Verliebt in Paris: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
er befürchtet, sein Dad könnte sie finden, und wollte sie lieber vor der Rückfahrt los sein.
Aber warum hatte er das Ganze dann so wahnsinnig komisch gefunden? War Tantrasex mit mir ein dermaßen lächerliches Ding der Unmöglichkeit?
Selbst wenn er meine Unterwäsche und BH s nicht gesehen haben sollte – Sex wollte er offenbar trotzdem nicht mit mir haben. Warum nur hatte ich so prüde und zickig gewirkt? Warum hatte ich »Igitt« gesagt, als er das Wort Kondom erwähnte? Und warum hatte ich über seinen Gesang gelacht? Warum mich über seinen Namensvetter Jimmy Webb lustig gemacht? Offensichtlich hatte ich seine Gefühle verletzt.
Ich fuhr mit der Metro zurück zur Wohnung und verkroch mich mit meiner Kamera auf den Futon. Klickte mich durch alle Fotos, die ich im Internetcafé gemacht hatte. Er sah auf allen Bildern gleichermaßen süß aus mit seinem breiten Lächeln und dem zerzausten Haar. Ich dagegen sah aus wie ein Mädchen, das Omaschlüpfer und gepolsterte BH s trägt – was ich nicht tue. Jedenfalls nicht mehr.
Ich verzog mich unter die Decke und wollte sterben.
Da fielen mir die Kondome ein, die ich in Solanges Medizinschrank gebunkert hatte. Ich stand auf und versteckte sie zuunterst in meiner Tasche. Zu Hause würde ich sie in der Schule in irgendjemandes Schließfach stopfen.
Als ich endlich ins Bett stieg, zeigte der Digitalwecker zwischen Webbs Bett und meinem 6:52 an. Ich brauchte dringend Schlaf, musste aber dauernd daran denken, zu welchem Zeitpunkt ich Daisy anrufen sollte.
Ich wusste schon nach den wenigen Stunden, die ich mit ihr verbracht hatte, dass sie eine Frau von der Sorte war, die die Geschichte meines Zettels – unseres Zettels eigentlich – lustig finden würde, wenn ich sie nur auf die richtige Art erzählte. Was ich konnte. Und tun würde.
Gewiss hielt sie mich nicht für einen Idioten allererster Klasse, sonst hätte sie nicht so viele Stunden mit mir verbracht, obwohl wir beide völlig erschlagen waren.
Ich musste es ihr ebenso um meinetwillen wie um ihretwillen erzählen. Geheimnisse haben keinen Platz zwischen zwei Menschen, die eine Beziehung aufzubauen versuchen. Und das war es, was ich vorhatte. Wenn das kein Kismet war, was dann?
Wieder schaute ich auf die Uhr: 6:55. Das hatte Einstein mit der Relativität der Zeit gemeint.
Vor zwanzig Uhr konnte ich sie nicht anrufen. Doch gegen acht war sie womöglich mit ihrer Tochter beim Abendessen. Ich musste mich also entweder früher oder später bei ihr melden.
Ich beschloss, nachmittags anzurufen, um mich zu vergewissern, dass sie sicher angekommen war. Oder war das zu aufdringlich? Frauen hassten es, vereinnahmt zu werden, und wer könnte es ihnen verübeln?
Andererseits würde sie müde sein, wenn sie in Paris eintraf. Sie könnte nachmittags ein Nickerchen machen wollen. Ich sollte also vor dem Nickerchen anrufen. Oder lieber danach?
Wieder sah ich auf die Uhr: 6:57.
Ich stand auf, streifte mir etwas über und ging nach unten, um einen Kaffee aufzutreiben.
Da jagte ich nun im Taxi meinem Rückflug nach Paris hinterher, nachdem ich die ganze Nacht mit einem gut aussehenden, liebenswürdigen, gescheiten Mann verbracht hatte. Ich kam mir vor wie in einer schlechten Soap.
Ich zog meine Puderdose hervor und war auf das faltige Gesicht einer alten Hexe gefasst, bevor ich in den Spiegel sah. Stattdessen fand ich eine Frau vor, die wie eine hübschere, jüngere Ausgabe meiner selbst aussah. Ich konnte nicht anders, als das Spiegelbild anzugrinsen.
Während das Taxi in den Abflugbereich einbog, trug ich Lippenstift auf und band mein Haar zu einem Knoten zusammen – meine Putzfrauenfrisur, wie Coco sie nannte.
»Merci, äh, gracias«, sagte ich zum Fahrer und reichte ihm vierzig Euro.
»De nada, guapa«, erwiderte er, während er meinen Koffer an den Bordstein trug. Dann zwinkerte er mir zu.
»Öh, genau«, sagte ich.
Ich nahm den Weg durch die Sicherheitsschleuse und machte meinen Flugsteig ausfindig. Da das Boarding schon begonnen hatte, blieb mir keine Zeit mehr zum Kaffeeholen. Neidvoll fiel mein Blick auf einen Mann, der einen Becher dampfenden schwarzen Kaffee in der Hand hielt. Er schien Amerikaner oder Brite zu sein. Er ertappte mich dabei, wie ich seinen Kaffee anstarrte.
»Den hätte ich jetzt nötig«, sagte ich lächelnd.
»Hier«, entgegnete er. »Nehmen Sie. Hab ihn noch nicht angerührt.«
»Großer Gott, nein«, sagte ich und lachte. »Fiele mir nicht im Traum ein.«
»Ganz
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