Verliebt in einen Unbekannten
unterbrochen, der laut schmatzend seine Klöten leckte.
Ich trank einen Schluck Tee und lächelte strahlend. »Nun, Bowes, ich bin absolut begeistert. Auf dich!« Ich prostete ihm so überschwänglich mit meiner Tasse zu, dass ein ganzer Schwall Tee auf seinem hübschen Schalkragenpyjama landete. »Oh Mist! Tut mir leid!«
»Ach, egal«, sagte er leichthin und wischte den Tee mit einem Küchentuch ab. »Das ist ganz schön aufregend, nicht wahr?« Er zögerte. »Ich bin dir echt dankbar.«
Ich beäugte ihn vorsichtig und wartete darauf, dass er fortfuhr.
»Das hätte ich nie allein geschafft«, erklärte er. »Diese E-Mails haben alles verändert. Ich hätte einfach weiter rumgelungert und Junkfood in mich hineingestopft. Diesen Job habe ich dir zu verdanken.«
Exakt! , dachte ich. Wir sind ein Team! Tu mir das nicht an!
Sam trank seinen Tee aus und stand auf. »Wir sollten uns besser verabschieden«, sagte er ans Fenster gerichtet. »Kann sein, dass wir uns eine Weile nicht mehr sehen. Obwohl du mit deiner vielen neuen Freizeit ruhig mal für ein Wochenende nach London kommen könntest. Wir könnten einen draufmachen.«
»Klingt gut«, antwortete ich. Wir wussten beide, dass ich nicht kommen würde.
Ich stand auf. »Nun dann, bye-bye«, sagte ich und umarmte ihn. »Gratuliere!«
»Ich hoffe, deinem Dad geht es bald wieder besser«, sagte er und ging zur Tür. »Und ich hoffe, dass du dir eine richtige Auszeit nimmst, Chas. Ich weiÃ, dass du wieder in First Date Aid einsteigen wirst, aber erst mal solltest du dir eine Pause gönnen. Was dir selbst mit einem gebrochenen Bein und gebrochener Hüfte nicht leichtgefallen ist.«
»Ich werde mir eine Auszeit nehmen. Aber ich freue mich auch darauf, First Date Aid zusammen mit dir voranzubringen«, fügte ich hoffnungsvoll hinzu. Ich betete, Sam würde mich damit nicht auch noch im Regen stehen lassen.
Zu meiner groÃen Erleichterung nickte er begeistert. »Unbedingt! Schauspieler haben ein lockeres Leben, Chas. Ich werde jede Menge Zeit haben. Vermutlich telefonieren wir täglich miteinander!«
Jetzt fühlte ich mich richtig elend. Natürlich würden wir nicht jeden Tag miteinander telefonieren. Bald schon wäre er völlig von seinem neuen Leben absorbiert, und ich würde meine Tage damit verbringen, stumm herumzusitzen und im Auftrag von total Fremden E-Mails an total Fremde zu senden.
»Ich hoffe , dass wir jeden Tag miteinander telefonieren«, fügte Sam nach einer Pause hinzu. Sein Gesicht hatte sich verfinstert, und ich stellte fest, dass er selber ziemlich traurig aussah. Ich hatte plötzlich einen Kloà im Hals. Das konnte doch nicht wahr sein!
»Um was für ein Stück handelt es sich eigentlich?«, fragte ich, als Sam zum Abschied Malcolm umarmte.
Sam lächelte. »Der Sturm.«
Ich schnappte nach Luft. Obwohl ich keine Ahnung von Shakespeare hatte, war mir Der Sturm durchaus ein Begriff. Sams althergebrachte Anmache, die er schon seit unserer ersten Begegnung an der Uni von Glasgow benutzte, stammte aus Shakespeares Sturm. Ich wusste nicht, warum, doch ich durchlebte ein eigentümliches Wechselbad der Gefühle, als ich den jungen Mann, der da vor mir stand, betrachtete. »Wow, Sam! Wen spielst du?«
Sams Lächeln ging in ein breites Grinsen über. »Den Ferdinand!«
»Erzähl mir nicht, dass das der Kerl ist, den du immer zitierst?«
»Doch! Volltreffer!«
»Brillant«, sagte ich, nun aufrichtig amüsiert. »Nun, dann lass uns mal hoffen, dass das Mädel, das die Miranda spielt, hübsch ist und du es ehrlich meinst, wenn du den Vers zitierst!«
Sam lachte verlegen. »Ãhm, ja, das will ich hoffen.«
Inzwischen standen wir an der Tür, ein kalter Luftzug fegte durch die Küche. »Ich bin so froh, dass alles so gekommen ist«, sagte Sam und lächelte, bevor er sich endgültig zum Gehen wandte. Eine leichte Röte kroch seinen Nacken empor. »Du hast mein Leben völlig verändert, Chas.«
Und damit sprang er die Stufen hinunter und verschwand um die Ecke, die Hände tief in den Hosentaschen versenkt, den Mantelkragen gegen den kalten Wind hochgeschlagen.
» CHARLEY ?« Erschrocken kam ich wieder zu mir. Hailey stand hinter mir in der Küche, während Malcolm aufgeregt um sie herumsprang. Sie sah besorgt aus.
»Hi«,
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