Verlieben war nicht abgemacht - Asher, B: Verlieben war nicht abgemacht - The Pretend Wife
erkundigte ich mich lahm.
»Ich hätte Peter nie für einen Barbaren gehalten«, bemerkte Elliot.
»Er ist Anästhesist«, erwiderte ich, als sei das eine Erklärung, und musterte Elliot eingehend. Ich weiß nicht, ob andere ihn auch schön fanden, doch für mich war er es. Ich fand es hinreißend, wie sich die von seinen Augenwinkeln ausstrahlenden Fältchen nach oben zogen, wenn er lächelte – als seien sie allein durch Lachen entstanden. »Du hast ganz anliegende Ohren«, stellte ich fest. Es war eine Art Test. Wenn ich früher so etwas zu Peter sagte, dann schaute er mich an und meinte: »Du bist komisch« – im Sinn von merkwürdig. Und ich gewöhnte mir ab, solche Dinge zu sagen.
Elliot hob die Hand und berührte eines seiner Ohren. »Ich wurde für optimale Windschlüpfigkeit konstruiert.«
Helen legte ihre Fingerspitzen aneinander und wurde ernst. »Was ist passiert?«, fragte sie. »Warum ging die Verlobung auseinander?«
»Nach etwa zwei Jahren erkannte ich, dass ich mich in einem Gespräch befand, das nicht andauern würde.«
Die Blondine war verwirrt. »Was heißt das?«
»Eine Ehe ist ein Gespräch, das ein Leben lang andauern sollte. Wir hatten einander nicht genug zu sagen«, erklärte Elliot ihr.
»Eine wunderschöne Definition der Ehe«, fand Helen. »Schreib sie auf«, sagte sie dann an mich gewandt, als sei ich ihre Sekretärin. »Ich möchte, dass dieser Satz auf meiner Hochzeit oder meiner Beerdigung zitiert wird.«
»Für ein lebenslanges Gespräch ist aber viel Stoff erforderlich«, gab ich zu bedenken.
»Man kann doch auch miteinander schweigen«, meinte Peter. Es gefiel mir, wenn wir, wie in diesem Moment, Seite an Seite kämpften. »Viele Paare fühlen sich wohl, auch wenn sie nicht ständig miteinander reden.«
»Mir ist Schweigen ebenfalls lieber«, warf Jason ein. Er strahlte nicht mehr so wie vorhin, machte eher einen ängstlichen Eindruck. Offenbar war ihm inzwischen klar geworden, dass er in nächster Zukunft viele Gespräche würde führen müssen, die nicht unbedingt angenehm wären. Das Interesse der Blondine an ihm war erlahmt – sie las seine Gedanken nicht mehr.
»Meiner Mutter wäre es lieb gewesen, wenn ich es durchgezogen hätte. Sie möchte, dass ich heirate«, sagte Elliot.
»Ich verabscheue meine Mutter«, stieß Helen hervor, und sie hatte allen Grund dazu. Ihre Mutter war eine Alkoholikerin, die mehrmals und immer mit unangenehmen Zeitgenossen verheiratet gewesen war. Ich fragte mich, ob Helen vielleicht nicht heiraten und Kinder bekommen wollte, weil sie fürchtete, wie ihre Mutter zu werden. Womöglich sabotierte sie ihre Beziehungen deshalb jedes Mal selbst. Meine Therapeutin hätte ihr das bestimmt als Denkanstoß gegeben. Sie sprach auch mit mir oft über dieses Phänomen.
»Also, ich liebe meine Mutter«, sagte Elliot. Da wusste ich, dass er sehr betrunken sein musste, sonst hätte er seine Gefühle für seine Mutter bestimmt nicht so offen kundgetan. »Bei meinen Eltern hat der Gesprächsstoff zwar nicht fürs ganze Leben gereicht, aber ich lasse mich davon nicht entmutigen.«
Ich weiß nicht, warum seine Worte mich derart trafen. Meinem Verständnis nach sagte er damit, dass es die perfekte Beziehung gab und er in seiner Überheblichkeit sie finden würde. In meinen Ohren klang das naiv und angeberisch, obwohl ihm das sicher nicht bewusst war, und ich würde seine Worte nicht unkommentiert im Raum stehen lassen. Ich wusste noch nicht, was genau ich dazu sagen würde, aber es würde heftig ausfallen. Irgendwas über Scheidungsstatistiken und das wahre Gesicht von Beziehungen oder über die immense Wichtigkeit der Beibehaltung von … was? Privatsphäre? Eigenständigkeit? Eines Gesprächs, das allein den Eheleuten vorbehalten ist? (Womit ich eine gewisse Einsamkeit meinte – im guten Sinn.) Ich weiß es nicht. Stattdessen atmete ich tief ein, und das Stückchen Fleisch in meinem Mund – war es Lamm? – wurde von dem Luftstrom in meine Kehle gesaugt und blieb dort stecken. Zuerst tat ich gar nichts. Das Gespräch ging weiter.
»Wie war sie denn so, Ihre Verlobte?«, erkundigte sich Helen. »Vermissen Sie sie?«
»Ich war schon zweimal verlobt«, warf die Blondine ein.
Dann hörte ich Elliot fragen: »Geht es dir gut? Gwen?«
Ich stand auf, mein Teller fiel zu Boden. Als ich mich umdrehte, sah ich mich in dem breiten Spiegel über dem Sofa – mit Tränen in den Augen und der Hand an der Kehle. Das klassische Bild in einem solchen Fall. Ich
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