Verliebt in eine Kidnapperin?
Kuss.
Natürlich hätte sie es ahnen können, als er sie mit diesem Blick maß, ihr zärtlich über die Wange streichelte und ihr Herz erwartungsvoll zu klopfen begann.
Aber als sich ihre Lippen berührten, war dies ein so zauberhafter Moment, dass sie fast nicht zu atmen wagte vor Angst, dass alles nur ein Traum war und sie jeden Moment aufwachen würde – allein in ihrem Bett, die Arme um das Kissen geschlungen.
Doch es geschah wirklich, und sie war hingerissen von seinem Duft, der Wärme seines Atems und die Hitze seiner Berührung.
Der Kuss wurde leidenschaftlicher. Sie öffneten die Lippen, und als ihre Zungen sich berührten, wurden ihr die Knie weich. Kirsten schlang die Arme um seine Hüften, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Jeremy reagierte sofort, indem er sie in den Arm nahm und enger an sich drückte.
Himmel! Wenn das Jeremys Abschiedsküsse waren, wie würden dann erst jene ausfallen, wenn sie ihn ihr Bett … und ihr Leben mit sich teilen ließ?
Nimm dich zusammen, ermahnte sie sich. Sie musste ihre rosaroten Vorstellungen im Zaum halten, gleichgültig, wie schön der Abend mit diesem gut aussehenden Arzt auch gewesen sein mochte und wie erregend sein Abschiedskuss war.
Es war vermessen, mehr in dieses Treffen hineinzuinterpretieren. Ein Dinner in ausgesprochen angenehmer Atmosphäre endete auf besonders schöne Weise. Schon bald würde er nach Kalifornien zurückkehren, und sie wäre für ihn nur noch eine verblassende Erinnerung. Für sie selbst könnte er jedoch viel mehr bedeuten. Allein aus diesem Grund musste sie die Bremse ziehen, ehe sie vollkommen den Kopf verlor.
Dummerweise wollte ihr Körper etwas ganz anderes als ihr Verstand, und sie beschloss, Jeremy alles Weitere zu überlassen.
Doch die Magie des Augenblicks endete nicht, als Jeremy sich von ihr löste. Ihr Puls raste, und tausend romantische Fantasien gingen ihr durch den Kopf.
Sie sollte ihre Zeit besser nicht mit solchen Gedanken verschwenden – nicht, wenn so viel gegen eine Beziehung zwischen ihr und Jeremy sprach – eine Beziehung, die ohnehin niemals würde funktionieren können.
Wirklich nicht? Erneut kamen ihr Zweifel, als er ihr tief in die Augen sah.
„Vielen Dank für diesen schönen Abend“, murmelte er. „Kann ich morgen noch mal anrufen?“
Kirsten war immer noch so verwirrt von seinem Kuss, dass sie zu stottern befürchtete, wenn sie etwas erwiderte. Deshalb nickte sie nur stumm.
Sie blickte ihm nach, als er zu seinem Wagen zurückging. Warum schloss sie nicht die Haustür auf? Wie verzaubert blieb sie stehen.
Ehe er sich ans Steuer setzte, schaute er sie über das Dach seines Wagens noch einmal an und lächelte. „Gute Nacht, Kirsten.“
„Gute Nacht.“
Er stieg ins Auto, und ihr wurde klar, dass sie genau die richtigen Worte gefunden hatte.
Es war bis jetzt wirklich eine gute Nacht gewesen.
Jeremy parkte unter einer hellen Straßenlaterne vor einem Einkaufszentrum, weil er so schnell wie möglich mit Jack Danfield sprechen wollte.
Obwohl die Wirkung des atemberaubenden Kusses nicht nachließ, versuchte er, sich auf den Anruf zu konzentrieren. Mit fahrigen Fingern wählte er die Nummer seines Kollegen.
Jack teilte ihm kurz die Ergebnisse der Röntgenaufnahme und der Computertomografie mit, und sie besprachen den Eingriff sowie die möglichen Komplikationen. Dank der technischen Möglichkeiten konnte Jeremy die Röntgenbilder und den Computerausdruck auf seinem iPhone begutachten und seinem Kollegen wertvolle Ratschläge geben.
Knapp eine Stunde später fuhr Jeremy zurück zur Double Crown Ranch und parkte neben der Scheune.
Aus den Fenstern des geräumigen Hauses, einem sandsteinfarbenen Ziegelbau mit wuchtigen Holzbalken, fiel Licht. Lily war also noch wach.
Schön. Dann würde er sich noch kurz mit ihr unterhalten können. Seit dem Verschwinden seines Vaters hatten sie es sich angewöhnt, den Tag auf diese Weise ausklingen zu lassen.
Er stieg aus dem Wagen und betätigte die Fernverriegelung, während er über den gewundenen Weg zum Haus lief. Jedes Mal, wenn er durch das schmiedeeiserne Tor zum Garten trat, der mit heimischen Stauden und Gewächsen bepflanzt war, hatte er das Gefühl, nach Hause zu kommen.
Viele Erinnerungen verbanden ihn mit der Ranch, wo er als Kind die meisten Sommerferien verbracht hatte, und wann immer er hier war, musste er an die sonnigen und unbeschwerten Tage denken, an denen er sich wie ein echter Cowboy gefühlt hatte.
Tante Lily und Onkel Ryan
Weitere Kostenlose Bücher