Verliebt in den Feind?
Brauen bewiesen ihr, dass nicht sie allein die statische Entladung gespürt hatte.
Wie heiß sich seine Haut anfühlte! Caitlyn wollte schon die Hand zurückziehen, als sie innehielt. Immerhin war sie eine Kellermeisterin von Weltrang. Wieso sollte sie so panisch reagieren, nur weil sie die nackte Haut eines Mannes berührt hatte?
Also ließ sie die Hand, wo sie war, und erwiderte seinen Blick. Mit den Fingerspitzen spürte sie, wie er die Muskeln anspannte. Seine Augen wirkten dunkler als jemals zuvor. Ein Eindruck, der Caitlyn tief ins Innerste drang.
Zum ersten Mal wurde ihr bewusst, dass sie enger in die ganze Sache verstrickt war, als sie sich bisher eingestanden hatte. Einen Moment wünschte sie, doch die Hand weggezogen zu haben.
Doch dazu war es nun unwiderruflich zu spät.
Er lächelte und sagte so leise, dass nur sie es hören konnte: „Allmählich gewöhne ich mich daran, dass Sie mir sagen, was ich zu tun und zu lassen habe.“
Errötend sagte sie: „Sorry, so war es nicht gemeint. Es ist nur … der Tisch ist seit Generationen im Besitz von Kays Familie. Darum wollte ich …“ Sie griff nach einer handbemalten Holzschachtel und legte Untersetzer auf den niedrigen Tisch zwischen den Sofas. „Es muss ja nicht sein, dass er Flecken bekommt.“
„Aber wenn er so wertvoll ist, warum hat Kay ihn dann hier aufgestellt, wo er ständig benützt wird?“
„Sie umgibt sich gern mit bedeutungsvollen Gegenständen. Wenn sie dadurch Schaden nehmen, macht es ihr nicht so viel aus. Das ist dann eben Teil ihrer Geschichte.“
„Aber Sie möchten Kay möglichst Kummer ersparen, oder?“
„Ja. Wie Sie wissen, hänge ich sehr an den Saxons. Ich habe von ihnen nur Gutes erfahren, warum sollte ich sie da nicht beschützen? Wenn Sie an meiner Stelle wären, würden Sie dasselbe tun.“
Voll neu erwachtem Verständnis sahen sie einander an.
Alle widmeten sich ihren Getränken. Phillip durchbrach die einsetzende Stille, indem er fragte: „Heath, was hältst du von dem Sherry?“
„Mmh. Sehr gut.“
„Sehr gut ist gar kein Ausdruck“, verbesserte Phillip ihn rechthaberisch. „Absolute Spitzenklasse.“ Da Heath keine Antwort gab, fragte er stattdessen Rafael: „Sicher, dass Sie ihn nicht probieren wollen, Rafael?“
„Nein danke“, sagte Rafael so förmlich, dass Caitlyn ein kurzer Schauer überlief. Dann presste er die Lippen fest aufeinander. Offensichtlich musste er sehr an sich halten.
Phillip war so auf seine Auseinandersetzung mit Heath konzentriert, die schon seit Jahren schwelte, dass er gar nicht merkte, wie er Rafael vor den Kopf gestoßen hatte.
Caitlyn wünschte einfach nur, dass Phillip für den Rest des Abends den Mund halten möge.
Heath setzte sich bequemer hin und wandte sich an Rafael: „An diesem Punkt unterscheiden sich Dad und ich. Mir bedeuten Auszeichnungen nichts. Ich will einfach nur guten Wein machen. Ohne viel Aufhebens.“
„Glauben Sie ihm kein Wort“, mischte sich Joshua ein. „In Wahrheit sind seine Weine ausgezeichnet. Und er kümmert sich sehr gut darum.“
„Stimmt, die müssen Sie unbedingt probieren, Rafael. Sie sind wirklich vorzüglich“, versuchte Caitlyn, das Gespräch in unverfängliche Bahnen zu lenken.
„Danke für deine Unterstützung, Kleine“, sagte Heath.
„Kleine?“, fragte Rafael ungläubig und missbilligend zugleich.
Schnell antwortete Caitlyn: „Ach, das ist doch nur ein Spitzname.“ Schwach lächelte sie Heath zu … und empfand nur zu deutlich die gereizte Stimmung der Saxon-Männer.
Joshua kniff die Augen zusammen. Auch er spürte, wie die Spannung im Raum unter der scheinbar entspannten Oberfläche zugenommen hatte. Kay biss sich nervös auf die Unterlippe. Dabei betrachtete sie abwechselnd ihren Mann, den Fremdling aus Spanien und ihren Sohn Heath.
Caitlyn indes spürte deutlich, wie schwer es Rafael fiel, sich zu beherrschen. Eine Zeitbombe …
Im Licht der weißen Tafelkerzen betrachtete Rafael das Kristallglas mit dem goldfarbenen Wein. Dann sah er über den Rand hinweg Caitlyn an, die neben ihm saß und gerade mit dem Essen fertig war.
Kleine!
Er hatte gerade noch eine bissige Bemerkung unterdrücken können. Anscheinend kapierte dieser Heath gar nichts. Eine solche Frau „Kleine“ zu nennen! Sein Halbbruder schien sie nicht richtig zu kennen – ein Gedanke, der ihn einerseits aufbrachte, andererseits durchaus etwas Beruhigendes hatte.
Als sie sich ihm zuwandte, wurde ihm bewusst, wie hell und klar ihre Augen
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