Verliebt Verlobt Vergeltung - Roman
zu den Investoren - Forest Connors’ Konsorten, wie Henry sie genannnt hatte. Okay, ich wollte es nicht glauben, aber jetzt weiß ich es: Forest Connors ist ein Haifisch.
»Es entspricht keineswegs meinen Vorstellungen, bei Organics 4 Kids nur eine Angestellte zu sein«, zische ich Carlton zu.
Unter dem Tisch legt er mir die Hand aufs Knie. »Keine Sorge, Süße«, flüstert er mir ins Ohr. »Bald wird dir ein Teil meiner Firmenanteile gehören.«
Sollte das die Andeutung eines baldigen Hochzeitstermins sein?
»Sehr bald«, sagt er und zwinkert mir zu.
Dann lehnt er sich in seinen Stuhl zurück und lässt den Blick über die Männerrunde schweifen. »Dad, ich möchte nicht, dass Maddy hier so dürftig abgespeist wird. Wenn du ihr schon nicht die Geschäftsführung übertragen willst, dann bestehe ich darauf, dass sie zumindest Marketingdirektorin wird. Und sie soll darüber entscheiden, wer eingestellt wird und wer nicht.«
Carltons Vater schaut mich an. Schaut mich an wie ein äußerst kurioses Insekt, das er noch nie zuvor gesehen hat.
»Gut«, sagt er schließlich, schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch. »Und nun genug gequatscht. Jetzt geht es ans Eingemachte.«
21
MEIN BRUDER bezeichnet sich selbst als Suchtexperte. Ich habe ihn bei seinen Vorträgen erlebt. Sie laufen immer auf die gleiche Weise ab. Mein Bruder tritt ans Mikro, sammelt sich und sagt dann mit leiser Stimme: »Als ich fünfzehn war, sind meine Eltern bei einem Autounfall gestorben. An jenem Abend habe ich zum ersten Mal getrunken.«
Wenn er spricht, drängen sich hartgesottene Drogenabhängige und Alkoholiker in das kleine Hinterzimmer im Gemeindezentrum. Die meisten sind noch keine zwanzig. Ronnie ist streng und lässt ihnen nichts durchgehen. »Die muss man auffangen, bevor sie anfangen«, ist sein Motto.
Ich kann mich noch sehr genau daran erinnern, wie ich meinen Bruder vor zehn Jahren aus dem versifften Loch geholt habe, in dem er mit anderen Junkies hauste. Hunde und ein paar verwilderte Katzen streunten durch die Wohnung, es stank nach Urin und Drogendämpfen, nach Schwefel und Marihuana und Gerüchen, die ich nicht kannte. Auf einem mit Zigarettenkippen und Bierdosen übersäten Tisch lagen lauter Utensilien, die man zum Drogenkochen braucht - zerbrochene Glühbirnen, Campingkocher, Propangas, ein paar Spritzen.
Ich habe meinen Bruder entführt. Er war kaum bei Bewusstsein. Drei Stunden dauerte die Autofahrt von San Antonio nach Houston, wo ich ihn im Krankenhaus ablud. Alle paar Stunden sah ich nach ihm und brachte ihm Wasser und auch etwas zu essen. Der Entzug war schlimm. Ronnie schrie, schwitzte, warf die Möbel um und zerschlug die Lampen.
Einmal ging er sogar mit den Fäusten auf mich los und drohte, mich umzubringen. Aber ich wusste, dass dies nicht
Ronnie war, sondern die Drogen, die aus ihm sprachen. Mein Bruder ist eigentlich ein herzensguter Mensch - nett, freundlich, witzig. Vier Tage später erklärte er sich bereit, eine dreimonatige stationäre Entziehungskur in Jackson, Mississippi zu machen.
Und da tat er sich mit Snoop Santino zusammen. Warum selber schniefen oder spritzen, dachten die beiden sich wohl, wenn man das Zeug genauso gut auch verkaufen und dabei ein kleines Vermögen machen kann.
Snoop und Ronnie zogen einige Scheingeschäfte auf, hinter deren seriöser Fassade sie ihre Drogendeals tätigten. Bald waren sie ein eingespieltes und gefürchtetes Team.
Erst ein verpatzter Deal, eine Pistolenkugel zwischen den Rippen und eine siebenunddreißigstündige Notoperation konnten Ronnie aus seinem kriminellen Leben reißen.
In jener Nacht im Krankenhaus stellte ich Snoop Santino zur Rede.
»Mein Bruder hat schon viel zu lange für dich gearbeitet«, zischte ich ihn an und bohrte ihm den Finger in die bullige Brust. »Finito!«
»Dein Bruder weiß zu viel«, hatte er erwidert, was wohl als Drohung gemeint war.
»Ronnie wird nichts ausplaudern - niemals! Das weißt du ganz genau«, sagte ich zu ihm, und dann tat ich etwas, von dem ich eigentlich nicht gedacht hätte, dass ich es jemals tun würde. Ich beugte mich so weit vor, dass meine Nasenspitze die von Snoop fast berührte, und schaute ihm tief und unerbittlich in die Augen.
Mitten auf dem Krankenhausflur fochten wir einen kleinen Wettkampf aus, wer den anderen wohl zuerst in Grund und Boden starren konnte - ich und Snoop Santino, der gefürchteste Drogendealer von Südtexas. Schließlich war er es, der sich mit einem gleichgültigen
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