Verlieben war nicht abgemacht - Asher, B: Verlieben war nicht abgemacht - The Pretend Wife
Ich nahm es in die Hand. Es war federleicht, wie aus Balsaholz gefertigt. Als ich gerade damit rechnete, dass sich der AB einschalten würde, ging Peter dran.
»Hallo?«, meldete er sich. Er klang, als wäre er gerannt.
»Ich bin’s.«
»Na, wie geht’s dir, Mrs. Hull?«, scherzte er, und ich wünschte mir, er würde nicht ganz so fröhlich klingen. In dieser Stimmung hätte es ihm wahrscheinlich nicht einmal etwas ausgemacht, wenn ich ihm von dem Kuss auf dem See erzählt hätte. »So lala.« Ich stellte das Schiffchen auf den Nachttisch zurück. »Wo kommst du denn her? Du bist ja ganz außer Atem.«
»Ich habe trainiert und hatte die Musik so laut aufgedreht, dass ich das Telefon beinahe nicht gehört hätte.«
»Drehst du die Musik immer laut, wenn ich nicht da bin? Schauen mich unsere Nachbarn deshalb immer so giftig an?«
»AC/DC«, schwärmte er, und ich stellte ihn mir plötzlich in einem anderen Leben vor – einem himmlischen Junggesellenleben, einem Leben, in dem er Zeit hatte, sich einen Waschbrettbauch anzutrainieren. Allerdings würde er, was Kleidung, Haarpflegemittel, Musik und Popkultur anging, stagnieren. Schließlich hatte er es mir zu verdanken, dass er nicht in einer Ära stecken blieb, wie Junggesellen es oft tun, sondern stets up to date war. Ich war gut für Peter, jawohl. Er brauchte mich, doch noch während ich das dachte, fragte ich mich gleichzeitig, ob er mich auf eine Art und Weise brauchte, die wirklich wichtig war. »Also, wie sieht’s aus?«
»Ich muss noch ein paar Tage bleiben.« Im Geiste sah ich den Ausdruck auf Vivians Gesicht vor mir, als sie zu mir gesagt hatte: Ich würde dich überall erkennen. In dem Moment hatte sich mein Herz erfüllt und stark angefühlt, und jetzt kehrte dieses Gefühl einzig durch die Erinnerung daran zurück. Mein Herz schien so groß zu werden, dass es meine Brust zu sprengen drohte. Ich schloss die Augen und atmete tief ein.
»Tatsächlich?«
Ich konnte nicht erkennen, ob Peter einfach nur überrascht war oder sich freute, sein eingebildetes Junggesellenleben und die laut aufgedrehte AC/DC-Musik noch länger genießen zu können.
»Gräm dich nicht zu sehr«, spöttelte ich.
»Entschuldige – du hast mich nur kalt erwischt. Was ist denn los?«
»Es geht ihr schlecht, und ich möchte einfach helfen. Du weißt schon – ein zusätzliches Paar Hände …« Jetzt hatte ich ein schlechtes Gewissen, denn in Wahrheit hatte ich nicht viel geholfen. Ich hatte nicht einmal abgewaschen. »Ich denke, ich werde für heute Abend meine vegetarische Lasagne machen«, setzte ich hastig hinzu, »und gleich genug Portionen auf Vorrat – wie Mrs. Fogelman.« Ich war etwa zwölf gewesen, als Mrs. Fogelman Leiterin der Gemeindehilfe für ihre Kirche gewesen war und sie und mein Vater vereinbarten, dass ich ihr helfen würde, wenn sie für wohltätige Zwecke kochte. Ich lernte, jeden erdenklichen Auflauf zuzubereiten und das Prinzip der Bevorratung und Portionierung für den Tiefkühler. Als ich in meiner Eigenschaft als Marketing-Kommunikationsleiterin zu ein paar Tagungen musste, kochte ich für Peter vor und packte den Tiefkühler so voll, dass wir noch Monate danach davon aßen.
»Das ist deine Stärke«, sagte er. »Bleib da und hilf.«
»Eila habe ich schon Bescheid gesagt.« Ich legte den Finger auf das Segel des Balsaholz-Schiffchens. Es war beweglich und schob sich unter dem Druck zusammen. »Sie hat’s mit Fassung getragen – ich hab sie direkt nach ihrem Tai-Chi erwischt.«
»Kluger Schachzug.«
Eine Pause entstand. Ich fragte mich, ob er es wohl wieder mit Eifersucht probieren und ob ihm auch diesmal der Schuh zu eng werden würde, doch vielleicht wussten wir beide, dass unser Geplänkel in ein ernsteres Gespräch münden würde, sobald ich anfing, über das zu reden, was wirklich Sache war. »Ich vermisse dich«, sagte Peter.
Da wusste ich, dass er das Telefonat beenden wollte. »Ich dich auch.«
»Halt mich auf dem Laufenden.«
»Und du leg dich nicht mit den Nachbarn an.«
»Ich werde brav sein«, versprach er. »Großes Pfadfinderehrenwort.«
Ich legte auf. Der Hörer war so schwer, dass es mir auf eine seltsame Weise Befriedigung bereitete, ihn auf die Gabel zu senken. Wieder fiel mein Blick auf das Schiffchen. Ich bewegte das Segel auf und ab. Was wohl aus der dazugehörigen Flasche geworden war? Wahrscheinlich war sie in Scherben gegangen. Vielleicht hatte ein durchs Zimmer geworfener Football sie vom Regal gefegt, doch das
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