Verliebt in einen Fremden
in den Vordergrund, und die ständige Erinnerung an ihre Affäre im Snow Bird Resort grenzte an mentale
Folter. Wieso küsste er sie so glutvoll, obwohl er sich doch absolut nichts aus ihr machte? Es war dumm von ihr zu bleiben und sich diesem Psychostress auszusetzen. Aber, so fragte sie sich skeptisch, wäre es nicht noch schlimmer, wenn sie jetzt abreiste und Zack Prescott nie wiedersähe? Wenn sie ehrlich war, musste sie diese Frage mit Ja beantworten.
Nach einem langen, zerrissenen Seufzer schlief sie erschöpft ein.
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Am nächsten Morgen kommentierte Rayburn weder die dunklen Schatten unter ihren Augen noch das blasse, übernächtigte Gesicht. Camille entschuldigte sich für ihr kindisches Benehmen beim Abendessen und versuchte sogar noch, sich darüber lustig zu machen, trotzdem wusste sie, dass der sensible alte Herr sie durchschaute.
Gleich nach dem Frühstück widmete Camille sich der Verschönerung des Treppengeländers. Nachdem sie Staub und Schmutz abgebürstet hatte, der sich über die Jahre auf dem Schnitzwerk abgesetzt hatte, musste es wieder auf Hochglanz poliert werden. Das war ein aufwändiger Prozess, für den sie mehrere Stunden einkalkulierte. Genau das Richtige , sinnierte Camille, um mich von meinen Problemen abzulenken. In ihrer ältesten Jeans, das Haar unter einem Tuch verborgen, machte sie sich an die Arbeit.
Zwei volle Tage brachte sie damit zu, dann entsprach das Treppenhaus exakt ihren Vorstellungen. Rayburn hatte angeboten, ihr eine tatkräftige Hilfe zu besorgen, aber sie lehnte ab und machte alles allein.
Nachdem die Arbeit an dem Treppenaufgang beendet war und der warme Holzton wieder richtig zur Geltung kam, waren die Böden an der Reihe. Obwohl groÃflächig mit Teppichen bedeckt, entschied Camille, dass das Parkett
in den jeweiligen Räumen abgezogen und neu versiegelt werden müsse. Dafür hatte sie die OâMalleys bestellt, Vater und Sohn, die diese unangenehme, schier undurchführbare Aufgabe übernahmen.
Als die OâMalleys am ersten Tag zur Arbeit erschienen, hatte Camille augenblicklich ein gutes Gefühl und war froh, dass Rayburn ihr die beiden empfohlen hatte. Sean OâMalley war beileibe nicht mehr der Jüngste, aber ungemein elanvoll und mit Begeisterung bei der Arbeit. Rick OâMalley mochte ungefähr in Zacks Alter sein. Aschblondes Haar, aufgeweckte hellbraune Augen und ein strahlendes Lächeln machten ihn auf Anhieb sympathisch. Er flirtete ungeniert mit Camille, aber so charmant, dass sie sich dem nicht entziehen konnte. Sie scherzte und schwatzte angeregt mit ihm, dabei vergingen die langen, anstrengenden Arbeitsstunden wie im Flug.
Rick, der etwas kleiner war als Zack und ein wahres Muskelpaket, arbeitete nicht minder zügig und effizient als sein Vater. Er plauderte launig mit Dearly, Simon und Rayburn, wenn sie ihm bei der Arbeit zusahen. Nach ein paar Tagen stellte Camille jedoch fest, dass er fast nie von sich erzählte. Manchmal fiel ihr eine leichte Melancholie an ihm auf, die sein sonst so fröhliches Gesicht überschattete und die er hastig überspielte, sobald er sich beobachtet fühlte.
Eines Nachmittags begleitete sie die OâMalleys nach der Arbeit zur Tür. Sean OâMalley lief schon voraus zu dem Lieferwagen, der in der Auffahrt parkte, doch Rick blieb noch kurz bei Camille stehen und fragte sie schüchtern, ob sie am Freitagabend mit ihm ausgehen wolle.
»An diesem Wochenende findet ein Footballturnier der Highschool statt. Eine richtig groÃe Sache. Die ganze Stadt fiebert diesem Ereignis entgegen. Hätten Sie nicht Lust, mit mir hinzugehen?«
Sie zögerte kurz, zumal sie Zack und dessen Reaktion im Hinterkopf hatte. »Ja«, sagte sie dann lächelnd. Was ging es Zack an, mit wem sie sich verabredete? Sie war erwachsen. Und er hatte sie schlieÃlich nicht gepachtet!
»Gut. Also dann bis morgen.« Rick sprang die Stufen hinunter und rannte fröhlich pfeifend zu dem Lieferwagen.
Am Freitagnachmittag, als Camille auf Händen und Knien in einer Ecke des Salons beschäftigt war, brachte Simon eine Kanne eisgekühlte Limonade.
Rick trat zu ihr und zog sie auf die FüÃe. »Machen Sie mal Pause, junge Dame«, frotzelte er, während er ihr beim Aufstehen behilflich war. »Sehen Sie sich dieses Gesicht an! Wir wollten doch den Boden streichen und nicht uns gegenseitig«, lachte er. Prompt zog er
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