Verliebt in einen Unbekannten
zögern.
»Warum nicht?«
Ich seufzte. Männer und Frauen waren so grundverschieden! Für mich hatte ein Date am Wochenende eine ganz besondere Bedeutung â wegen einer Dienstagsverabredung hätte ich mir ganz bestimmt kein Bein ausgerissen â, aber das konnte ich ihm wohl kaum erklären.
»Grrr. Bowes, das ist kompliziert, aber Fakt ist doch, dass sie eine Frau ist und ihm deshalb unmöglich den Freitagabend vorschlagen kann. Basta. Wenn William den Termin vorschlägt, ist das etwas ganz anderes, da kann sie ohne weiteres Ja sagen.«
Sam setzte ein gequältes Gesicht auf. »Ich komme mit Frauen einfach nicht klar.«
Ich kam ihm keinen Millimeter entgegen.
»Nun, ich sehe schon, dass ich hierbei nicht gewinne, Chas. Dann bleibt es eben bei Donnerstag. Und ich schreibe zurück und schlage stattdessen den Freitagabend vor.«
Doch dann roch ich Lunte. Wenn ein Mann ein Date am Freitagabend vorschlug, wollte er normalerweise Sex. »Was ist denn so besonders am Freitag, Bowes?«, hakte ich misstrauisch nach.
»Ich weiÃ, was du denkst, aber du irrst dich. Es ist bloà so, dass sie am Donnerstag erschöpft sein wird. Wenn sie sich dagegen am Freitag treffen, kann sie erst einmal ausschlafen und hat das ganze Wochenende noch vor sich.«
Ich musterte ihn, nicht wirklich überzeugt.
»Chas, komm schon! Frauen wie Shelley haben am Wochenende nie etwas vor! Sie stopfen ihre Woche randvoll, doch am Freitag- oder Samstagabend haben sie nichts zu tun â auch wenn sie es nicht zugeben!«
Ich errötete. Er hatte recht. Freitagabend war mein »Mädelsabend«, doch meist verkroch ich mich einfach in meinem Zimmer und plante, was ich am Wochenende alles unternehmen wollte. Es war mir schrecklich peinlich, dass Sam das mitbekommen hatte. »Na schön, dann machen wir es so. Aber jetzt muss ich wirklich weiterarbeiten.«
Nachdem er wieder zum Laufen abgedüst war, spürte ich, wie ich schlechte Laune bekam. Es gefiel mir nicht, dass Sam um mein kleines Geheimnis wusste, und ich kam mir blöd vor, dass er mich durchschaut hatte. Ich schloss meinen E-Mail-Account, erleichtert, mich wieder meiner eigentlichen Arbeit zuwenden zu können, doch gerade als ich eine Dokumentenmappe aus meiner Aktentasche nehmen wollte, hörte ich, wie sich in der Haustür ein Schlüssel drehte, und hereinspaziert kam ein riesiger Blumenstrauà mit Sam dahinter.
»Bowes?«, sagte ich unsicher. Die Smoothies und das Lauf-Outfit waren schwer genug zu verdauen. Jetzt musste ich auch noch damit fertigwerden, dass Sam über Nacht zum Blumenkäufer mutiert war.
»Für dich«, sagte er und trat auf den Tisch zu. Er legte die Blumen ab und lieà sich auf einen Stuhl sinken, um zu verschnaufen. Er verschwand regelrecht hinter den Blumen.
»Was soll das? Warum kaufst du mir Blumen?« Ich war, gelinde gesagt, schockiert. »Sam, wir sind Geschäftspartner, du solltest doch nicht â¦Â«
»Die sind gerade für dich abgegeben worden, du Spinnerin.«
Ich errötete noch mehr. Ich Volltrottel! Warum sollte Sam mir auch Blumen kaufen? Knallrot und verlegen zog ich eine Karte aus dem Bouquet und öffnete sie.
Es tut mir so leid, dass deine GroÃmutter krank ist. Bitte ruf mich an, wenn du Unterstützung mit Krankenhäusern/Ãrzten/Behandlungsmethoden brauchst. Ich kenne ein paar Leute und kann dir helfen.
J. x
Ich musste mich setzen. John hatte mir nie auch nur einen Kaffee spendiert, und nun schenkte er mir einen Blumenstrauà von der GröÃe eines Kleinlasters? Was war nur in ihn gefahren? Was wollte er von mir? Ich fühlte mich hin und her gerissen. Ein Teil von mir wusste, dass ich das alles schon mal durchgemacht hatte, dass John ziemlich eindeutige Signale aussendete, die â wie sich stets herausstellte â doch nichts zu bedeuten hatten. Als ich in London gewesen war, hatte ich mir geschworen, nie mehr von Männern zu träumen, die nicht wirklich an mir interessiert waren.
Seit meiner Rückkehr aber hatte John Signale ausgesandt. Deutliche Signale, um genau zu sein. Er hatte wie üblich mit mir geflirtet, mein Bein befummelt und mich mit seinem Zahnpastalächeln angestrahlt, doch ich hatte ihn mehrere Male dabei ertappt, wie er mich auf zärtliche Art und Weise ansah. Gestern hatte ich mich drauÃen auf eine Bank unter den gelb verfärbten Ahorn gesetzt und im
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