Verliebt in einen Unbekannten
Begeisterung.
»Ach, herrjemine!«, rief Dad aus. »Du dreister kleiner Amor ⦠Wenn Jane mich wegen eines gutaussehenden jungen Inders verlässt, werde ich deine Dienste ganz sicher in Anspruch nehmen.«
Mum ignorierte ihn. »Wirst du davon deinen Lebensunterhalt bestreiten können, Charley?«, fragte sie besorgt.
Ich erzählte ihnen von dem Riesenaufschwung, den Sam dem Unternehmen verschafft hatte, seit wir Partner geworden waren. Er hatte wichtige Medien für die Berichterstattung gewonnen, unsere Dienste auf männliche Kunden ausgeweitet und unsere Website so au f Vordermann gebracht, dass sie nicht mehr nur nett und funktional war, sondern derart genial, dass man allein fürs Anschauen bezahlen würde. »Er hat schier Unglaubliches geleistet!«, schwärmte ich.
»Charleys Dating-Agentur ist brillant«, berichtete Hailey meinen Eltern voller Ãberzeugung. »Ihr könnt sehr stolz auf sie sein. Ich denke da nur an diese hässliche Frau, die aussah wie fauliges Gemüse ⦠Charley ist es gelungen, ihr ein Date mit dem bestaussehenden Mann von ganz Brighton zu verschaffen, da sieht man mal, wie gut sie ist!«
»Ach ja, Sonia«, erinnerte ich mich. »Ja, bei ihr habe ich mir richtig Mühe gegeben. Und als sie mir am Tag danach mailte, wie gut es gelaufen sei, hätte ich mich fast in den Zug nach London gesetzt, um sie zu umarmen! Das arme Mädchen hatte absolut kein Selbstvertrauen, und es war wirklich toll, ihr helfen zu können.«
»Du liebst das ja wirklich«, stellte Ness fest, die mich nicht aus den Augen gelassen hatte. »So hast du nie über Salutech gesprochen.«
»Das stimmt, du hast immer so abgeklärt gewirkt, so geschäftsmäÃig, wenn du von deiner Arbeit erzählt hast«, pflichtete Katy ihr bei.
»Hört, hört!«, rief Dad. »Unser cleveres, tapferes kleines Ferkel geht seinen eigenen Weg! Auf Ferkel!«
Wir stieÃen mit unserem Orangensaft an. Ich strahlte. Doch trotz allem verspürte ich einen Anflug von Traurigkeit. Der Grund dafür war Sam. Sam Bowes â ohne den First Date Aid nicht mehr als ein Hobby geblieben wäre â verlieà vermutlich soeben zum letzten Mal meine Wohnung, voller Zielstrebigkeit und Ehrgeiz, unterwegs zu gröÃeren, verheiÃungsvolleren Zielen. Es war das Ende einer langen gemeinsamen Zeit. Und das tat weh.
Sehr viel später, als Ness, Katy und Hailey längst aufgebrochen waren und ich Mums und Dads Haus gründlich aufgeräumt, die Bilder in meinem alten Zimmer neu arrangiert, Malcolm noch einmal rausgebracht und anschlieÃend ein formelles Kündigungsschreiben an Salutech verfasst hatte, legte ich mich aufs Bett und versuchte, mich zu entspannen.
Binnen dreiÃig Sekunden stellte ich fest, dass das Motto »Immer mit der Ruhe!« ausgesprochen schwierig umzusetzen war.
Ein paar Minuten später ging ich schon wieder nach unten, machte mir einen Kräutertee und zwang mich, mich aufs Sofa zu setzen und ihn ganz langsam zu trinken. Ich versuchte, tief und langsam ein- und auszuatmen, so wie es erleuchtete Menschen taten. Ein ⦠und aus. Ein ⦠und aus.
DU SOLLTEST DICH ZUERST UM DEINE FIRST - DATE - AID -E- MAILS KÃMMERN , meldete sich die Stimme in meinem Kopf lautstark zu Wort. ODER LOSZIEHEN UND DIR EINE ZEITUNG KAUFEN . ODER DEN OFEN REINIGEN . ODER ALLES DREI TUN . UND ZWAR AM BESTEN GLEICH .
Ich öffnete ein Auge und sah Malcolm vor mir sitzen. Er starrte mich verwirrt an. »Ich versuche, mich zu entspannen«, erklärte ich ihm. »Versuche, einfach zu sein , wenn du verstehst, was ich meine.«
Sein Blick drückte Zweifel aus.
Als ein paar Minuten später mein Handy klingelte, sprang ich auf und schnappte danach, als hinge mein Leben davon ab. Wie ich es schaffen sollte, ohne meine Arbeit geistig halbwegs gesund zu bleiben, war mir ein Rätsel.
Es war Shelley, die mich anrief, um mir von einer weiteren Investorenveranstaltung zu erzählen, zu der sie Sam und mich in der nächsten Woche angemeldet hatte. Seltsamerweise war sie gar nicht beleidigt gewesen, als ich ihr nach dem verunglückten Abend im Balmoral eine E-Mail geschickt hatte, in der ich mich bei ihr für ihr Engagement bedankte und ihr ehrlicherweise gestand, dass es uns nicht gelungen war, irgendwelche Geldgeber an Land zu ziehen. Kein Problem, es gibt andere Optionen , hatte sie
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