Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
gegessen.
Sie lag schon mehr auf dem Küchentisch, als dass sie saß, also verabschiedete sie sich von den beiden Mädchen. Becky reichte ihr eine Kerze, und so schleppte sie sich die Treppe hinauf in ihre Dachkammer. Das schräge Geklimper von Marys Spinettspiel klang furchtbar, und leider konnte sie es auch dann noch hören, als sie die Tür zu ihrem Zimmer hinter sich geschlossen hatte.
Sie stellte die Kerze auf ihrem Nachttisch ab, ließ sich in ihren Kleidern auf die Pritsche fallen und schlief dennoch auf der Stelle ein.
Sie dachte nicht an Matt, den sie seit dem Vorfall im Salon nicht mehr gesehen hatte.
Sie dachte nicht an das Holzkästchen, das unter ihrem Bett darauf wartete, sein Geheimnis zu lüften.
Das Licht der Kerze malte Emilys ruhig atmenden Schatten an die Wand, während sie tiefer und tiefer in einen beunruhigenden Schlaf sank.
8
D iesmal konnte es unmöglich einer dieser Träume sein. Noch während Emily an ihrem Dämmerzustand festhielt, formte sich der Gedanke in ihr, dass diese Vision auf keinen Fall wahr werden konnte. Liebe Güte, sie hätte nie gedacht, dass er sie überhaupt je wieder küssen würde. Und nun das.
Matt bedeckte ihr Gesicht mit seinen warmen, weichen Lippen, als hätte er nie etwas anderes getan. Und sie, sie hielt ihn umschlungen, als wollte sie ihn nie mehr loslassen.
Nie.
Mehr.
Emilys Herz klopfte so laut, dass sie fürchtete, er könnte es hören. Oder war es sein Herz? Es klopfte. Ihre Konzentration ließ nach, und Matts Gesicht löste sich auf vor ihren Augen. Sie wollte es festhalten, aber … Es hämmerte geradezu, und dieses Geräusch riss sie weiter und weiter von ihm fort. Widerstrebend ließ sich Emily in die Wirklichkeit ziehen und schlug die Augen auf. Die Kerze brannte noch auf ihrem Nachttisch, sicher hatte sie kaum geschlafen, und das nervtötende Klopfen drang vom Fenster zu ihr herüber. Jemand versuchte, es zu öffnen. Von außen. Und dieser Jemand war Matt.
»Was soll das? Wieso kommst du denn nicht durch die Tür?«, flüsterte sie, während sie den Holzrahmen vorsichtig nach oben schob und Matt, der halb in der Weinranke hing, halb auf der Fensterbank hockte, ins Zimmer kletterte. Er sah erhitzt aus, genauso erhitzt wie eben in ihrem Traum, wenn auch aus völlig anderen Gründen.
Schnell wandte sich Emily ab und huschte zur Tür. Sie tastete nach einem Schalter, sie wollte diesen romantischen Kerzenschein unbedingt in grelles Licht auflösen, als ihr einfiel, dass dies im Jahr 1811 wohl eine eher dämliche Idee war. Sie ließ die Hand sinken und sah auf Matt, der unschlüssig im Raum stehen geblieben war.
Nicht deshalb. Nicht weil ich es wollte.
Seine Worte spukten durch Emilys Kopf. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Es war alles geklärt zwischen ihnen beiden, sie wollte nicht darüber sprechen, sie wollte nicht einmal darüber nachdenken, und jetzt konnte sie es sehen, in seinem unglaublich unsicheren Blick, dass er es getan hatte. Er hatte nachgedacht und er wollte mit ihr reden.
Matt räusperte sich. »Hast du geschlafen?«, fragte er. »Ich habe ewig da draußen gehangen und an die Scheibe geklopft.« Er lächelte sie an. Warm. Freundlich.
Emily dachte an den Stall, an Brixton, an Augen ohne Strahlen und einen leeren Blick, der jede Reue vermissen ließ.
Sie dachte: Was macht es mit dir?
Und dann: Ich liebe dich.
»Hier«, platzte sie heraus und starrte Matt an, zu erschrocken, um sich zu bewegen. Gott, dachte sie. In ihrem Hirn schwirrte es nur so. Als Matt verwirrt die Stirn runzelte, ging sie einen Schritt auf ihn zu und zog das Kästchen unter dem Bett hervor. Sie setzte sich damit auf die Matratze und bedeutete Matt, das Gleiche zu tun.
»Hier«, wiederholte sie, um Ruhe bemüht, und hielt ihm die Schatulle hin, nachdem er sich neben sie gesetzt hatte. »Es ist abgesperrt, und einen Schlüssel konnte ich nicht finden. Vielleicht spielt es auch überhaupt keine Rolle, was drin ist, aber …« Sie zuckte mit den Schultern. »Vielleicht gibt es uns auch einen Anhaltspunkt.«
Matt betrachtete das Kästchen, dann wieder Emily. »Wegen heute Nachmittag …«, begann er, und Emily holte Luft.
»Ich konnte nicht wirklich viel herausfinden«, erklärte sie schnell, »ich meine, was sind das, Sklavenhalter?« Sie lachte kurz auf, und Matts Stirnrunzeln vertiefte sich. »Jedenfalls haben sie mich rund um die Uhr beschäftigt, mit Geschirrspülen und Wäschewaschen und Teppich klopfen und … und … ich musste unter den
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