Verliebt und zugenäht!: Roman (German Edition)
war mehr als klar. Und dass sie früher hätte Widerstand leisten müssen, um das zu vermeiden, ebenfalls. Also blieb ihr jetzt nur eins, nämlich das Ganze so schnell wie möglich über die Bühne zu bringen, um nicht allzu spät ins Atelier zurückzukommen und sich noch mehr Ärger als ohnehin schon einzuhandeln. Kurz dachte Emma mit Wehmut an die verlockende Vorstellung von einer romantischen Begegnung mit einem berühmten Serienstar, dann öffnete sie entschlossen die schmucken Silberknöpfe ihrer eigenhändig bunt bestickten Flohmarktjacke.
Das Princesse-Kleid anzuziehen erforderte überraschend viel Geduld, da das kunstvolle Spitzen-Mieder tatsächlich sehr, sehr eng und der mehrlagige Tüllrock sehr, sehr weit war. Ständig darauf bedacht, nur ja nichts zu beschädigen, benötigte Emma bestimmt eine Viertelstunde, bis sie mit am Rücken klaffendem Oberteil in dem schulterfreien Traum in Weiß aus der Kabine trat. Nun ja, eigentlich trippelte sie eher wie eine Aufzieh-Ballerina, da ihre Beine für den Rock zu kurz oder dieser für ihre Statur zu lang war. Um also unter keinen Umständen auf den Saum zu treten und diesen schon vor der notwendigen Änderung zu ruinieren, ging sie vorsichtshalber auf Zehenspitzen.
»Wow«, lautete Sannis erster Kommentar, und Emma war nicht ganz sicher, ob sie das ernst oder ironisch meinte. Auch die Bemerkung »Du kommst da drin aber echt fett rüber« trug nicht gerade zur Klärung bei. Emma erwiderte sicherheitshalber erst einmal gar nichts.
Die Garderobiere warf einen Blick auf den noch offenen Verschluss am Rücken und stellte trocken fest: »Ich würd’ da ja nie im Leben reinpassen.« Dann zog sie den Reißverschluss mit einem Ruck zu. »Du kannst die Brautschuhe dazu anziehen.«
Sonst noch was? Vielleicht Ringe, Bouquet oder Schleier? Emmas Blick war wohl ziemlich verständnislos, denn Sanni setzte nach: »Damit du keinen Krampf in den Zehen kriegst.« Das war natürlich etwas anderes.
Tatsächlich war das Stehen in Pumps wesentlich bequemer als auf dünn besockten Zehenspitzen. Vor allem, wenn man bedachte, dass sich die Bearbeitung des Saumes eventuell ein wenig hinziehen konnte. Mit Stecknadeln im Mund kroch Sanni um den weißen Tüllberg herum.
Siedend heiß fiel Emma da wieder die Chefin ein, die jetzt vermutlich bereits tobte. Telefonieren konnte sie jetzt allerdings gerade ganz schlecht, außerdem genügte es, wenn sie sich die Standpauke bei ihrer Rückkehr abholte. Also erst mal abwarten und stillhalten …
»Okay, das klappt ganz gut«, nuschelte Sanni mit stecknadelbesetztem Mund extrem undeutlich, während sie zu Emmas Füßen kauerte und den Saum an einigen Stellen neu befestigte.
»Moment, nicht bewegen«, kommandierte es dann unter dem üppigen Tüllhaufen hervor, »ich bin gleich wieder da!« Die Garderobiere sprang auf und warf sämtliche zwischen den Lippen verbliebenen Nadeln neben Fadenrollen und kunterbunte Stoffreste auf den Tisch. Und bevor die Ersatzbraut widersprechen oder genauer nachfragen konnte, war sie bereits aus der Tür. Nun gut. »Nicht bewegen« war eine ziemlich eindeutige Ansage, an die man sich halten konnte. Zunächst.
Als Sanni allerdings nach endlosen fünf Minuten immer noch nicht wiederkam, verlor Emma die Lust, die Anweisung weiterhin wortwörtlich zu befolgen. Sie drehte sich zu dem großen Spiegel in der Ecke um und betrachtete sich eingehend. Stand ihr wirklich nicht schlecht, das Hochzeitskleid. »Ein bisschen vielleicht wie ein Baiser«, zitierte sie im Kopf Andie MacDowell in Vier Hochzeiten und ein Todesfall . Die schwarzen kurzen Locken hoben sich jedoch, wie bei der Schauspielerin im Übrigen auch, perfekt gegen den strahlend hellen Stoff ab. Und ihr weißer Haarreif mit dem Stoffblümchen passte wie ausgesucht zu diesem Ensemble. Emma sah sich im Geiste schon vor den Altar treten – zu schade, dass der passende Traumprinz für diesen Anlass erst noch gefunden werden musste.
»Die Braut ist schon fertig. Wir können«, hörte sie auf einmal hinter sich eine männliche Stimme und gleich darauf das Knacken des Funkgerätes. Auf der Schwelle stand ein grinsender Jüngling. »Hallo, ich bin Alex«, stellte er sich so hastig vor, als wäre die Polizei hinter ihm her. »Kannst du bitte gleich mitkommen?«
Natürlich konnte Emma. Auch wenn ihr nicht ganz klar war, wie das mit der eigentlich weiterhin gültigen Anweisung »nicht bewegen« konform gehen sollte. Aber was wusste sie schon vom Filmgeschäft? Vielleicht
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