Verliebt bis unters Dach Roman
nickte.
»Dann können wir auch hineingehen, oder? Besonders, weil du ja den Schlüssel und alles hast.«
Wieder nickte Marilyn, aber langsam. Sie hatten beide Recht. Warum hatte sie nur das Gefühl, hier einzudringen, wenn sie alles schwarz auf weiß, legal und abgestempelt in der Hand hatte, dass dieses fantastische Haus nun Alex gehörte?
Sie holte den dünnen Umschlag mit allen Informationen, den der Anwalt ihr überreicht hatte, aus dem Handschuhfach des Wagens. Daraus zog sie einen großen, altmodischen Schlüssel. Dann eilten sie zu dritt aufgeregt die steile Auffahrt hinab.
Die Haustür wirkte wie aus einem Märchen. Sie war gewölbt, groß, schwer und aus eisenbeschlagenem Holz. Marilyn steckte den Schlüssel ins Schloss, schob die Tür einen Spalt auf, zögerte, fasste allen Mut zusammen und schob noch weiter... und stürzte fast zu Boden, als ein riesiger grauer Hund tapsig an ihnen vorbeischoss und wie wild auf die Büsche an der Auffahrt zurannte. Dort hob er - und Liesel hätte schwören können, dass er dabei erleichtert aufseufzte - ein langes Bein und genoss wohl das längste Pinkeln, dass sie jemals miterlebt hatte.
»Das ist wohl Godrich«, meinte sie und bot der taumelnden Marilyn stützend eine Hand.
»Das ist kein Hund, das ist ein Elefant mit Haaren.«
»Ein Mammut«, erklärte Alex.
»Egal was, ich glaube, jetzt rennt er weg«, meinte Marilyn, denn der Hund, der endlich mit dem Pinkeln fertig war, rannte in langen Sätzen die Auffahrt hinauf
»Na, wir holen ihn besser zurück, denn wir haben ja geschworen, ihn zu füttern und zu versorgen, nicht von der Leine zu lassen und... Godrich!«, rief Liesel.
Der Hund hielt gebannt inne und sah sich um.
»Godrich. Hierher.« Sie versuchte, entschieden zu klingen.
Zu ihrem großen Erstaunen drehte der Hund sich tatsächlich um und trottete zurück zu ihr. »Sitz«, sagte Liesel.
Der Hund setzte sich.
»Das nenne ich Erziehung«, strahlte Liesel. »Wir haben doch immer gewusst, dass ich mich gut mit Tieren verstehe.«
»Ja, aber meistens waren es die Männchen.«
»Godrich ist doch ein Männchen.« Alex bückte sich und warf einen Blick unter den Bauch des Tieres, um sich zu vergewissern.
»Ich meinte Männer«, lachte Marilyn.
Liesel versuchte sich weiter in der Hundeerziehung.
»Hinlegen«, sagte sie.
»Jetzt gehst du zu weit«, meinte Marilyn, denn der Hund sah sie kummervoll aus den großen, grauen, faltigen Augen an. Ohne sich zu rühren.
»Meinst du, er legt sich für einen Schokoriegel hin?« Liesel suchte in ihrer Jackentasche.
»Ich bin nicht sicher, aber ich kenne jemanden, der das tun würde«, sagte Marilyn, denn Alex tat nun so, als bettelte er wie ein Hund.
Lachend reichte Liesel ihm den Riegel.
»Tante Liesel, kann ich den mit Godrich teilen?«
»Hunde sollten eigentlich keine Schokolade essen. Das bekommt ihnen nicht.«
»Mädchen sollten keinen Kuchen essen. Das bekommt ihrem Arsch auch nicht«, meinte Alex sachlich und wickelte die Schokolade aus. »Mama, was ist ein Arsch?«
»Deine Tante Liesel«, erwiderte Marilyn und schnitt ein Gesicht, »weil sie immer vergisst, dass du alles aufschnappst, was sie so von sich gibt.«
»Wirklich? Das ist lustig.« Alex biss in die Schokolade und
kaute nachdenklich. »Ich dachte, es wäre ein anderer Ausdruck für Hintern.«
Daraufhin sahen die beiden Frauen einander an, die eine vorwurfsvoll, die andere schuldbewusst. Währenddessen brach Alex den Rest der Schokolade in zwei Hälften und fütterte sie dem speicheltriefenden Godrich.
»Manieren sind wichtig«, versicherte Liesel ihrer Schwester. »Willst du jetzt endlich eintreten, da du die Tür geöffnet hast, oder bleiben wir hier stehen und starren weiter durch den Spalt?«
»Sollen wir reingehen?«, fragte Marlyn vorsichtig.
»Meinst du immer noch, dass wir nicht dürften?«
Marilyn lächelte dünn.
»Vielleicht sollten wir Godrich fragen«, neckte Liesel sie sanft. »Immerhin ist er der Zweiterbe. Godrich«, sagte sie an das riesige, struppige Tier gewandt, »können wir reingehen?«
Statt einer Antwort schob der Hund sich an ihnen vorbei ins Haus.
»Er hat ja gesagt!«, verkündete Alex grinsend und schoss Godrich hinterher, dicht gefolgt von Liesel.
5
Als Marilyn sie drinnen rufen hörte, folgte sie ihnen so vorsichtig, als könnte urplötzlich der Geist der Großtante hervorspringen, das Ganze als einen Scherz bezeichnen und sie auffordern, sofort zu verschwinden.
Als sie eintrat, blieb sie stocksteif
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