Verliebt bis unters Dach Roman
stehen.
Die Eingangshalle war riesig wie eine Höhle und hatte
eine Galerie. Die geschnitzte Treppe, doppelt so breit wie ein normales Treppenhaus und auf Hochglanz poliert, war das Prunkstück. Auf dem Boden befand sich ein altmodisches viktorianisches - offensichtlich originales - Fliesenmosaik in Grün, Burgunderrot und Beige, das zu dem burgunderroten Teppich passte, der mit Messingstäben auf den Stufen befestigt war.
Die Wände waren bis in Kopfhöhe dunkel getäfelt. Darüber war eine Tapete mit grünen und roten Blätterranken vor einem hellen Hintergrund.
»Oh, ich glaube, die Tapete ist nach einem Original von William Morris«, hauchte Marilyn und strich ehrfürchtig mit dem Finger darüber.
»Oder Johnny Morris. Junglemania «, witzelte Liesel.
»Findest du das nicht schön?«
»Klar, aber sehr neunzehntes Jahrhundert.«
»Was hast du denn in einem solchen Haus erwartet?«
Auf der rechten Seite der großen Halle war die Rezeption. Die lange, hohe Theke beeindruckte in dem gleichen polierten Holz wie die schwere Balustrade des Treppengeländers. Der einzige Gegenstand darauf war eine Messingglocke, die Alex und Liesel in ihrer kindlichen Aufregung mehrfach betätigten, so dass das Echo im Haus erklang.
Hinter dem Empfang sahen sie eine Tür, die in ein großes, offenes Büro führte, von dem eine weitere Tür abging, auf der MANAGER stand.
»Schauen wir weiter!«, rief Liesel, nahm Alex bei der Hand und schoss, damit rechnend, dass Marilyn ihnen folgen würde, einen Gang entlang.
Hinter der Eingangshalle und den Büros befanden sich im Erdgeschoss ein stilvoller Salon und ein riesiger Speisesaal.
Beide hatten hohe Terrassentüren, die auf eine wunderschöne, wenn auch leicht bröckelige Steinterrasse hinausführten. Die große Küche war gut ausgestattet, hatte einen kleinen Raum für das Personal und mehrere Vorratsräume entlang einem schmalen Gang dahinter.
Ein Vorraum mit Gewölbedecke rechts neben der Treppe führte jeweils zu der Damen- und der Herrentoilette. Dahinter lagen zwei Hotelzimmer, beide mit Terrassentüren zu einem ummauerten Garten hin.
Es gab zwei Stockwerke. Im ersten befanden sich vier sehr schön geschnittene, aber recht altmodische Gästezimmer, im zweiten drei weitere sehr originelle Zimmer unter den Dachschrägen.
In einem der Zimmer im ersten Stock, an dem FLITTERWOCHENSUITE stand, gab es ein Himmelbett von monströsen Ausmaßen. Es war mit Gobelins behangen und hatte eine so dicke Matratze, dass man eine Leiter brauchte, um ins Bett zu gelangen - es sei denn, man war Liesel und Alex, die von einem roten Samtschemel aus darauf sprangen.
Die Ausstattung war in gutem Zustand, sauber und ordentlich, aber so alt wie die Welt. Es war wie ein Schritt zurück in ein anderes Jahrhundert.
»Das ist der reine Wahnsinn!«, sagte Marilyn in jedem Zimmer.
»Das Ganze ist wie ein Museum«, meinte Liesel.
»Na, wenn wir kein Glück mit dem Hotelbetrieb haben, dann können wir immer noch als Museum Eintritt verlangen.«
Schließlich entdeckten sie auf der linken Seite des Gangs hinter einem mit einer Jagdszene bestickten Gobelin die Tür zum Turm. Darauf stand PRIVAT.
»Das ist für uns«, meinte Liesel nervös lächelnd.
»Willkommen in unserem neuen Zuhause. Wer trägt uns jetzt über die Schwelle?«, scherzte Marilyn.
»Du nimmst Godrich, ich nehme Alex.« Liesel schwang sich den kreischenden Alex über die Schulter.
»Toll, du kriegst das Kind, und ich kriege dieses Wesen, das gerade aus dem Sumpf gekrochen zu sein scheint und auch so stinkt«, knurrte Marilyn und rief zögernd den großen struppigen Hund zu sich.
Hinter der schweren, mit Filz bespannten Tür befand sich eine weitere Diele mit einer Treppe, die im Zickzack nach oben verlief und auf jedem Stockwerk nur zu einem Raum führte.
Im Erdgeschoss befand sich ein altmodisches Wohnzimmer mit Stühlen im Queen-Anne-Stil mit Spitzendeckchen. Es gab einen wunderschönen originalen Kamin, bei dessen Anblick Marilyn entzückt in die Hände schlug. Vor dem Kamin lag ein Teppich, der aussah wie das Fell eines Zwillingsbruders von Godrich. Über dem Kaminsims hing das Porträt einer älteren Dame mit einer Löckchenfrisur und einer so verdrießlichen Miene, dass sie ganz allein mit ihrem Funkeln die Kohlen darunter anzünden konnte.
»Großtante Nancy«, verkündete Marilyn leise und fast ehrfürchtig. »Deine Wohltäterin«, erklärte sie Alex.
»Meine was?«, fragte Alex stirnrunzelnd.
»Wohltäterin. Das
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