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Verliebt und zugenäht!: Roman (German Edition)

Verliebt und zugenäht!: Roman (German Edition)

Titel: Verliebt und zugenäht!: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Becker
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beinahe einen Hörsturz verursacht hätte. »Ich geb dir mal die Mama.« Und weg war sie, noch bevor die Tante antworten konnte.
    »Was hast du dir denn da wieder ausgedacht? Hab ich was vergessen, irgendeinen Anlass?«, wollte Emma von Lisa wissen.
    »Nö, nö«, gab ihre Schwester zurück, »ich dachte mir nur, wir haben uns schon so lange nicht mehr gesehen … Nichts Großes, nur ein bisschen essen und quatschen.«
    Na gut, das war tatsächlich keine schlechte Idee, und Emma hatte sowieso noch nichts Bestimmtes vor. Also sagte sie zu, sich pünktlich um neunzehn Uhr bei Familie Merker im Münchner Stadtteil Harlaching einzufinden.
    Allerdings war das mit dem Pünktlichsein leider so eine Sache. Fast immer fiel Emma gerade dann, wenn sie die Wohnung verlassen wollte, irgendetwas ein, was unbedingt noch getan werden musste. Mal war es das Altpapier, das längst entsorgt gehörte, mal die Post, die noch adressiert und frankiert werden musste, um sie gleich noch mitnehmen zu können.
    An diesem Abend kurz vor halb sieben stand Emma fix und fertig angezogen im Flur ihrer Haidhausener Wohnung, als ihr beim Griff nach dem Schlüssel einfiel, dass sie Lisa noch die beiden geborgten Bücher zurückbringen sollte, die sie schon vor Monaten ausgelesen hatte.
    Das erste war im Regal schnell gefunden, das zweite dagegen … Wo versteckte sich das bloß? Hinter die Bücherreihen war es nicht gerutscht. Im Schlafzimmer auf dem hübschen antiken Nähtischchen lag nur Fachliteratur für tapfere Schneiderlein. Im Nachtkästchen tummelte sich alles Mögliche, jedoch kein Lesestoff. Emmas kreatives Chaos aus Schnittzeichnungen, Stoffen, Borten und Fadenrollen ermöglichte leider auch keinen schnellen Überblick, verschiedene Scheren, Spulen, Fingerhüte, Haken und Ösen lagen ebenso herum wie Reißverschlüsse, Knöpfe und Schnallen. Das alles zu durchwühlen dauerte eine ganze Weile. Ein schneller Blick auf die Schneiderbüste in Rosé ließ für einen kurzen Moment Vorfreude in ihr aufsteigen, dann erinnerte sie sich wieder, warum sie hier gerade das Unterste zuoberst kehrte. Und sie war auch schon ein bisschen spät dran.
    Emma suchte im Kleiderschrank und im Badezimmer, in der selbst bemalten Kommode im Flur, die eigentlich vorwiegend Gebrauchsanweisungen beherbergte, und bei den Zeitschriften, die sich in einer Ecke des Wohnzimmers stapelten. Der kunstvolle Turm aus den verschiedensten Heften rutschte sofort auseinander, sobald sie die obersten Exemplare nur berührte. Das jetzt wieder neu aufzuschichten würde viel zu lange dauern. Also ließ sie alles verstreut liegen. Schließlich fand sie das Buch doch noch – in einer Umhängetasche, die sie nur ganz selten benutzte.
    Inzwischen war es allerdings schon zehn vor sieben, und Emma stand immer noch in ihrer Wohnung und wischte mit dem Ärmel etwas Staub von den Schmökern, um sie anschließend in ihrem Beutel zu verstauen. Die Bücher waren nun sauber, die Jacke leider nicht mehr. Egal. Jetzt wurde es wirklich Zeit, sich auf den Weg zu machen. Zum Glück hatte sie keinen geschäftlichen Termin; bei der eigenen Familie konnte man sich schon mal ein wenig verspäten. Das Essen würde hoffentlich nicht gleich verkocht sein.
    Außerdem kannte Lisa ihre Schwester seit über achtundzwanzig Jahren und bestellte sie meistens sowieso mindestens eine Viertelstunde früher als notwendig zu sich. Dass Emma dies ganz genau wusste, verbesserte ihre Pünktlichkeit allerdings nicht gerade – im Gegenteil.
    Die Turmuhr der Emmauskirche schlug halb acht, als sie mit ihrem Fahrrad in die Autharistraße einbog, wo Lisa mit Henning und Clara wohnte. Das schicke Einfamilienhaus, das sie vor einigen Jahren gebaut hatten, ließ Emma jedes Mal, wenn sie davor stand, an ein Raumschiff aus einem Science-Fiction-Film denken. Die von Metallschienen unter teilte Glasfront wirkte mit der dahinter sichtbaren Galerie wie eine moderne Kommandobrücke, während der schräg zulaufende asymmetrische Fensteraufsatz in der Mitte des Daches als Ausguck für Erkundungsfahrten ins Weltall hätte dienen können.
    Lisa öffnete die Tür und zog so streng die Augenbrauen hoch wie Frau Stich in ihren besten Zeiten: »Du bist zu spät, Mensch!«
    »Hallo. Ich freu mich auch, dich zu sehen«, erwiderte Emma trocken. »Zu spät? Wofür?«
    »Wir warten seit einer halben Stunde mit dem Essen.« Das war nun doch etwas Neues, dass Verabredungen im Hause Merker derart genau eingehalten werden mussten.
    »Tante Emmaaaaa«,

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