Verliebt, verlobt und eingesargt
sein, daß ich Ihre Stimme schon einmal gehört habe?«
»Möglich.«
»Zufällig um Mitternacht?«
»Ja.«
»Dann sind Sie der geheimnisvolle Anrufer gewesen?«
»Das stimmt.«
Ich war noch immer so perplex, weil ich ihm hier gegenüberstand, daß ich praktisch die Sprache verloren hatte. So dauerte es eine Weile, bis ich eine Frage stellen konnte. »Weshalb sind Sie nicht in London zu mir gekommen?«
»Das ist eine lange Geschichte.«
»Kann ich mir vorstellen. Mich interessiert sie trotzdem.«
»Sicher. Wir sollten uns in eine Gaststätte setzen, da sage ich Ihnen mehr.«
Ich hob die Schultern. »Sorry, aber ich muß mit den Dortmunder Kollegen reden.«
Er warf einen Blick auf die Mauern des Präsidiums, dessen Fensterscheiben wie vereist wirkten. »Ich will Ihnen nicht in Ihre Arbeit hineinreden, Mr. Sinclair, aber ich glaube nicht, daß es Sinn hat, was Sie da vorhaben.«
»Und weshalb nicht?«
»Weil die Kollegen auch nichts wissen. Das ist nun mal so. Damit müssen Sie sich abfinden.«
»Woher wissen Sie das?«
»Wer hat Sie denn auf Susys Spur gebracht?«
»Sie.«
»Und war die Spur gut?«
»Wir haben Elkmans Sarg geöffnet und fanden auch den Hinweis auf Ihre Susy.«
»Es ist nicht meine Susy«, erwiderte er pikiert. »Was ist nun? Wie haben Sie sich entschieden?«
Ich nickte ihm zu. »Gut, ich werde mit Ihnen kommen.«
Er lächelte knapp. »Das ist vernünftig. Sie werden es auch nicht bereuen und anschließend der Meinung sein, daß ein Besuch bei der Polizei überflüssig war.«
»Es kommt natürlich darauf an, was Sie mir zu berichten haben.«
»Eine Menge, Mr. Sinclair. Sehr viel sogar.«
»Ich lasse mich überraschen.«
Wir schritten auf die Hauptstraße zu, die ein Stück weiter die B 1 untertunnelte. Eine Eckgaststätte fiel mir auf. »Wollen Sie dorthin?« fragte ich.
»Ja.«
»Könnten Sie mir jetzt Ihren Namen sagen?«
»Natürlich. Ich heiße Sidney Ferry.«
»Ein Landsmann?«
»Ja.«
»Wie kommen Sie nach Dortmund?«
Er öffnete die Tür der Gaststätte. »Das erzähle ich Ihnen später, Mr. Sinclair.«
Wir betraten einen sauberen Raum und sahen hinter der Theke den Wirt stehen, der überrascht hochschaute, als er uns sah. »Sie sind die ersten Gäste, und das bei der Kälte.«
»Hier ist es ja warm«, sagte ich. »Das kann man wohl sagen.«
Wir suchten uns einen Tisch weit von der Tür entfernt aus und ließen uns nieder. Die Jacken legten wir auf einen Stuhl. Auch ich hatte einen dicken Pullover angezogen, ebenso wie mein Gegenüber.
»Was möchten Sie trinken?«
»Tee. Kann man auch essen?«
Der Wirt hatte meine Frage gehört. »Zwar kein Frühstück, aber ich habe noch einige Brötchen.«
»Zwei halbe reichen aus.«
»Wird erledigt. Und Sie?«
»Ich nehme auch Kaffee, brauche aber dazu einen Weinbrand.«
»Danke.«
»Also?« fragte ich Sid Ferry. »Klären Sie mich mal über Ihre Person auf. Weshalb lebt ein Engländer in Dortmund?«
»Weil er hier stationiert ist.«
»Sorry.« Ich lachte leise. »Das hätte ich mir auch denken können.«
»Momentan habe ich Urlaub.«
»Den Sie hier verbringen?«
»Ja, und das hat seinen Grund.« Der Wirt brachte schon den Weinbrand. Erst als Ferry einen Schluck getrunken hatte, redete er weiter. »Es geht vorrangig um Susy.«
»Wer ist sie?«
Ferry leerte sein Glas und hob dabei die Schultern. »Das kann ich Ihnen auch nicht genau sagen, aber ich würde sie als eine Bestie bezeichnen. Als ein mordendes Ungeheuer, denn sie hat Larry Elkman auf dem Gewissen und nicht nur ihn. Er war nur ihr erstes Opfer.«
»Wen hat sie noch getötet?«
»Zwei weitere Männer sind ebenfalls in ihr Netz gegangen. Der eine heißt James Ury und war ebenfalls ein Kamerad von mir. Der dritte Mann, ihr letztes Opfer bisher, war ein Deutscher. Walter Kissner. Elkman, Ury und Kissner sind tot.«
»Das wissen Sie genau.«
»Ja.«
»Woher?«
Der Wirt brachte den Kaffee. Er stellte zwei Kännchen vor uns hin und auch die Tassen. Die beiden Brötchenhälften hatte er auch schon dabei. Sie waren mit Mettwurst belegt und schmeckten mir sehr gut. Sid Ferry berichtete. »Ich habe leider erleben müssen, wie sich Susy an Larry Elkman heranmachte, und ich erkannte, daß sie eine Teufelin in Engelsgestalt war. Ein Geschöpf der Hölle, meine ich. Sie macht sich an die Männer heran, umgarnt sie und treibt sie schließlich in den Tod, das heißt, sie ermordet sie.«
Ich nahm einen Schluck Kaffee. »Das wissen Sie alles so
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