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Verliebt in meinen griechischen Feind

Verliebt in meinen griechischen Feind

Titel: Verliebt in meinen griechischen Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Hart
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einem seltsamen Unterton, und nachdem er eine Weile schweigend dagesessen und das ferne Meer betrachtet hatte, begann er: “Es war einmal ein mächtiger König namens Minos, der über große Teile des Mittelmeeres herrschte und in einem wunderbaren Palast lebte. Doch trotz des legendären Glanzes gab es auch in Knossos Schattenseiten. Minos’ Ehefrau Pasiphae hatte ein Ungeheuer zur Welt gebracht, halb Stier, halb Mensch. Dieser Minotaur war so wild und schrecklich, dass man ihn in einem Labyrinth unter dem Palast gefangen hielt und ihm Menschenopfer darbrachte. Alle neun Jahre mussten die Athener sieben Jünglinge und sieben Jungfrauen auswählen, die in das Labyrinth geschickt wurden. Es war unmöglich, wieder herauszufinden, und so irrten sie hilflos durch die Gänge, bis der Minotaur einen nach dem anderen verspeiste.”
    Courtney erschauerte. “Die Armen! Allein in der Finsternis, immer darauf gefasst, dass hinter der nächsten Ecke das Ungeheuer lauert … Eine schreckliche Geschichte, nicht wahr?”
    “Ja, aber wirklich nur eine Geschichte”, sagte er, amüsiert über ihr Entsetzen. “Wahrscheinlich entspringt sie nur der Tatsache, dass Besucher von der verwirrenden Größe des Palastes überwältigt waren.”
    Courtney jedoch zog das Gruseln seiner nüchternen Erklärung vor. “Erzählen Sie weiter”, bat sie.
    “Jedes Mal, wenn der Tribut fällig war, herrschte in Athen große Trauer. Eines Tages beschloss Theseus, der Sohn des Königs, dem Schrecken ein Ende zu setzen. Gegen den Willen König Aigeus schiffte er sich mit den anderen Geiseln auf einem Schiff mit schwarzen Segeln ein, um den Minotaur zu töten. Und Theseus hatte Glück, denn Ariadne, eine Tochter des Minos, verliebte sich in ihn und versprach, ihm zu helfen, wenn er sie heiraten und mit nach Athen nehmen würde. Natürlich willigte Theseus ein, und sie gab ihm ein Wollknäuel, das er beim Betreten des Labyrinths abwickeln sollte, um so den Ausgang wiederfinden zu können. Theseus gelang es tatsächlich, das Ungeheuer zu töten, und mit allen Athenern und Ariadne zu flüchten.
    Leider ging die Geschichte dennoch nicht gut aus. Theseus verließ Ariadne, während sie schlafend am Strand von Naxos lag, und segelte ohne sie nach Athen zurück. Mit seinem Vater hatte er vereinbart, bei seiner Rückkehr ein weißes Segel als Zeichen seines Erfolges zu setzen, doch in der Aufregung vergaß er es. Als König Aigeus, der von Kap Sounion aus besorgt nach Theseus Ausschau hielt, die schwarzen Segel sah, stürzte er sich voller Trauer über den vermeintlichen Tod seines Sohnes von den Klippen ins Meer, das seitdem das Ägäische genannt wird. So wurde Theseus bei seiner Rückkehr mit der Nachricht empfangen, dass er mit seiner Vergesslichkeit den Tod seines Vaters verursacht hatte.”
    “Das geschah ihm nur recht”, erklärte Courtney. “Als ihm die arme Ariadne nicht mehr nützen konnte, hat er sie einfach verlassen.”
    “Ein solches Verhalten ist nicht auf alte Mythen beschränkt”, sagte Lefteris bitter. “Oder auf Männer.”
    Plötzlich hatte er sich wieder eingeigelt, und die Heimfahrt verlief in finsterem Schweigen. Courtney fragte sich, wer wohl die Ursache für seine Bitterkeit war. Seine Schwägerin Linda, die in seinen Streit mit Nikos verwickelt zu sein schien, oder jemand anders? Courtney versuchte, sich eine Frau vorzustellen, die Lefteris verließ, obwohl er sie doch so geliebt haben musste, dass er ihr immer noch nicht verziehen hatte. Wie hatte sie das nur tun können?
    Sie erinnerte sich an die Wärme in seiner tiefen Stimme, während er den uralten Mythos erzählte, und an den Schatten, der unvermittelt über sein Gesicht gehuscht war. Und plötzlich fühlte sie sich innerlich wie ausgebrannt.
    Ihre Gefühle für ihn erschienen ihr wie die verwirrenden Gänge und Sackgassen des Labyrinths von Knossos. Immer, wenn sie ihn zutiefst verabscheute, lächelte er sie an oder tat etwas anderes, das sie verunsicherte und sie zwang, ihre Meinung über ihn zu ändern. Widerwillen verwandelte sich in Zuneigung, Verlegenheit in Begehren … Was eigentlich empfand sie für ihn? Sie war verloren im Labyrinth ihrer eigenen Gefühle und wusste nicht, was sie in seinem Zentrum finden würde.
    Oder doch?
    Courtney wollte nicht daran denken, dass ihre Gefühle für Lefteris sich in etwas viel Gefährlicheres als nur Zuneigung verwandeln könnten. Nach der Ankunft seiner Gäste würde er keine Zeit für sie, Courtney, haben. Sie würde ihre

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