Verliebt in den Chef?
Weggehen sah sie, dass sie vergessen hatte, den Staubsauger fortzuräumen. Als sie sich neben dem Sofa bückte, um das Kabel aufzurollen, hörte sie eine laute Männerstimme durch die geschlossene Tür von Tristans Arbeitszimmer.
Beweg dich, Ella, ermahnte sie sich selbst, während sie hinter dem Sofa hockte. Es wäre peinlich, beim Lauschen erwischt zu werden. Sie wollte gerade aufstehen und in die Küche fliehen, als die Tür vom Arbeitszimmer schwungvoll aufgestoßen wurde und gegen die Wand schlug.
„Bekomme es endlich in deinen Dickschädel“, rief Tristan wütend. „Ich werde niemals auf deine Bedingungen eingehen!“
„Niemals ist eine sehr lange Zeit“, erwiderte der Mann mit der tiefen Stimme.
„Was mich betrifft, kann es gar nicht lang genug sein.“
Neugierde siegte über ihre Scheu, und so spähte Ella über das Sofa, um ihren Chef und seinen Besucher zu beobachten. Dieser war groß, hatte tiefschwarzes Haar und trat genauso selbstbewusst auf wie Tristan. Er starrte Tristan mit undurchdringlichem Blick an, schlug dann resigniert die Hände auf die Oberschenkel und stürmte davon.
Ella ging wieder in die Hocke, und nur wenige Augenblicke später wurde die Eingangstür so laut zugeknallt, dass das Echo im Flur nachhallte. Ella sprang in dem Moment auf die Füße, in dem Tristan am Zimmer vorbeiging und sie entdeckte. Mit wütendem Gesichtsausdruck hielt er an – Ella hatte ihn bisher nur ein einziges Mal so verärgert gesehen, und zwar letzte Woche, als er gedacht hatte, ihr wäre etwas zugestoßen. Normalerweise hielt Tristan seine Gefühle immer unter Kontrolle.
„Ella“, knurrte er.
„Ja, Mr. Barkley?“, zwang sie sich mit zitternden Lippen zu sagen, wobei sie bemerkte, wie leicht es ihr fiel, wieder förmlich mit ihm zu reden. Sie hatte plötzlich das Gefühl, als würde sie ihn nicht kennen.
Tristan schwieg einen Augenblick, bevor er sich entnervt den Nasenrücken rieb. „Würden Sie mir bitte einen Drink machen?“
Auf dem Rollwagen neben dem Schachtisch stand eine Karaffe. Während Ella einschenkte, betrat Tristan den Raum und ließ sich auf das Sofa sinken. Dankend nahm er das Glas entgegen und leerte es mit einem Zug halb aus, während er mit zurückgelegtem Kopf eingehend die Zimmerdecke betrachtete.
„Sie können also Ihren Bruder nicht leiden?“
Sie nickte zögernd. „Ja.“
„Das hier war meiner. Wie sagt man doch so schön? Du kannst dir deine Freunde aussuchen, nicht aber deine Verwandten.“
Sie wusste, dass Tristan einen jüngeren Bruder namens Josh hatte, aber einen Cade hatte er nie erwähnt. Sie fröstelte. Zu gerne hätte sie nach dem Grund dafür gefragt, warum die beiden sich so sehr hassten. Was war in ihrer Vergangenheit, was in dem Raum eben vorgefallen?
Tristan schien ihre Gedanken zu erahnen. „Cade will, dass ich wieder in unserem Familienunternehmen arbeite.“
„Was für ein Familienunternehmen?“
Er warf ihr einen eigentümlichen Blick zu. „Barkley Hotels.“
„Ach, das ist Ihre Familie?“
Er beugte sich ein Stück vor. „Das haben Sie nicht gewusst?“, fragte er erstaunt. „Wie auch?“, räumte er ein, während er das Glas schwenkte. „Es ist schon eine Weile her, dass ich die Firma verlassen habe. Und alle wissen, dass ich nichts mehr davon hören will.“
„Wegen Ihres Bruders?“
Er sah sie plötzlich interessiert an. „Setzen Sie sich, Ella. Ich brauche Ihren Rat.“
Weil sie es sich nicht verkneifen konnte, lachte sie laut auf. „ Meine n Rat?“
Er klopfte auf das Kissen neben sich. „Setzen Sie sich.“
Als sie seiner Aufforderung folgte, konnte sie ganz deutlich die sexuelle Spannung spüren, die sich zwischen ihnen aufbaute: Sie saßen nur eine Armlänge voneinander entfernt und wurden wie magisch voneinander angezogen.
Doch Tristan schien die Anziehungskraft und die Funken, die Ella zwischen ihnen zu sehen glaubte, nicht zu bemerken. Offensichtlich war er noch mit dem beschäftigt, was gerade eben in seinem Arbeitszimmer passiert war. Er nahm einen weiteren Schluck und behielt ihn eine Weile genüsslich im Mund, bevor er weitersprach. „Mein Bruder heiratet.“
„Cade?“
„Nein, nicht Cade. Josh. Die beiden sind so verschieden wie Tag und Nacht. Josh möchte, dass Cade und ich uns wieder vertragen, damit wir bei seiner Hochzeit eine große, glückliche Familie sind.“
„Und das ist unmöglich.“
Er sah sie an, als ob sie eine Prophezeiung ausgesprochen hätte. „Richtig. Ich werde ihm nicht
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