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Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Pilz
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drängte sie an Emily vorbei ins Zimmer, entzündete die Kerze auf dem Nachttisch, bevor sie sich mit klirrenden Schritten entfernte und Emily die Tür hinter ihr zudrückte.
    Konnte ein Tag verheißungsvoller beginnen?
    O ja, er konnte.
    Als Emily wenig später die Küche betrat, blieb sie wie angewurzelt im Türrahmen stehen. Der Raum war finster, bis auf ein knackendes Feuer im offenen Kamin und drei dicke Stumpen auf dem klobigen Tisch, an dem sich versammelt hatten: Mrs. Whittle, daneben Becky und Hope, gegenüber Cullum und Matt. Am anderen Ende der Tafel beugten sich Mr. Graham und Mrs. Pratt schweigend über ihre Teller, doch sie alle sahen auf, als Emily schließlich eintrat und sich neben Hope niederließ.
    Sie fühlte sich unwohl, wegen ihrer notdürftigen Katzenwäsche mit dem eiskalten Brunnenwasser, mit dem sie den Krug ihres Waschtischs gefüllt hatte, wegen ihres zerknitterten Kleids und ihrer hoffnungslos zerstörten Hochsteckfrisur, die sie unter der lächerlichen Stoffhaube verbarg. Sie war auf einer Toilette gewesen – gut, es war wohl eher ein … Topf … Emily schloss die Augen. Sie sehnte sich nach einer Zahnbürste und einer Haarwäsche, nach einem starken Kaffee und einem weichen Bett.
    Sie sah Matt an. Er sah genauso zerknittert aus, wie sie sich fühlte, doch er lächelte ihr zu. Emily lächelte zurück. Aus dem Augenwinkel nahm sie wahr, dass Cullum sie interessiert beobachtete, doch an diesem frühen Morgen dieses kalten Novembertages dieses unwirklichen Jahres war es ihr ausnahmsweise einmal egal.
    »Guten Morgen, Liebchen, darf ich dir Tee eingießen?« Cullum grinste sie an, frisch wie der Frühling, und Mrs. Pratt warf ihm einen entgeisterten Blick zu.
    Was Cullum selbstverständlich überhaupt nichts machte.
    »Danke«, murmelte Emily, nahm sich ein Stück Brot und strich Marmelade darauf.
    »Wie war die Nacht? Kurz?« Er goß die heiße Flüssigkeit in Emilys Tasse und zwinkerte dabei Becky zu, die prompt rot anlief.
    Lieber Himmel, dachte Emily. Er wird doch wohl nicht … Der Tee schimmerte durchsichtig wie Wasser. Emily schüttelte sich, während sie einen Schluck von der dünnen Brühe trank. »Warum ist er so hell?«, flüsterte sie, und Hope antwortete: »Das ist der vierte Aufguss. Wir bekommen den Tee erst, wenn die Herrschaften damit durch sind. Tee ist so schrecklich teuer.«
    Ein Stuhl quietschte, dann erhob Mrs. Pratt ihre Stimme. »Nun«, begann sie, »nachdem endlich alle eingetroffen sind, hier eure Aufgaben für den heutigen Morgen. Hope, du hilfst Mrs. Whittle bei den Vorbereitungen zum Lunch, dann Waschküche. Becky, um sechs Uhr weckst du zunächst Miss Mary, dann Miss Millicent, beide nehmen heute ein Bad nach dem Frühstück, das sie auf Miss Marys Zimmer einnehmen. Emily, du deckst für die Herrschaften den Frühstückstisch im Speisezimmer – ohne dich dabei sehen zu lassen. Mr. Chauncey, Sie erhitzen ausreichend Wasser in den Kesseln und befüllen damit den Badezuber im zweiten Stock. Mr. La Barre, satteln Sie drei Pferde, Mr. Wakefield, Mr. Jonathan und Mr. Graham wollen sich später auf die Suche nach unseren verschwundenen Burschen machen.« Sie holte einmal Luft, dann setzte sie sich wieder.
    Automatisch sah Emily zu Matt und dann schnell wieder auf ihren Teller. Er wusste nicht, dass sie wusste, was mit Lennis und Brixton passiert war … und das sollte vorerst auch so bleiben. Es stand schon genug zwischen ihnen. Mehr als genug.
    »Wo werden sie nach ihnen suchen?«, fragte Cullum, und Emily biss sich auf die Lippen. Das werden sie ausgerechnet uns erzählen, dachte sie. Klar.
    »Nun, Mr. La Barre«, erwiderte Mrs. Pratt, »das soll Ihre Sorge nicht sein.« Sie tupfte sich die Lippen mit einem Stück Stoff ab und stand auf. »Kommt zum Ende«, sagte sie, »es ist gleich sechs.«
    Mr. Graham schob ebenfalls seinen Stuhl zurück. »Ich werde die Feuer entzünden«, brummte er. Er nahm eine Kerze aus ihrer Halterung an der Wand, entflammte den Docht an einer der Kerzen auf dem Tisch und machte sich damit auf den Weg.
    Und dann, während Emily dem Butler stirnrunzelnd nachsah, Hope leise seufzend ihren Tee austrank und Cullum seine Zaubertricks mit Beckys Kaffeelöffel vollführte, passierte es. Eben lachte sie noch über Cullums kleine Show, und auf einmal …
    »Uuhhhhh«, machte Becky, presste sich eine Hand vor den Mund und lief durch die Tür nach draußen. Röcheln war zu hören, danach ersticktes Husten und wieder Beckys Stöhnen, und dann

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