Verliebt und zugenäht!: Roman (German Edition)
Ich bekomme heute Abend Besuch und müsste noch einkaufen und …«
»Na, hau schon ab«, meinte Emma nur und war froh, den lauernden Blicken der Kolleginnen endlich entkommen zu sein. Morgen hatte sie bestimmt wieder etwas bessere Laune.
Als sie gegen sechzehn Uhr gerade dabei war, den Laden so weit aufzuräumen, dass sie ihn etwas früher schließen konnte, betrat eine junge Frau das Geschäft. Sie war etwa Mitte dreißig, trug die langen braunen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und hielt einen schwarzen Kunststoffkoffer in der Hand.
»Guten Tag, mein Name ist Hartmann«, stellte sie sich freundlich vor, »ich hätte gerne Frau Stich gesprochen.«
»Das tut mir leid, Frau Stich kommt leider erst nächste Woche wieder.« Emma erwartete, dass die Dame nach dieser Auskunft auf dem Absatz kehrtmachen und den Laden wieder verlassen würde. Doch weit gefehlt.
»Das wundert mich«, meinte Frau Hartmann, »wir hatten nämlich für heute Nachmittag um vier einen Termin zur Installation der neuen Abrechnungssoftware vereinbart.«
»Davon weiß ich nichts. Können Sie nicht nächste Woche noch einmal wiederkommen?«
»Das geht leider nicht. Unsere Termine werden mehrere Wochen im Voraus gemacht. Da müssten wir schon einen neuen vereinbaren, aber das geht erst im übernächsten Monat.« Das wäre der Stichsäge vermutlich gar nicht recht, doch über ihren Kopf hinweg wollte Emma eine solche Entscheidung in keinem Fall treffen.
Als sie die Chefin aber weder auf dem Handy noch im Hotel erreichen konnte, wurde Emma klar, dass es mit dem frühen Feierabend heute leider nichts werden würde. Vielleicht ganz gut so. Vermutlich hätte sie sowieso nur stundenlang vor dem Fernseher geheult.
»Brauchen Sie Frau Stich unbedingt dafür? Oder könnte auch ich Ihnen weiterhelfen?«, bot sie also an. Und wie vermutet, hatte Frau Hartmann nichts gegen ihre Gesellschaft einzuwenden. Sie schob die Stoffballen auf dem Ladentisch ein wenig beiseite und hob ihren Koffer neben den Computerbildschirm.
»Wie lange dauert das denn ungefähr?«, wollte Emma wissen.
»Mit Deinstallation und Neueinrichtung der diversen Konten etwa drei Stunden.« Die gute Frau war bereits so in ihre Arbeit vertieft, dass sie beim Sprechen kaum aufsah.
»Hätten Sie vielleicht gerne einen Tee oder etwas anderes?«
»Ein Tee wäre wunderbar, vielen Dank.«
Während Emma in der Küche Wasser aufsetzte, überlegte sie, wie sie es bis neunzehn Uhr allein mit dieser wortkargen Person aushalten sollte. Zu tun hatte sie nichts mehr, und um etwas Neues anzufangen, war die Zeit wiederum zu kurz.
Als Emma mit der gefüllten Teetasse zurückkam, fiel ihr Blick in den Deckel des aufgeklappten, mit sorgsam einsortierten CDs und Kabeln gefüllten Koffers, wo ihr das Foto einer braun-weiß getigerten Katze ins Auge stach.
Froh, einen Anknüpfungspunkt gefunden zu haben, fragte sie interessiert: »Ach, haben Sie eine Katze?«
Frau Hartmann sah erstaunt auf. Dann schien sie sich an das Bild im Kofferdeckel zu erinnern und senkte den Blick erneut zum Computerbildschirm: »Einen Kater, ja. Kasimir.«
Nun gut, wenn die Dame lieber stumm ihre Arbeit verrichtete, sollte Emma das auch recht sein. Sie räumte die letzten Stoffballen zurück in die Regale und nahm sich als Nächstes in der Werkstatt das Schränkchen mit dem Zubehör vor. In den einzelnen, durch transparente Scheiben einsehbaren kleinen Fächern waren Garne, Bänder, Borten, Schnallen und Ähnliches nach Farben sortiert. Da konnte es schon einmal vorkommen, dass eines der Utensilien nicht ordentlich aufgerollt war oder an die falsche Stelle zurückgelegt wurde. Genau die richtige Aufgabe für einen solchen Abend, fand Emma.
Gedankenversunken hob sie jede der zahlreichen Klappen an und überprüfte den Inhalt. Ab und zu nahm sie ein Teil heraus, wickelte es neu oder sortierte es in das richtige Fach. Dabei konnte sie nicht verhindern, dass ihr das gestrige Treffen mit Jo und ihre Blamage im Kopf herumschwirrten.
»Entschuldigen Sie …« Emma hatte gar nicht bemerkt, dass Frau Hartmann in den Türrahmen zur Werkstatt getreten war: »Ich war vorhin etwas kurz angebunden. Aber am Anfang ist immer volle Konzentration gefordert. Jetzt läuft das Ganze erst einmal eine halbe Stunde allein.« Sie setzte sich auf die Tischkante und wollte nun offensichtlich doch ein wenig reden.
»Möchten Sie noch einen Tee?« Emma war für jede Unterbrechung dankbar und sprang auf.
»Gern. Der ist wirklich gut. Und
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