Verliebe dich nie in einen Rockstar
brauchte ich nicht noch eine Freundin, die versuchte, Alex wie einen Mixer auf dem Homeshopping-Kanal anzupreisen.
»Doch«, widersprach sie mir lächelnd. »Jahrelang haben wir nicht wirklich mit dir über das Thema reden können. Jedenfalls nicht über den Part, in dem du auch einen Kerl hast. Jetzt hast du fast einen Freund, der ein böser Junge ist. Mach Platz.« Sie klopfte auf die unbezogene Matratze. »Komm schon! Ich will auch ein bisschen über Craig schwärmen, der total süß und nett ist. Ein richtiger Gentleman.«
Letztlich machte ich dann den Musikplayer meines Handys doch aus und setzte mich zu meiner Freundin aufs Bett.
Nicht, weil ich so heiß darauf war, von Alex zu reden, sondern, weil es mich freute, dass sie mit Craig so glücklich war und sie ruhig ein bisschen von ihm schwärmen sollte. Der weißhaarige Gitarrist war nach drei Jahren der erste richtige Freund, den Nell hatte. Vorher war sie mit Marcel zusammen gewesen, dem größten Idioten der Galaxie. Nicht nur, dass er uns nicht wirklich gemocht und wir ihn im Gegenzug dafür gehasst hatten, nein, nachdem er Nell entjungfert hatte, ließ er sich bereits am nächsten Tag mit einem neuen Mädchen blicken. Natürlich war das der Arschloch-Code für Es ist aus .
Meiner Freundin ging es die darauffolgenden Tage wirklich sehr dreckig. Sie hockte mit einem Jahresvorrat an Fruchtzwergen in ihrem abgedunkelten Zimmer und weinte sich bei Horrorfilmen wie Saw , My Bloody Valentine und The Blair Witch Project die Augen wund.
Danach war ihre Beziehung zum männlichen Geschlecht ein bisschen zweifelhaft.
Aber jetzt hatte sie Craig. Die Zeit der One-Night-Stands war bei ihr wohl endlich vorbei. Fragte sich nur, für wie
lange ...
Ich sackte ein bisschen in mir zusammen. Von den Problemen meiner Freundinnen hatte ich immer viel mitbekommen. Deshalb hatte ich auch ein bisschen Angst davor, wie Alex zu mir sein würde.
»Dann reden wir«, sagte ich und zupfte den Staub in meinen Papierkorb. »Aber nicht über Alex.«
»Ich weiß nicht, was du hast, Zoey.« Nell kratzte sich am Kopf. »Acid ist ein toller Typ! Ich hätte meine Seele für einen Jungen wie ihn gegeben. Naja, jetzt habe ich Craig und immer noch eine Seele.«
»Und ich habe immer noch Alex im Nacken.«
»Schreibt er dir eigentlich auch immer so süße SMS?«, fragte mich Nell und hielt mir ihr Handy hin.
Freu mich schon auf morgen! :* hatte der Gitarrist meiner Freundin geschrieben.
»So in etwa«, druckste ich herum.
Da man Nells Bitte zeigs mir! -Blick nicht lange widerstehen konnte, zog ich mein Handy aus der Hosentasche und zeigte ihr die letzten SMS des Rockers: Snake und ich glotzen grad den Film The Devil Inside . Haha. Muss an dich denken, meine kleine Kriegsgöttin. Die zweite war nur zwei Minuten später abgeschickt worden: Kannst du deine Gliedmaßen auch so wie die im Film verdrehen? Und dann die dritte: Weißt du wie geil es wäre, wenn du wie die wirkliche Kali, sechs Hände hättest?
»Er denkt an dich!«
Das war natürlich das Einzige, das Nell aufgefallen war. Seine Sex-Fantasien hatte sie stur ignoriert.
»Ja, wenn er sich einen Film über Exorzismus ansieht«, murrte ich beleidigt.
Nell grinste so breit, dass ich befürchtete, ihr Lächeln könnte über ihr Gesicht hinauswachsen. »Du hast dich trotzdem über dir Aufmerksamkeit gefreut, oder?«
Einen Moment lang blickte ich sie stumm an. Obwohl mir Alex zu neunzig Prozent irgendwelche dummen Nachrichten schickte oder irgendwelche Songs, die ich seiner Meinung nach hören musste, freute ich mich jedes Mal, wenn mein Handy eine neue Nachricht von ihm anzeigte.
»Und? Ist das strafbar?«, regte ich mich auf. »Ich freu mich schließlich auch über eure Nachrichten! Wenn du noch länger so lächelst, bleibt dein Gesichtsausdruck«, merkte ich finster an. »Dann muss man dir das Grinsen operativ entfernen.«
»Und wenn du so dreinschaust, muss man dir das operativ entfernen«, sie zog demonstrativ mit den Fingern die Mundwinkel nach unten.
Als ich sie gut zwei Minuten mit unveränderter Miene anstarrte, brach sie in lautes Gelächter aus, und ich musste mitlachen.
Drei Stunden später verabschiedete ich mich von meiner besten Freundin, die mit einem meiner wenigen Horrorfilme zu Craig nach Hause fuhr. Das war für sie anscheinend ein romantischer Abend: Horrorfilme mit dem Liebsten glotzen. Ehrlich gesagt beneidete ich Nell in diesem Moment ein wenig. Ich spielte mit dem Gedanken, Alex anzurufen, ließ es aber
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