit ihr und den Kindern geschehen sollte. Für ihre Tätigkeit als Amme bestand nun kein Bedarf mehr. Doch nach dem Verlust eines Großteils ihres Hausstands an die russischen Truppen schreckte sie davor zurück, mit ihren Kindern heimzukehren. Sie bot sich als Magd an, doch Jan signalisierte ihr, dass außerhalb der Feldarbeitszeiten keine weitere Hilfe benötigt wurde. Dennoch versprach er ihr, mit Friedrich über ihren Verbleib zu reden. Sein Versprechen konnte die tiefe Sorgenfalte auf ihrer Stirn kaum glätten.
    Maribel hatte sich angewöhnt, nach der Küchenarbeit noch einige Minuten mit Grete und den anderen Mädchen zu reden, doch heute schützte sie Kopfschmerzen vor. Durch den Hinterausgang verließ sie das Haus, angeblich, um Luft zu schnappen. Doch nach wenigen Minuten schlüpfte sie wieder hinein. Aus der Küche drangen lebhafte Stimmen zu ihr herüber. Es wurde sogar schon wieder gelacht, wenn auch noch sehr verhalten. Die Trauer des Hausherrn wurde respektiert.
    Erleichtert atmete Maribel auf. Sie nahm ihre Holzschuhe in die Hand und rannte auf Socken hinauf in den oberen Stock. Auf dem Treppenabsatz angekommen, lauschte sie. Sie war sich sicher, Friedrich in seinem Zimmer vorzufinden. Von unten hatte sie seine Schritte gehört.
    Maribel lauschte an der geschlossenen Tür. Um jeden Preis wollte sie vermeiden, dass Agnes sie sah oder hörte. Wenn es eine andere Möglichkeit für sie gegeben hätte, mit Friedrich zu sprechen, dann hatte sie die gewählt. So aber musste sie ihn in seinen eigenen Räumen aufsuchen.
    Ohne anzuklopfen, trat sie ein. Als Friedrich sie erkannte, kam er erschrocken um seinen Schreibtisch herum. Sein Blick flog hinüber zum Zimmer seiner Frau.
    »Wie kannst du es wagen? Meine Frau könnte jeden Moment hereinkommen. Ich möchte nicht, dass sie uns noch einmal zusammen antrifft.«
    Maribel fühlte einen schmerzhaften Stich. Sie musterte ihn, als sähe sie ihn zum ersten Mal. Wie Schuppen fiel es ihr von den Augen. Friedrich konnte unmöglich der Mann sein, den sie einmal geliebt hatte. Der Boris, den sie kannte, hatte ihr in der größten Gefahr ewige Liebe versprochen. Niemals würde er sie verleugnen, so wie Friedrich es nun tat.
    Seit ihrer Ankunft in der Vergangenheit hatte Maribel sich schmerzlich in ihm getäuscht. Die Erkenntnis ließ ihr die Knie weich werden. Ihre Fingerknöchel traten weiß hervor, als sie beide Hände Halt suchend in der Rückenlehne des Stuhles vergrub, der vor dem Schreibtisch stand.
    »Hast du mich verstanden?«, drängte er. »Du kannst hier nicht bleiben.«
    Maribel straffte sich. »Ich weiß, deshalb möchte ich auch, dass du mir endlich hilfst, die Zeitschwelle zu überwinden.« Nur mühsam gelang es ihr, das Zittern in ihrer Stimme zu unterdrücken.
    »Ich werde dir nicht helfen.«
    Entgeistert sah sie ihn an. »Aber du hast es versprochen!«
    »Ich weiß.« Jeder Schritt schien Friedrich schwer zu fallen, als er an seinen Schreibtisch zurückging. Er brauchte das Möbelstück, um bewusst

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