Verliebt in eine Kidnapperin?
wünschte, ich hätte auch eine große Familie gehabt“, seufzte sie. „Aber es gab immer nur meinen Bruder, meine Mutter und mich.“
„Eine große Familie ist schon toll. Aber es gibt natürlich auch einen Menge Reibereien. Meine Brüder und ich sind nicht immer so gut miteinander ausgekommen. Wir haben uns oft geprügelt und die Nasen blutig geschlagen. Und manchmal sogar die Knochen gebrochen. Trotzdem haben wir zusammengehalten wie Pech und Schwefel. Und wir tun es immer noch. Um nichts in der Welt möchte ich meine Kindheit missen.“
Eine Weile blieben sie eng nebeneinander sitzen. Jeder hing seinen Gedanken und seinen Erinnerungen nach. Dazu gehörte nun auch die Nacht, die sie zusammen verbracht hatten.
Inzwischen war die Sonne am Himmel aufgetaucht. Es war hell geworden im Zimmer. Gewiss würden sie jetzt nicht mehr ins Bett gehen.
„Wie wäre es mit Kaffee?“, schlug er vor. „Ich könnte uns etwas bestellen.“
„Gute Idee“, stimmte sie zu. Sie setzte sich aufrecht hin, und Jeremy griff nach dem Telefon, das auf einem kleinen Tisch neben einer Lampe stand.
Er bestellte ein einfaches Frühstück: Kaffee, Orangensaft, frisches Obst, Toast und ein paar Muffins.
Nachdem er den Hörer aufgelegt hatte, fragte er: „Willst du zuerst unter die Dusche gehen?“
„Wenn du mir den Vortritt lässt?“ Kirsten stand auf und verschwand im Badezimmer.
Kurz darauf klopfte es. Jeremy streifte den zweiten Bademantel über und öffnete die Tür.
„Wo soll ich es hinstellen?“, fragte der Zimmerkellner.
Jeremy deutete mit dem Kopf auf den Couchtisch im Wohnzimmer. „Dorthin bitte.“
Nachdem der Kellner das Frühstück abgestellt hatte, drückte Jeremy ihm ein Trinkgeld in die Hand.
„Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?“
„Vielen Dank, das wäre alles.“ Jeremy unterzeichnete die Rechnung, und der Kellner verschwand.
Ohne auf Kirsten zu warten, schenkte Jeremy sich einen Kaffee ein.
Wenig später kam sie aus dem Badezimmer. Um das feuchte Haar hatte sie ein Handtuch gewickelt. Selbst damit sah sie umwerfend aus.
Einmal mehr hatte er das Gefühl, mit ihr das große Los gezogen zu haben.
„Kaffee?“, fragte er sie.
„Gern.“ Kirsten nahm die Tasse, die er ihr hinhielt, fügte Sahne und Süßstoff hinzu und setzte sich wieder neben Jeremy.
Unter der Dusche hatte Kirsten beschlossen, ihm reinen Wein einzuschenken. Früher oder später würde er doch alles über ihre Familie erfahren. Und so begann sie, ihm von Max und Courtney zu erzählen.
Nachdem sie ihren Bericht beendet hatte, schwieg Jeremy eine Weile. Schließlich stellte er seine Tasse auf den Tisch. „Ich finde die ganze Angelegenheit ziemlich bizarr. Du nicht?“
Bizarr?
Ihr wurde unbehaglich zumute. Hätte sie die Geschichte doch besser für sich behalten?
„Was meinst du damit?“, fragte sie.
„Dein Bruder hat diese Frau sieben Monate lang nicht gesehen, und plötzlich steht sie mit einem Baby vor der Tür, von dem er überhaupt nichts gewusst hat. Und nach allem, was du mir erzählt hast, zweifelt er sogar daran, dass er wirklich der Vater ist.“
Ihr Magen verkrampfte sich. „Vielleicht hätte er einen Vaterschaftstest machen sollen. Aber ich finde es bewundernswert, dass er das Baby angenommen hat.“
„Schon. Aber hat er überhaupt ein Sorgerecht? Was ist zum Beispiel, wenn das Baby krank wird?“
Klar, dass ein Arzt dieses Thema zur Sprache brachte. „Ich weiß auch nicht, was wir dann tun würden. So weit habe ich noch gar nicht gedacht. Aber mit Max ist Anthony auf jeden Fall besser dran als mit Courtney.“
„Und wenn es gar nicht sein Sohn ist?“
Darüber hatte sie zwar auch schon nachgedacht. Aber man musste keine Blutsverwandtschaft mit einem Kind haben, um es zu lieben und ihm ein glückliches Heim zu bieten. „Vielleicht kann Max sein Pflegevater werden?“ Immer noch besser, als es Courtney zu überlassen.
Was musste das für eine Mutter sein, die ihr Kind weggab und sich überhaupt nicht mehr darum kümmerte?
„Wenn Max tagsüber auf der Ranch arbeitet und abends zur Schule geht, dürfte es nicht leicht sein, die Familienfürsorge davon zu überzeugen, dass er ein guter Pflegevater sein kann.“
So harsch seine Worte auch waren – Jeremy hatte recht. Am liebsten hätte sie geantwortet, dass sie sich in diesem Fall selbst als Pflegemutter anbieten würde. Aber sie schwieg.
„Außerdem behauptet sie, keine Geburtsurkunde zu haben“, fuhr Jeremy fort. „Warum nicht?“
Kirsten
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