Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
seit heute Nachmittag. Und ganz offensichtlich war sie es auch.
Wären sie in Hollyhill geblieben, hätte Matt Martha-May bei was auch immer geholfen, wären sie sich kaum begegnet und hätten keine Zeit miteinander verbracht, hätten nicht so nah beieinandergesessen und nicht gemeinsam über diesem Rätsel gebrütet, vielleicht – vielleicht – hätte sie darüber hinwegsehen können, was sie für ihn empfand. So aber … Emily blinzelte. Sie versuchte, ihre Aufmerksamkeit auf den Brief in ihren Händen zu richten, aber es gelang ihr nicht. Wie spät es wohl schon war? Sie war auf einmal so müde, so … Emily gähnte.
Matt sah sie an, dann stand er auf und streckte sich. »Es ist spät«, sagte er leise. »Ich sollte besser gehen.«
»Okay«, flüsterte Emily. Sie erhob sich ebenfalls.
»Matt?«
»Ja?«
»Bitte sag nicht dauernd, dass du mich nicht hier haben willst.«
Tadam.
Emilys Herz setzte einen Schlag aus.
Sie brachte es nicht über sich, Matt anzusehen, also sah sie auf seine Brust, die sich wölbte, als er einen tiefen Atemzug nahm. Und dann, dann drückte er sie an sich, und Emily schlang ihre Arme um ihn.
»Okay«, murmelte Matt in ihre Haare.
Emily schmiegte sich an ihn.
Sie hätte ewig so stehen bleiben können. Sie, den Kopf an seiner Brust. Er, die Hände auf ihrem Rücken.
Sie verharrten einige Minuten in dieser Position.
Gut. Irgendwann wäre ein Kuss ganz schön gewesen.
Schließlich löste sich Matt von ihr und nahm ihr Gesicht in beide Hände. »Ich lasse dich jetzt schlafen, okay?«, sagte er.
»Okay.« Emily starrte ihn an, und sie wartete darauf, dass er sich vorbeugen und seine Lippen auf ihre legen würde. Ihr Traum fiel ihr wieder ein, und sie spürte, wie ihre Wangen brannten unter Matts Händen.
Aber er küsste sie nicht. Stattdessen strich er mit dem Daumen eine Locke aus ihrer Stirn, dann wandte er sich ab, nahm den Stapel Briefe und ging zum Fenster.
»Matt«, rief Emily ihm leise nach. »Du willst nicht wirklich wieder da rausklettern, oder?« Sie nahm seine Hand und führte ihn zur Tür. »Geh durch das Treppenhaus runter und dann rechts in die Küche, von dort führt eine Tür nach draußen.« Emily öffnete ihre eigene Tür, spähte in den Gang hinaus und schob ihn nach draußen. »Gute Nacht«, wisperte sie, als er sich noch einmal zu ihr umdrehte.
Und dann, so schnell, dass Matt überhaupt keine Chance blieb zu reagieren, drückte sie ihm einen Kuss auf die Lippen und zog sich in ihr Zimmer zurück.
Von innen lehnte sie sich an die Tür und schloss für einige Sekunden die Augen. Dann lief sie zum Fenster und spähte hinaus.
Sie sah Matt nach, wie er über den Hof zum Stall schlich, leise wie eine Katze.
Und dann sah sie die Gestalt, die im Schatten der Stallmauer kauerte. Sie war nicht mehr als ein dunkles, starres Häufchen, und erst als Matt im Inneren des Gebäudes verschwunden war, löste sie sich vorsichtig aus ihrer Bewegungslosigkeit. Langsam und geräuschlos setzte sie einen Fuß vor den anderen, und dann, kurz unter Emilys Fenster, huschte ihr Blick nach oben, und sie erstarrte vor Schreck. Fast panisch blinzelte sie ein paarmal, dann zog sie ihren Kapuzenmantel fester um die Schultern und lief in Richtung Wald davon.
9
Z um zweiten Mal in dieser Nacht wurde Emily von einem Klopfen geweckt, diesmal allerdings ließ es sich kaum mit dem Pochen eines Herzens verwechseln. Die Tür vibrierte geradezu unter den Faustschlägen, die von außen dagegendonnerten, dazu dröhnte die Stimme von Mrs. Pratt. »Himmel, Kind, willst du wohl aufwachen? Was hat man dir gestern in die Suppe gerührt? Baldrian?«
Emily sprang so schnell von ihrer Pritsche, dass diese mit einem Knall gegen die Wand schlug, stürmte zur Tür und riss sie auf.
»Wie spät ist es?«, rief sie atemlos. Sie konnte kaum die Augen offen halten.
»Fünf Uhr zehn«, erklärte Mrs. Pratt von oben herab. Sie hielt eine Kerze in der Hand und deren Schein ließ ihr hageres Gesicht noch kantiger erscheinen. »Zehn Minuten später, als es eigentlich sein sollte. Also beeil dich nun, Kind, das Frühstück muss vorbereitet werden.«
Fünf Uhr zehn?
Emily blinzelte, während sie den Kopf schüttelte, schließlich murmelte sie: »Okay, ich gehe nur noch schnell ins Bad.«
»Ins Bad ?« Mrs. Pratts Stimme hätte nicht ungläubiger klingen können. »Bist du verrückt geworden, Mädchen? Geh hinunter zum Brunnen und spritze dir kaltes Wasser ins Gesicht. Und dann in die Küche. Schnell!«
Damit
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