Verliebt in meinen griechischen Feind
alle Kraft, Lefteris die steile Uferböschung hinauf zu folgen.
Oben wartete er auf sie und reichte ihr die Hand, um sie zu sich hochzuziehen. Stirnrunzelnd betrachtete er ihr vom Mondlicht erhelltes Gesicht. “Alles in Ordnung?”
“Natürlich!”, sagte sie bissig. “Ich finde es sehr angenehm, mich von Männern mit Gewehren durch die Dunkelheit jagen zu lassen!”
Ihre Stimme klang hysterisch, und Lefteris packte Courtney energisch bei den Schultern und schüttelte sie. “Schluss jetzt!”, befahl er. “Nimm dich gefälligst zusammen!”
Etwas von seiner Stärke schien auf sie überzugehen, und Courtney holte bebend Atem. “Tut mir leid”, sagte sie leise.
“Das klingt schon besser.” Er ließ sie los. “Jetzt sag mir, was passiert ist. Warum ist Nikos hinter dir her? Bestimmt nicht wegen deiner blauen Augen!”
“Nein.” Während sie den Hügel hinaufkletterten, berichtete Courtney ihm von dem Gespräch, das sie belauscht hatte. “Ich wusste nicht, worüber sie redeten, aber ich hatte Angst, und als ich über diese Katze stolperte, geriet ich in Panik und rannte los.” Sie zögerte. “Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn du nicht aufgetaucht wärst. Es ist alles wie ein Albtraum. Eben war ich noch auf der Party und im nächsten Moment auf der Flucht.”
Lefteris lauschte ihr in grimmigem Schweigen. “Du hast keine Ahnung, worum es in diesem Gespräch ging?”
“Nikos redete nur von ‘dem Zeug’. Vielleicht Drogen?”
“Auf jeden Fall etwas Illegales. Das würde auch erklären, warum er nicht will, dass du zur Polizei gehst. Du weißt zu viel.” Nachdenklich ging Lefteris weiter.
“Was tun wir jetzt?”, wagte Courtney nach einer Weile zu fragen.
“Irgendwie müssen wir die Polizei benachrichtigen.”
“Wir könnten von Agios Georgios telefonieren”, schlug sie vor.
“Ja, aber in Anbetracht der Lage würde es mich nicht wundern, wenn Nikos die Telefonleitungen hätte kappen lassen.”
“Das kann er doch nicht tun!”, sagte Courtney bestürzt.
“Wir sprechen hier nicht über friedliche, gesetzestreue Bürger, Courtney.” In Lefteris’ Stimme schwang ein ungeduldiger Unterton mit. “Wenn sie bereit sind, auf Menschen zu schießen, dann werden sie auch nicht zögern, Telefonleitungen zu durchschneiden.”
“Oh”, sagte sie ernüchtert. “Aber bestimmt wird doch einer von den Partygästen die Polizei informieren? Sie müssen doch die Schüsse gehört haben!”
“Schüsse sind hier auf Festen üblich. Und wahrscheinlich waren alle ohnehin viel mehr daran interessiert, dass ich gekommen bin und dich von Nikos weggeholt habe.”
Sie betrachtete ihn. Alles war so schnell passiert, dass sie sein rechtzeitiges Auftauchen als selbstverständlich hingenommen hatte. Doch erst jetzt wurde sie sich seiner Nähe richtig bewusst: seiner markanten Gesichtszüge, seiner Kraft und der Sicherheit, die er ausstrahlte … Er war hier, neben ihr, und sie konnte sich an seinem Anblick nicht satt sehen. “Wie hast du mich eigentlich gefunden?”, fragte sie schließlich.
Er blickte sie nicht an. “Das war nicht schwer. Man hatte dich mit Nikos gesehen, und er ließ überall verbreiten, dass wieder ein englisches Mädchen vor der boshaften Markakis-Familie fliehen musste.” Lefteris klang bitter. “Und er erzählte allen, du seist meine Verlobte.”
“Wie bitte?”
“Das gab eine bessere Geschichte ab”, sagte er grimmig. “All diese Leute hat er nur eingeladen, damit sie sehen konnten, dass mein Mädchen sich unter seinem Schutz befindet. Für mich war es eine Sache der Familienehre, dich von ihm wegzuholen.”
“Das wusste ich nicht”, flüsterte sie. Es war ihm nur um die Familienehre gegangen – nicht um sie? “Als … als er mir auf der Straße begegnete, habe ich ihm nur gesagt, ich wolle nach Chania”, versuchte sie zu erklären. “Er bot mir an, mich mitzunehmen, brachte mich aber stattdessen zu seinem Haus. Ich konnte nichts dagegen tun, zumal ich ohnehin nicht wusste, wo ich die Nacht verbringen sollte.”
“Warum bist du nicht zurückgekommen? Du hättest doch wissen müssen, dass ich nicht alles meinte, was ich gesagt habe.”
Sie waren stehen geblieben, und die Erinnerung an ihren letzten bitteren Streit stand zwischen ihnen. Courtney vermochte ihm nicht in die Augen zu blicken.
“Ich war zu wütend, um richtig denken zu können”, sagte sie leise. “Aber später bereute ich, mit Nikos gegangen zu sein.” Sie zwang sich, Lefteris anzusehen.
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