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Verliebt Verlobt Vergeltung - Roman

Verliebt Verlobt Vergeltung - Roman

Titel: Verliebt Verlobt Vergeltung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Barrett Alexandra Kranefeld
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Achselzucken abwandte und
den Gang hinabschlurfte, wie immer einige seiner Schläger im Schlepptau.
    »Der beste Tag meines Lebens«, sagt mein Bruder heute. Meist dann, wenn er vor seinen jugendlichen Problemfällen spricht. Vor ihnen breitet er seine ganze Vergangenheit aus. Er krempelt sich die Ärmel hoch und zeigt ihnen seine Arme, die einst von Einstichen übersät waren.
    »Ich fuhr rüber nach Mexiko und gab mir zwanzigmal am Tag einen Schuss«, erzählt er dann. »Es ist ein Wunder, dass ich noch lebe. Aber ich glaube, dass Gott mich aus einem ganz bestimmten Grund verschont hat.« Dann umfängt er seine Zuhörer mit weiter Geste. »Und dieser Grund seid ihr«, sagt er. »Du und du - und auch du.« Dabei deutet er auf jedes einzelne seiner Problemkids.
    Anders als andere Suchtberater pflegt mein Bruder noch immer engen Kontakt mit jenen, die er »schlechte Elemente« nennt.
    »Warum sollte ich so tun, als gäbe es keine Straßendealer?«, fragt er. »Denn es gibt sie, und sie schaffen und kontrollieren das Angebot.« Mir hat er gesagt, dass schärfere Gesetze das Problem auch nicht aus der Welt schaffen würden. »Da treffe ich mich lieber persönlich mit den kleinen Dealern und sage ihnen, dass sie ihr Zeug nicht an Kinder verkaufen sollen.«
    Wenn ich meinen Bruder frage, wie er dabei vorgeht, sagt er meist, er würde einfach an ihr Moralgefühl appellieren. »Drogendealer sind auch nur Menschen. Und Geschäftsleute«, sagt er nüchtern. »Sobald ich ihnen sage, dass ich mal für Snoop Santino gearbeitet habe, ist mir ihre Aufmerksamkeit schon mal sicher. Dann stelle ich einfach das Offensichtliche fest - nämlich, dass sie mit den Erwachsenen mehr als genug Kundschaft haben. Sie hätten es also nicht nötig, auch noch den Kindern ihr Essensgeld wegzunehmen.«
    »Und das funktioniert?«, frage ich ungläubig.

    »Wer will schon gern wie ein Kinderschänder dastehen?«, erwidert er achselzuckend.
    Ich fahre raus, um meinen Bruder zu besuchen. Da er von seiner ehrenamtlichen Berufung natürlich nicht leben kann, hat er noch eine reguläre Vollzeitstelle in einer geschlossenen Rehaklinik, die außerhalb Austins liegt. Eingeweihte nennen sie auch »die Farm«.
    Die Farm ist von einer hohen Mauer umgeben. Ich wünschte, jemand würde diese Mauer endlich bunt anmalen. Blau oder Rosa oder was auch immer - nur nicht dieses kalte abweisende Grau.
    Ich fahre zum Haupttor. Der Wachmann durchsucht mich und meine Taschen nach Drogen. Und dann - was für eine Überraschung! - auch noch mein gesamtes Auto.
    »Fahren Sie durch«, sagt er eine halbe Ewigkeit später und drückt auf einen Knopf, woraufhin sich das nächste Tor öffnet.
    Später stelle ich den Wagen ab und begebe mich zu dem kleinen Büro meines Bruders. An der Tür hängt ein Poster, auf dem viele lächelnde Menschen einander bei der Hand halten. Glückliche Patienten. Mein Bruder ist auch auf dem Bild.
    »Heute beginnt der Rest deines Lebens« steht darunter.
    Wahnsinn , denke ich.
    Ich bleibe noch einen Moment vor der Tür stehen, doch da reißt Ronnie sie auch schon weit auf. Grinsend schaut er mich an. Er war nie einer von der knuddelnden Sorte, die andere Menschen gerne anfassen, aber diesmal umarmt er mich trotzdem und drückt mich fest an sich.
    Mein lieber kleiner Bruder.
    »Maddy-go-laddy!«, sagt er und schiebt mich in sein Büro, räumt einen Stapel Ordner von einem Stuhl und bittet mich, mich zu setzen.
    Über seinem Schreibtisch hängt ein Gebet: Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern
kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
    An seinem Hemd trägt er ein Namensschild, auf dem steht: ICH BIN UND ICH BIN SÜCHTIG.
    »Clever«, sage ich und zeige auf sein Namensschild.
    Er lacht. »Die Kids sollen wissen, dass sie nicht allein sind. Und ich kann dir versichern, dass sie gleich mehr auftauen, wenn ihre Berater wissen, wovon sie reden, und nicht nur eine Menge heiße Luft produzieren.«
    Dann seufzt er. Mein Bruder ist neunundzwanzig, sieht aber älter aus. Die Nebenwirkungen harter Drogen und eines unsteten Lebensstils.
    »Und, wie geht’s?«, frage ich ihn.
    Er kramt eine Weile auf seinem Schreibtisch rum und befördert eine Schachtel Marlboros zum Vorschein. Dann sitzt er da, die Schachtel unschlüssig in der Hand, und holt tief Luft.
    »Letzte Nacht ist eins meiner Mädchen an einer Überdosis gestorben. Sie ist abgehauen. Ist über die

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