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Verliebt in einen Unbekannten

Verliebt in einen Unbekannten

Titel: Verliebt in einen Unbekannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Robinson
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Braue in die Höhe, doch er vermied es, mir in die Augen zu blicken. Stattdessen schnappte er sich mit den Fingern ein riesiges Stück Eierpampe, tunkte es in eine Ketchup-Pfütze und schaufelte es sich in den Mund.
    Â»Sam«, versuchte ich es noch einmal, fest entschlossen, ihn dazu zu bringen, mir zu glauben, »alles läuft großartig. Ich habe mein eigenes Unternehmen gegründet. Ich nehme meine Mandarinstunden, und laut meiner Physiotherapeutin bin ich meinem Zeitplan weit voraus! Vermutlich kann ich schon bald wieder zur Arbeit gehen! Wenn ich weiter solche Fortschritte mache, bin ich sogar rechtzeitig zur Markteinführung von Simitol wieder da! Alles läuft wunderbar!«
    Sam wirkte zutiefst erleichtert. »Klingt super, Chas.«
    Ich ertappte mich dabei, dass ich inständig hoffte, er würde mir glauben. Alles lief wunderbar. Nicht nur, dass ich weiter Chinesisch lernte und ein kleines Start-up-Unternehmen führte, ich schrieb außerdem einen Blog und erreichte regelmäßig mein Leseziel von einem historischen Roman pro Woche (niveaulose Lektüre zählte nicht). Zudem hatte ich einen anonymen Twitter-Account eingerichtet, der binnen fünf Wochen mehr als zweihundert Follower aufweisen konnte. Ich war vielleicht nicht in der Lage, so viel zu bewältigen wie sonst, aber ich hatte mich, anders als erwartet, ganz und gar nicht gelangweilt.
    Und ich war ziemlich stolz darauf, dass ich mich so kreativ beschäftigte, während ich ans Bett gefesselt war.
    Später, nachdem der arme Sam mich seitlich aus dem »Panzer« ins Bett gehievt hatte, fuhr ich meinen Laptop hoch. Iain hatte Joanna bereits zurückgeschrieben (natürlich) und wartete nun seinerseits atemlos auf »ihre« Antwort. »Mitglied ist im Augenblick online!«, verkündete sein Profil. Es tat mir ein bisschen leid für den guten alten Iain, der jetzt mit Sicherheit in seinem Schlafzimmer in Tooting auf und ab tigerte und alle paar Minuten seinen Browser aktualisierte, »nur um sicherzugehen«. Er war definitiv online-verliebt.
    Auch meine jüngere Schwester Katy hatte sich letztes Jahr im Internet-Dating versucht – nicht weil sie es nötig hätte, nein, sondern ganz einfach, weil sie es »echt saukomisch« fand. Doch sie hatte ihr Profil zwei Wochen später gelöscht, weil sie sich binnen vierzehn Tagen »dreimal cyberverliebt« hatte. Sie hatte mir von allnächtlichen E-Mails berichtet und dass sie manchmal nicht ein Wort von einer Unterhaltung mitbekommen hatte, weil sie ständig mit ihrem Handy beschäftigt gewesen war. Scheinbar hatte sie einmal einen ganzen Nachmittag damit verbracht, die Columbia Road auf und ab zu schlendern, weil irgendein Typ, in den sie sich »verliebt« hatte, dort arbeitete und sie sich nicht mehr die drei Tage bis zu ihrer Verabredung gedulden konnte.
    Katy war nicht verrückt. Jung, ja, unvernünftig, definitiv … aber verrückt, nein. Liebe im Internet musste daher ein weitverbreitetes Phänomen sein.
    Als ich Matty für Hailey an Land gezogen hatte, war mir bewusst geworden, wie real dieses Phänomen war. Trotz der Tatsache, dass er als Landschaftsgärtner tätig war und jeden Tag in der Wildnis von Fife arbeitete, schien er permanent online zu sein – seine Antworten waren stets binnen Sekunden erfolgt. (Wie ich Matty kannte, hatte er vermutlich einen WLAN -Hotspot auf dem Anwesen von Falkland Palace ausfindig gemacht und den Empfang mit Hilfe eines Drahtkleiderbügels und eines Eierkartons verstärkt.)
    Nach meiner erfolgreichen Kuppelei tat ich das Gleiche für meine Cousine Anna mit Peter aus Glasgow, für meine Schulfreundin Michelle mit Sean aus Berwick und für viele andere, die mich darum baten. Sie wählten die Männer aus, ich schrieb die E-Mails.
    Jeder Einzelne ging mir an die Angel, obwohl ich persönlich gar nichts während unserer Flirts empfunden hatte. Vielleicht lag es daran, dass ich so tat, als wäre ich jemand anders – auf jeden Fall blieb ich emotional völlig unbeteiligt, vielleicht war ich auch einfach nur blockiert. Trotz allem erkannte ich, dass diese Internet-Liebschaften kein Spaß waren. Erwachsene Männer warfen ihren Stolz über Bord und sich selbst zu Füßen all dieser Cybergirls.
    Â»Ich weiß, was du durchmachst, Iain, alter Kumpel«, sagte ich zu meinem Computer. »Halt durch.«
    Â»O MANN !«,

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