Verlieben war nicht abgemacht - Asher, B: Verlieben war nicht abgemacht - The Pretend Wife
Kopf bekommen. »Bleib«, bat sie. »Nur noch ein paar Tage. Ich liege im Sterben, um Himmels willen.«
19
W ir glauben, dass die Dinge im Leben eindeutig als richtig oder falsch gekennzeichnet sind – als hätte sie jemand mit einem riesigen Stempelkissen und zwei Stempeln kategorisiert. Wenn wir uns dafür entscheiden, etwas Falsches zu tun, sind wir davon überzeugt, dass es daran liegt, dass wir schwach sind oder faul, ein Opfer unseres Verlangens oder unseres übergeschnappten Egos. Denn dann können wir einen dieser Faktoren verantwortlich machen und ihm das Leiden anlasten, das diese falsche Wahl verursacht hat. Wenn die Dinge eindeutig eingeteilt sind und die Menschen es aufgrund ihrer Unzulänglichkeiten nicht schaffen, das Richtige zu tun, dann können wir glauben, das Falsche zu tun sei ganz einfach zu vermeiden. Dann können wir glauben, dass wir das Richtige tun und anständig sein können.
Auch ich glaubte das mehr oder weniger, denn es steckt irgendwo ein Körnchen Wahrheit darin. Aber diese Theorie wird dem Leben nicht gerecht. So einfach ist es nicht, und die Richtig- und Falsch-Stempel sind manchmal bis zur Unleserlichkeit verwischt. Und wo steht man dann? Genauer gesagt – wo stand ich ?
Ich blieb. Zu dem Zeitpunkt hielt ich das für falsch, weil ich das Gefühl hatte nachzugeben – ein Gefühl, das ich immer mit Schwäche assoziierte. Ich dachte, das alles hinge mit Elliot zusammen, und ich wollte glauben, dass ich Vivians Bitte als Rechtfertigung benutzte, länger in diesem von Kummer und Liebe erfüllten Haus zu bleiben, an meiner Rolle als Elliots Ehefrau festzuhalten. Doch so einfach war es nicht. Es hing mit Vivian selbst zusammen. Es hing mit dieser Frau zusammen, mit dieser Mutter, und damit, dass ich etwas von ihr wollte. Natürlich war mir das damals nicht bewusst.
Ich ging in die Küche. Der angespannte Ausdruck, mit dem Elliot mich ansah, erinnerte mich an den eines Patienten im Wartezimmer. Jennifer, die mit Porcupine auf dem Arm in der Fenstertür zur Veranda stand, winkte ihrer Tochter zu. Bib, die wieder mal in Gummistiefeln auf Schatzsuche ging, winkte zurück wie ein Seemann auf einem Schiff.
»Ich bleibe«, erklärte ich.
Jennifer drehte sich zu mir um. »Sehr gut«, sagte sie erleichtert.
»Wie hat sie das geschafft?« Es war klar, dass sich Elliots Frage auf seine Mutter bezog.
»Ich weiß auch nicht«, gab ich zu. »Sie ist eine Naturgewalt.«
»Ich habe dich gewarnt«, erinnerte er mich, und dann lächelte er strahlend. »Ich freue mich, dass du bleibst.«
»Ich mich auch.«
Als Erstes rief ich von dem Anschluss in Elliots Kinderzimmer Eila an. In der Hoffnung, sie im Stadium größtmöglicher Gelassenheit zu erwischen, wählte ich dafür den Zeitpunkt unmittelbar nach ihrem Tai-Chi-Kurs.
»Eila!«, schrie sie ins Telefon. Ihre Art, dem Anrufer mitzuteilen, mit wem er es zu tun hatte, erschreckte mich jedes Mal aufs Neue.
»Hi. Hier ist Gwen.«
»Gwen!« Sie atmete langsam aus. Die Tatsache, dass lediglich ich anrief, bedeutete, dass sie statt ihrer großen Show nur eine Minimalversion präsentieren musste. Ich fragte mich oft, was für ein Mensch die echte Eila – halt, das wäre dann ja Sheila – wohl war.
»Eine Verwandte von mir ist krank. Ich wollte nur übers Wochenende bleiben, aber sie braucht mich länger.«
»Eine kranke Verwandte?«, echote sie. »Inwiefern?«
Da ich nicht sicher war, ob ihre Frage sich auf die Art der Verwandtschaft oder auf die Art der Krankheit bezog, beantwortete ich beides. »Meine Schwiegermutter hat Krebs.«
»Das tut mir sehr leid«, sagte sie, doch ich kannte sie gut genug, um zu wissen, dass weder Aufrichtigkeit noch Mitgefühl zu ihren Stärken zählten. »Wie verkraftet Peter das?«
Ich war überrascht, dass sie sich den Namen meines Mannes gemerkt hatte. »Besser, als ich dachte.«
»Wann kommen Sie wieder? Sie wissen doch – die Westons, die Murphys und die Greers …«
»Ich hoffe, in ein paar Tagen. Wenn alles gut geht, stehe ich am Mittwochnachmittag für die Greers zur Verfügung.«
»Dann mache ich den Termin – die Greers am Mittwoch. Ich brauche Sie, Schätzchen!« Sie sagte etwas zu Pru, ihrem Hund, und legte auf.
Als Nächstes war Peter an der Reihe. Ich konnte nicht einschätzen, wie er reagieren würde. Ich wählte die Nummer unseres Festnetzanschlusses, setzte mich auf die Bettkante und wartete. Auf dem Nachttisch stand eines dieser kleinen Schiffe, die üblicherweise in Flaschen stecken.
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