Verliebt in eine Kidnapperin?
zu lassen. Womit hatte der Kerl eigentlich ein Problem?
Jeremy hielt Kirsten die Tür auf und folgte ihr aus dem Haus.
Kurz darauf saßen sie in dem Wagen, den er sich gemietet hatte, und waren unterwegs in die Stadt.
„Ich muss mich wohl für das unhöfliche Benehmen meines Bruders entschuldigen“, sagte Kirsten. „Sein Leben ist ein bisschen aus dem Ruder gelaufen, deshalb ist er im Moment nicht besonders umgänglich.“
„Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen.“
„Ich weiß. Aber …“ Sie verzog die Lippen. „Jeder hat wohl sein Kreuz zu tragen. Meines ist Max.“
Jeremy fragte sich, warum sie es so empfand. „Wie alt ist er denn? Vierundzwanzig?“
„Er ist sogar schon sechsundzwanzig.“
„Dann wird es aber höchste Zeit für ihn, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen.“
„Wenn das so einfach wäre.“ Sie schaute eine Weile aus dem Seitenfenster, ehe sie weitersprach. „Momentan ist er arbeitslos. Ich kann ihn ja nicht auf die Straße setzen. Und jetzt muss er sich auch noch um Anthony kümmern.“
„Das macht die Sache in der Tat kompliziert.“ Jeremy bedeutete die Familie auch sehr viel. Deshalb hatte er vollstes Verständnis für Kirsten. „Wie kommen Sie denn zurecht?“
„Es ist nicht einfach.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Wir müssen uns eben arrangieren, bis er eine Arbeit gefunden hat und sich eine eigene Wohnung leisten kann.“
„Was für eine Arbeit sucht er denn?“
„Momentan würde er wohl alles nehmen. Ich glaube, er möchte unbedingt auf eigenen Füßen stehen – und ehrlich gesagt bin ich auch froh, wenn er auszieht. Leider hat er keinen Highschool-Abschluss, was die Stellensuche natürlich nicht leichter macht. Hinzu kommt, dass er auch noch die Kosten für eine Kinderbetreuung zahlen muss.“
„Hört sich nicht gut an.“
„Ich weiß.“ Sie holte tief Luft und stieß einen leisen Seufzer aus. „Ich versuche schon die ganze Zeit, ihn dazu zu überreden, eine Abendschule zu besuchen und aufs College zu gehen, aber er weigert sich beharrlich.“
„Warum?“
„Aus reiner Sturheit, nehme ich an. Weil ich ihm dazu rate.“ Sie legte die Hände auf die kleine schwarze Handtasche in ihrem Schoß. „Und weil er auch nie besonders ehrgeizig war. Nachdem er die Highschool abgebrochen hatte, hat er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser gehalten.“
„Unter diesen Umständen tun Sie ihm aber keinen Gefallen, wenn Sie ihn bei sich wohnen lassen.“
„Vor zwei Jahren hat er eine Stelle in einer Tierhandlung bekommen, wo er bis vor einigen Wochen gearbeitet hat. Das schien ihm wirklich Spaß zu machen, aber der neue Besitzer hat alle Angestellten entlassen, und Max musste wieder von vorn anfangen.“
Es stand Jeremy zwar nicht zu, Ratschläge zu erteilen, aber er sagte dennoch: „Wenn er nicht auf Sie hören will, sollten Sie ihn wirklich in Ruhe lassen. Vielleicht sieht er dann von selbst ein, dass er sich mit seiner Einstellung keinen Gefallen tut.“
„Sie haben sicher recht. Aber mein Fehler ist es nun mal, dass ich mich eher von meinem Herzen als von meinem Verstand leiten lasse.“
Bei diesen Worten hätten bei ihm, der durch und durch rational und kopfgesteuert war, eigentlich sämtliche Alarmglocken schrillen müssen. Aber Jeremy gefiel der Gedanke, dass Kirsten ein weiches Herz hatte. Vielleicht, weil sie ihn in dieser Hinsicht an seine Mutter erinnerte.
Molly Fortune hatte Jeremy immer ermutigt, seinen Traum zu verwirklichen und Medizin zu studieren. Keiner hatte es ihm zwar übel genommen, als er sich gegen eine Arbeit im Familienunternehmen entschied. Auch sein Vater und seine Brüder hatten ihn unterstützt. Aber erst Mollys stolzes Lächeln bei der Abschlussprüfung hatte ihn in seiner Ansicht bestätigt, das einzig Richtige getan zu haben.
Mit einem Seitenblick auf Kirsten fragte er sich, ob sie wohl noch andere Qualitäten hatte, die ihn an seine Mutter erinnerten.
Molly war eine dynamische Frau und eine warmherzige, liebevolle Mutter gewesen. Ihr Tod vor vier Jahren hatte die ganze Familie erschüttert. Dennoch hatte Jeremy das Gefühl, mehr um sie zu getrauert zu haben als die anderen.
Nach seinem Umzug nach Sacramento und der Eröffnung einer Gemeinschaftspraxis hatte er sie zwar nicht mehr so häufig gesehen. Aber sie war immer nur einen Telefonanruf entfernt gewesen, und ihre Meinung und ihre unerschütterliche Unterstützung hatte er zu schätzen gewusst, selbst wenn er ihre Ratschläge nicht immer
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