Verliebt in eine Kidnapperin?
Kelly genauso gut entwickelte wie die zwischen ihr und Jeremy.
Bei dem Gedanken lief es ihr auf einmal kalt den Rücken hinunter. Wann wollte Max sich mit seiner Freundin treffen? Kirsten öffnete den Mund, um ihm zu erzählen, dass sie für den Abend verabredet sei und daher nicht auf Anthony aufpassen konnte. Aus irgendeinem Grund brachte sie es nicht übers Herz. Stattdessen fragte sie: „Wann fährst du denn zu Kelly?“
Seine Antwort bestätigte ihre Sorge. „Heute Abend.“
Zu lange hatte sie befürchtet, dass ihr Bruder nie wieder glücklich sein würde. Dass er irgendeine Dummheit anstellte und in Schwierigkeiten geriet. Dass er ein Versager war.
Eine liebevolle Freundin aber änderte alles. Kelly war seine Chance. Kirsten durfte ihm keinen Strich durch die Rechnung machen. Sie würde sich für ihn opfern. Was sie im Grunde immer getan hatte.
Aber war dies nicht genau das, was Liebe ausmachte?
Kurz darauf läutete das Telefon. Jeremy war am anderen Ende der Leitung.
„Was machst du gerade?“, wollte er wissen.
„Ich trinke Kaffee. Warum?“
„Nur so. Ich wollte einfach bloß Guten Morgen sagen.“
Wie schön, dachte sie. Noch schöner wäre es nur gewesen, wenn er es zu ihr sagte, nachdem sie in seinen Armen aufgewacht war.
„Außerdem wollte ich dir sagen, dass ich für heute Abend einen Tisch im Monarch Hotel in San Antonio reserviert habe“, fuhr er fort. „Bist du immer noch bereit, überall mit mir hinzugehen?“
Und wie! Aber wie sollte sie ihm erklären, dass aus ihrem vorgezogenen Valentinstag nichts wurde?
Am besten nicht um den heißen Brei herumreden, befahl sie sich. „Nichts würde ich lieber tun. Aber Max hat heute Abend schon etwas vor. Ich muss auf Anthony aufpassen.“
„Besorg doch einen Babysitter“, schlug er vor.
„Ich weiß nicht, wen ich fragen soll.“ Sie seufzte. Ihre Enttäuschung war größer, als sie vermutet hatte. „Aber warum kommst du nicht gegen vier zu mir? Wir haben das Haus für uns allein. Ich mache ein Abendessen, und dann …“
Sie hielt inne.
„Das klingt gut. Dann bis heute Nachmittag.“
Eine Stunde später saß Kirsten mit Anthony auf dem Arm über eine Einkaufsliste gebeugt, als es an der Tür läutete.
„Ich gehe schon!“, rief sie Max zu, der in seinem Zimmer war.
Als sie öffnete, stand Cassie Rodriguez, die Tochter der Nachbarn, vor ihr.
„Hallo“, begann das Mädchen, „ich wollte fragen, ob Sie vielleicht ein paar Zeitschriften abonnieren möchten. Es ist für einen guten Zweck. Die Jugendgruppe unserer Kirche fährt in ein Waisenhaus nach Mexiko, und dafür müssen wir Geld sammeln.“
„Aber sicher.“ Lächelnd bat Kirsten den Teenager ins Haus.
„Klasse.“ Das dunkelhaarige Mädchen grinste und zeigte dabei eine Zahnklammer. Sie drückte Kirsten einen Katalog in die Hand. „Soll ich solange das Baby halten?“
„Wenn es dir nichts ausmacht.“ Sie legte dem Mädchen den Säugling in den Arm, setzte sich aufs Sofa und blätterte durch die Broschüre. „Ich nehme Eltern und Haus und Garten.“
„Prima“, freute Cassie sich. „Ihr Baby ist wirklich süß.“
„Nicht wahr? Er heißt Anthony und ist mein Neffe. Wenn es dir nichts ausmacht, ihn noch länger im Arm zu halten, hole ich rasch mein Scheckbuch.“
„Es macht mir überhaupt nichts aus. Ich liebe Babys. Ich passe auch dauernd auf meine kleinen Cousins auf.“
Während Kirsten ihre Handtasche suchte, kam ihr eine Idee. Die Rodriguez waren ausgesprochen angenehme und verlässliche Nachbarn. Und da Cassie Erfahrungen mit kleinen Kindern hatte …
Zurück im Wohnzimmer, fragte sie: „Hättest du Lust, heute Abend auf Anthony aufzupassen?“
„Klar. Das wäre toll.“
Ja, wirklich.
Max würde wohl kaum die ganze Nacht bei Kelly bleiben, und Cassie könnte spätestens um Mitternacht wieder zu Hause sein. Sie dagegen konnte Jeremy anrufen und ihm mitteilen, dass ihrer Verabredung für San Antonio nichts mehr im Wege stand.
9. KAPITEL
Jeremy war überglücklich, dass es noch doch mit ihrer gemeinsamen Nacht in San Antonio klappte. Lily sollte nicht auf ihn warten, hatte er ihr zum Abschied gesagt und ihr einen Kuss auf die Wange gegeben. Lily hatte ihn verständnisvoll lächelnd angeschaut.
Als Kirsten ihm die Tür öffnete, blieb ihm vor Bewunderung der Mund offenstehen. Sie trug ein einfaches schwarzes Kleid und hochhackige Schuhe. Ihr Haar hatte sie zu einem Knoten gebunden, und in ihren Ohrläppchen blitzten die kleinen Diamantstecker
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