Verliebt in einen Gentleman
Kittelschürze und tippt eine Nummer ein.
Während sie in das Telefon hineinpiepst, driften meine Gedanken ab.
Will ich das überhaupt? Vielleicht ist Cambridge im Herbst doch nicht ganz so ein toller Traum, wenn man nur eine Abstellkammer hat, in die man sich zurückziehen kann. Herbst bedeutet auch, dass es früh dunkel wird. Und kalt. Ich sehe mich schon mit meinem inneren Auge, wie ich frierend durch die dunklen Straßen der Universitätsstadt irre, weil ich nicht weiß, was ich mit mir anfangen soll.
Vielleicht wäre es klüger, bei den Lanes zu bleiben und ab und zu nach London zu fahren, oder die nähere Umgebung zu erkunden.
Doch jetzt klappt Mandy ihr Handy zu und sagt: „So, es ist alles in trockenen Tüchern. Emmy sagt, dass du kommen kannst. Du musst nur deine eigene Bettwäsche mitbringen, eine Decke und ein Kissen kannst du von ihr bekommen.“
Ich frage vorsichtig: „Und was berechnet sie mir für die Woche?“
Mandy macht eine wegwerfende Geste.
„Ach, gar nichts. Du kannst gratis bei ihr wohnen. Sie meint, für das Loch kann man nicht wirklich etwas mit gutem Gewissen kassieren.“
Na toll. Das hört sich ja sehr vertrauenerweckend an.
Andererseits hätte ich ein Dach über dem Kopf und ein Bett. Gratis. Dafür könnte ich mich auch einmal in einem netten Café oder Restaurant aufwärmen.
Wenn es ganz unerträglich wird, kann ich einfach zurück nach Gatingstone fahren.
Also sage ich: „Wunderbar! Ich finde es sehr nett von dir, dass du das für mich eingefädelt hast. Wie finde ich deine Kusine, wenn ich in Cambridge bin?“
„Ich schreibe dir ihre Nummer und Adresse gleich auf, wenn wir hier fertig sind“, sagt Mandy, greift wieder nach der Schere und schnippelt weiter.
Vor lauter Reiseplanung, habe ich nicht richtig aufgepasst. Mir scheint, dass meine Haare viel kürzer geworden sind, als ich sie je hatte.
Mandy fragt: „Gefällt es dir so?“
Ich sage besorgt: „Ich weiß nicht. Es scheint mir recht kurz geworden zu sein.“
Mandy erwidert: „Der Spliss war ziemlich lang. Um an die gesunden Haarbereiche zu kommen, musste einiges ab. Schau, du kannst sie immer noch zusammenmachen, wenn du willst.“ Sie zieht meine Haare nach hinten und bündelt sie an meinem Hinterkopf. Dabei entdeckt sie etwas.
„Oh, du hast dort ja eine Narbe.“ Sie berührt die Stelle hinter meinem Ohr mit einer kühlen Fingerspitze. „Sogar eine ziemlich lange. Ein Unfall?“
Ich beantworte ihre Frage nicht.
Stattdessen sage ich ziemlich brüsk: „Na prima, dann bin ich wieder präsentabel. Danke für den Haarschnitt. Was bin ich dir schuldig?“
Mandy wirkt vor den Kopf gestoßen, sagt aber nichts. Sie bindet das Cape von meinem Hals ab, schüttelt meine abgeschnittenen Haare auf den Boden und eilt zur Kasse.
Ich bezahle und nehme den Zettel in Empfang, auf dem Mandy die nötigen Angaben für Cambridge notiert hat.
„Danke“, sage ich, „ich werde deine Kusine von dir grüßen, wenn ich darf.“
„Oh ja, bitte. Ich wünsche dir schöne Ferien und eine tolle Zeit in Cambridge.“
Ich lächle sie freundlich an. Ich schäme mich ein bisschen dafür, dass ich gerade ruppig war.
„Ich werde dir davon berichten“, verspreche ich, und verlasse daraufhin den Salon.
In den nächsten Tagen dreht sich das Gespräch im Lehrerzimmer zunehmend um die Kurzferien.
Anne fährt zu ihrer Mutter nach Schottland. Gill bleibt zu Hause. Mr. Henley fährt nach Paris.
„Was machst du?“, fragt Anne mich in einer Pause.
„Ich werde zum Sightseeing nach Cambridge fahren.“
Alle beglückwünschen mich sofort zu der Entscheidung.
„Das ist ein guter Plan“, sagt Mr. Henley. „Sie werden Cambridge mögen. Es ist wirklich eine äußerst sehenswerte Stadt. Es gibt neben den herrlichen alten Universitätsgebäuden, den Colleges, auch wunderbare Kirchen und Museen. Nur schade, dass es so schwer zugänglich ist, wenn man mit der Bahn fährt.“
Ich sehe ihn fragend an.
„Nun“, sagt er, „das ganze Bahnsystem ist in der Hinsicht sehr unpraktisch in England. Alle Bahnverbindungen laufen über London. Eigentlich fährt man von Gatingstone nach Cambridge mit dem Auto nur knapp eine Stunde, aber mit der Bahn dauert es gut das Doppelte.“
Doch da fällt Anne etwas ein. „Ich weiß definitiv, dass Ethan für die Woche nach Cambridge fährt. Sein Bruder promoviert am Trinity College und er will ihn besuchen. Bestimmt nimmt er dich in seinem Auto mit. Ich werde ihn für dich fragen.“
Sofort klopft
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