Verliebt bis unters Dach Roman
ordentlichen...«
»Liesel!«, schrie Marilyn, noch ehe die Schwester genau das aussprechen würde, was Marilyn erwartete. »Nicht alles hat mit Sex zu tun oder dem anderen Geschlecht.«
»Was mich betrifft, läuft alles daraufhin hinaus.« Liesel sagte es scherzend, aber Marilyns Antwort überraschte sie dennoch.
»Na, vermutlich ist es nicht deine Schuld, weil du so unwiderstehlich aussiehst.« Marilyn zuckte die Achseln und begann dann zu lachen, weil Liesel sich so sehr verschluckte, dass sie ein großes Stück halb gekauten Toast wieder ausspuckte. »Sehr nett.« Sie holte die Kehrichtschaufel. »Aber kaum unwiderstehlich, wenn du dein Essen ausspuckst.«
»Ich bin überhaupt nicht unwiderstehlich!«, rief Liesel, als hätte ihre Schwester sie gerade tödlich beleidigt.
»Wenn du nicht unwiderstehlich bist, warum laufen dir dann so viele Männer hinterher? Du bist wie ein süßes kleines Kätzchen, mit großen Augen und glänzenden Haaren und verspielt. Kätzchen will doch jeder streicheln.«
»Und dann wird das Kätzchen größer, und man setzt es auf der Autobahn am Randstreifen aus.« Liesel, die Tiere liebte, schauderte bei diesem Vergleich.
»Das habe ich nicht gemeint.«
»Was du meinst, ist, dass Männer sich von meinem Aussehen angezogen fühlen und sich sofort verdrücken, wenn sie herausfinden, was für eine furchbare Person ich bin?«
»Das habe ich überhaupt nicht gemeint!«, sagte Marilyn beleidigt. »Ich meine, dass du toll aussiehst und immer jede Menge Aufmerksamkeit bekommst. Und nicht alle geben das zu, weil sie befürchten, für oberflächlich gehalten zu werden. Aber die meisten Leute gehen erst mal nach dem Äußeren. Was du anziehst, ist die Sorte Mann, die dich anguckt und denkt: >Wow, ist die toll!< Und dann wird er nicht mit der Tatsache fertig, dass du es auf eine stabile Beziehung abgesehen hast und nicht bloß das Schmuckstück an seinem Arm sein willst.«
Liesel blieb einen Moment lang stumm, um das zu verdauen, und dann sah sie die Schwester traurig mit großen Augen
und einer zitternden Unterlippe an, wie ein Hundejunges, das man gerade ausgeschimpft hat. Sie fragte: »Wie viele Freunde habe ich bisher gehabt?«
»Ist das eine Fangfrage?«
»Nein, das meine ich ernst.« Liesel gab der Schwester einen gutmütigen Klaps auf den Arm. »Wie viele?«
»Erwartest du etwa, dass ich mich an alle erinnere?«, scherzte Marilyn, und Liesel verstummte wieder.
»Genau das meine ich. Es sind zu viele, als dass man sich an auch nur einen erinnern würde.«
»Ich habe doch bloß Spaß gemacht. Du hattest bloß zwei richtige Freunde. Das ist nicht sehr viel.«
»Vielleicht. Aber sieh dir mal all die Zwischenstadien an. Die man nur einmal trifft. Die über zwei Wochen gehen. Die Dinner-Dates. Diejenigen, die es einen Monat aushalten und erst dann merken, dass ich nicht mit ihnen schlafe, nur weil sie mich zum Essen eingeladen haben. Es gab zu viele Männer in meinem Leben - und nicht genug Männer in meinem Leben. Du verstehst?«
»Ich glaube, ja«, gab Marilyn unsicher zurück. »Zu viele von der falschen Sorte.«
»Genau. Was bedeutet, dass ich das andere Geschlecht ziemlich schlecht beurteilen kann.«
»Ich würde nicht sagen, dass du nicht genau urteilst, du bist bloß... ein bisschen... zu offen? Du siehst immer nur die guten Seiten in Menschen. Wenn ein Mann sich mit dir verabreden will, sagst du immer Ja, weil du ihn nicht verletzen willst. Daher gehst du mit vielen völlig unpassenden Männern aus.«
»Vielleicht hast du Recht. Vielleicht sollte ich eine Pause von der Romantik nehmen. Ich bin noch nie wirklich alleine gewesen, und wir werden vermutlich so viel zu tun haben,
dass jetzt ein guter Zeitpunkt dazu wäre...« Liesel verstummte, weil sie merkte, dass Marilyn sie mit verschränkten Armen und einem ungläubigen Lächeln ansah. »Ich meine das ernst, May.«
»Klar doch.«
»Keine Männer mehr. Jedenfalls für eine Weile. Ich brauche Zeit für mich selbst.«
Marilyn nickte, aber es war ein Nicken und ein Blick, die deutlich sagten, wie ungläubig sie war.
»Du glaubst mir nicht, stimmt’s?«
»Ich glaube dir, aber... meinst du nicht, das ist ein bisschen melodramatisch? Liesel Ellis schwört: Keine Männergeschichten mehr!« Marilyn hob die Stimme wie zu einer Ansage.
»Du traust mir das nicht zu?«, rief Liesel beleidigt.
»Du kannst alles, wenn du es dir nur ernsthaft vornimmst.« Das war die alte Marilyn-Maxime.
»Nur das nicht?«
»Nicht bei allem im
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