Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
weil es wie eine Beleidigung wirkte, eine Beleidigung ihrer Intelligenz.
Sie schnaubte. »Schön, dass du dich amüsierst«, sagte sie und wollte aufstehen, aber Cullum hielt sie zurück. Also setzte sie sich vom Boden auf die Bank der Kutsche, und er setzte sich neben sie.
»Sie sind vorübergehend außer Gefecht gesetzt«, erklärte er, »nicht tot, aber auch nicht gerade lebendig, und wenn sie in ein paar Tagen zu sich kommen, werden sie sich an nichts mehr erinnern.«
Emily starrte ihn an. Seine helle Haut zeichnete sich grau gegen den dunklen Hintergrund ab, und es beunruhigte sie, nicht den Ausdruck in seinem Gesicht lesen zu können.
»Was war das für ein Licht?«, fragte sie.
»Energie, nehme ich an.«
»Lebensenergie?«
»Womöglich. Wer weiß.«
Emily rieb sich die Stirn. »Gibt es keine weniger gewaltsame Methode, Unschuldige, die euch bei euren … Aufgaben im Weg stehen, unschädlich zu machen?« Sie seufzte. Sie musste aufpassen, dass Cullum nicht erreichte, was er vermutlich von Anfang an bezweckt hatte. Dass sie Matt infrage stellte. Dass sie begann, an ihm zu zweifeln.
Cullum hob eine Augenbraue. »Weniger gewaltsam als nahezu schmerzfrei und, sagen wir, mit den himmlischen Auswirkungen einer Amnesie verbunden?«
Emily antwortete nicht. Wie spät war es? Sie fühlte sich so leer. Sie konnte nicht mehr denken.
»Sie werden aufwachen und dann sind sie wie neu.«
Emily schwieg.
Schließlich fragte sie: »Diese Anna – könnte das unsere Amber sein? Haben wir ihren Namen falsch verstanden?«
Cullum wiegte den Kopf hin und her. »Ja, vielleicht«, sagte er. »Keine Ahnung.« Er schien einen Augenblick zu überlegen, dann fuhr er fort: »Das hat was, findest du nicht?«
Emily runzelte die Stirn. »Was hat was?«, fragte sie.
»Na, wir beide, hier in dieser Kutsche. Wie in diesem Film – was war das gleich?« Er tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Schläfe. »Silly steht so drauf, und ich fürchte, Joe auch. Wie hieß denn der Kerl? Leo DiCaprio und Kate …«
»Himmel, Cullum, du bist widerlich.« Mit einem Satz war Emily aufgesprungen und drängte an ihm vorbei aus dem Wagen. Matt hatte gerade zwei Menschen aus dem Weg geräumt, und er dachte an die Liebesszene aus Titanic? Sie hob den Saum ihres Kleids an und lief so schnell es ging auf den mondbeschienenen Ausgang des Stalls zu. Draußen blieb sie stehen und atmete tief ein, während sie darauf wartete, dass Cullum sie einholte. Er grinste breit und zwinkerte ihr zu, als er an ihr vorbeiging und den Weg zurück zur Ruine einschlug.
Sie sprachen kein Wort, bis sie dort ankamen.
Emily ging zurück zu ihrem Schlafplatz und nahm ein Bündel Stoff in die Hand, das ihr vorher als Kissen gedient hatte. Es war Matts Jacke. Er musste sie unter ihren Kopf geschoben haben, bevor er sich auf den Weg zu dem Gut gemacht hatte.
Emily faltete sie zusammen und legte sie in ihren Schoß.
Matt war nicht hier.
Es war immer noch tiefe Nacht, doch an Schlaf war nicht mehr zu denken.
Gedankenverloren strich Emily über den Stoff, als sie spürte, dass Cullum sie beobachtete.
»Du weißt, warum ich wollte, dass du siehst, was Matt tut? Was er tun kann?«
»Allerdings«, antwortete Emily bitter. »Aber ich muss dich enttäuschen: Er tut, was er tun muss. Und das ändert nichts daran, wie ich zu Matt stehe. Wir sind Freunde.« Sie starrte Cullum an. Er sollte verdammt noch mal wissen, dass er damit aufhören konnte.
Cullum zuckte mit den Schultern. »Matt tut, was er tun muss, wie jeder von uns. Absolut richtig. Ich wollte, dass du siehst, wie er es tut.«
»Wie meinst du das?« Emilys Herz begann zu hämmern.
»Hast du sein Gesicht gesehen?«
»Was soll das, Cullum?«
»Es zermürbt ihn«, sagte er. »Es höhlt ihn aus. Es zieht ihn in die Tiefe. Und mit ihm jeden, der ihm nahesteht.«
7
S ie hasste ihn. Vom ersten Augenblick an, aus tiefstem Herzen und obwohl er noch nicht ein einziges Wort an sie gerichtet hatte: Sie hasste ihn. Mehr noch als Cullum.
»Also, Mr. …«
»Chauncey. Matt Chauncey.«
Chauncey? Emilys Augen weiteten sich einen Moment lang, dann blickte sie wieder zu Boden. Chauncey.
»Gut, Mr. Chauncey. Sie wollen mir also erklären, Sie seien zufällig hier auf unser Gut gekommen, gemeinsam mit ihrem Cousin, Mr. …«
»La Barre, Sir. Cullum La Barre.«
»La Barre?«
»Französische Vorfahren, Sir.«
»So.« Der Mann musterte Cullum, dann Matt, dann Emily, die unter ihrem mittlerweile zerrupften Kringel-Pony
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