Verliebt in den Feind?
Heath hat sich mir gegenüber immer absolut loyal verhalten, mich unterstützt und ermutigt. Ich …“ Ihr versagte die Stimme.
Auch ohne dass sie weitersprach, konnte sich Rafael den Rest zusammenreimen.
„Aber was soll ich Ihnen erklären? Sie würden mich ja doch nicht verstehen.“
Doch. Er verstand. Besser, als sie annahm. Sie war in Heath Saxon verliebt.
Caitlyn sah, wie Rafael die Lippen aufeinanderpresste. Wenn nur dieses lächerliche Konkurrenzverhalten zwischen ihm und Heath aufhören würde.
Es hatte ihr unendlich viel bedeutet, erste Kellermeisterin dieses wunderbaren Weingutes zu werden. Ein kühner Traum. Beinah ebenso unerfüllbar wie der Wunsch, Heaths Interesse zu erregen.
„Ich gehe wieder rein.“ Obwohl sie nicht recht wusste, wieso, wartete sie, dass er ihr folgte – was er nach kurzem Zögern auch tat.
Später, nachdem sich Phillip und Kay zurückgezogen hatten, beobachtete Caitlyn Rafael. Seit ihrem Gespräch auf der Veranda hatte er nicht mehr viel gesagt. Er stand bei Alyssa und Joshua, die sich darüber unterhielten, ob sich Saxon’s Folly an einer neuen Kochshow als Sponsor beteiligen sollte.
Auch seinen Nachtisch hatte er nicht angerührt – dabei war Ivys Pavlovatorte, ein köstliches Baisergebäck, unwiderstehlich …
Sie selbst hatte ebenfalls die meiste Zeit geschwiegen und versucht, sich an die unwiderrufliche Erkenntnis zu gewöhnen, dass sie sich endgültig nicht mehr zu Heath hingezogen fühlte. Ihre Schwäche für ihn war eigentlich ganz bequem gewesen – so brauchte sie sich nicht mit anderen Männern auseinanderzusetzen und lief nicht Gefahr, enttäuscht zu werden. Und später …
Sie seufzte. Später hatte sie mit dem, was passiert war, fertig werden müssen. Doch ihre unerwiderte Schärmerei für Heath hatte ihr als Ausrede gedient, um sich dabei sehr viel Zeit zu lassen.
Und nun? Vor ihr tat sich eine ganz neue Welt auf. Alles, was sie fünf lange Jahre entbehrt hatte, stand zum Greifen nahe vor ihr. Liebe. Leidenschaft. Glück. Aus den Augenwinkeln sah sie zu Rafael hinüber.
Zufällig bemerkten Alyssa und Joshua ihren Blick und verstummten. Auch Rafael sah sie an. Na großartig, jetzt war sie dabei ertappt worden, wie sie ihn anstarrte! Zum Glück stand sie nahe bei der Glastür. Geistesgegenwärtig winkte sie den dreien zu und rief: „Gute Nacht.“
Sofort kam Rafael zu ihr und bot an: „Ich bringe Sie nach Hause.“
„Danke, nicht nötig. Ich kenne den Weg in-und auswendig. Und schließlich ist das hier kein gefährliches Pflaster, sondern Saxon’s Folly.“
„Ich dachte, vielleicht freuen Sie sich über Gesellschaft“, sagte Rafael leise. „Außerdem liegen die Stallungen auf meinem Heimweg.“
Alyssa, die zu den beiden getreten war, gab Caitlyn recht, indem sie bestätigte, dass hier längst nicht so viele Gefahren lauerten wie in Großstädten. „Ich muss es ja wissen … als Großstadt-pflanze.“ Sie lachte und sah dabei Joshua verliebt an.
Ein Gefühl der Sehnsucht überkam Caitlyn. Genau so etwas wollte sie auch einmal erleben. Einen kurzen Moment betrachtete sie Heath, dann sah sie Rafael an.
Als sich ihre Blicke trafen, war sie fast sicher, er könne ihr bis in die Seele sehen und ihre geheimen Wünsche darin erkennen.
„Also gut“, brachte sie schließlich heraus. „Ich würde mich freuen, wenn Sie mich nach Hause begleiten.“
Mit einem Seitenblick auf Heath fragte Rafael: „Wirklich?“
5. KAPITEL
Durch die hohen Bäume schien der Mond, als sie gemeinsam zu den Ställen gingen. Mit ihren langen Beinen machte Caitlyn große Schritte. Rafael konnte noch immer nicht fassen, dass Heath diese Frau „Kleine“ nannte.
Ohne Umschweife sagte Rafael: „Heath ist Ihr Freund aus Studienzeiten, er hat Ihnen Ihren Job verschafft. Sie lieb…“
„Nein, bitte sprechen Sie es nicht aus.“ Caitlyn hielt sich die Ohren zu.
„¡Vale! Ist ja gut. Aber hören Sie auf, sich etwas vorzumachen. Sie sind jung, klug und schön. Hängen Sie sich nicht an einen solchen Mann!“ Er gab einen missbilligenden Laut von sich. „Er weiß gar nicht, wie Sie wirklich sind. Suchen Sie sich jemanden, der Ihre Vorzüge als Frau zu schätzen weiß.“
Sie hatte ihre Hände wieder sinken lassen und schwieg. Seine Einmischung war ihr unangenehm.
Nach einer Wegbiegung kamen die beleuchteten Stallgebäude in Sicht. Schließlich fragte Caitlyn: „Wollen Sie vielleicht auf diese Art einen Keil zwischen die Saxons und mich treiben, damit Sie mit Ihrer
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