Verliebt Verlobt Vergeltung - Roman
werde ihm ein Angebot machen, das er nicht ausschlagen kann«, krächzt er mit dieser heiseren, kehligen, kaum verständlichen Paten-Stimme.
Ich nicke anerkennend, hole tief Luft und übe mich in Geduld.
Sichtlich zufrieden beißt Dick in seinen Schokokeks. »Was für eine Uhr ist es denn? Irgendeine Rolex?«
»Eine Patek Philippe von 1952. So was hast du wahrscheinlich noch nie gesehen. Es ist eine sehr seltene Uhr - ein Unikat, um genau zu sein. Auf dem Zifferblatt ist eine englische Galeone.«
»Eine was?«
»Ein Schiff. Ein großer Segler, von früher. Stell dir Russell Crowe in Bis ans Ende der Welt vor. So was. Carlton ist ein Segelfreak. Er ist vernarrt in jedes Boot, solange es keinen Motor hat. Und sein Dingens nennt er Captain Hook«, raune ich leise über den Tisch.
Dick winkt ab. »So genau wollte ich das eigentlich gar nicht wissen«, sagt er.
»Tut mir leid.«
»Okay, du willst also, dass ich Mr Piratenprinz seine Uhr stehle.«
»Ja. Aber das Problem ist wie gesagt, dass er sie fast nie ablegt.«
»Ich könnte ihn bewusstlos schlagen und sie ihm dann abnehmen.«
»Keine Gewalt, schon vergessen?«
»Ich könnte ihm Marlon an die Schläfe setzen und ihm sagen, er soll sie rausrücken.«
»Klingt gruselig«, meine ich.
»Hast du Angst, dass Captain Hook sich nass macht?«
Das überhöre ich lieber. »Wenn Carlton schläft, nimmt er sie natürlich ab und legt sie auf den Nachttisch«, sage ich. »Aber so ganz ohne ist das ja auch nicht. Du müsstest dich an sein Bett schleichen, während er schläft.«
Dick grinst über das ganze Gesicht und streckt stolz seine Brust raus. »Ich habe zwar Arme wie Baumstämme, Jane«, sagt er. »Aber meine Schritte sind so leicht und lautlos wie Federn.«
Er steht auf und klopft leicht mit seinen schwarzen Bikerstiefeln auf den Boden. Erst mit dem einen, dann mit dem anderen.
Dick hat tatsächlich ziemlich kleine Füße. Zumindest für einen Mann.
»Samstagabend geht Carlton immer was trinken - sein ›Kurzurlaub‹, wie er es nennt«, sage ich. »Spätestens um drei Uhr morgens kippt er weg und sinkt in Tiefschlaf. Es wäre am besten, du würdest die Uhr dann klauen. Also sagen wir Samstag.«
»Kein Problem«, meint Dick.
»Ach, und da wäre noch was«, sage ich.
Er dreht sich auf den Spitzen seiner Bikerstiefel, und ich
bemerke, dass er sich tatsächlich leicht und anmutig bewegt. Fast wie eine Ballerina.
»Lass Mr Brando lieber zu Hause. Ich will nicht, dass du in Versuchung kommst.«
»Ach, komm schon, Jane. Du nimmst mir auch noch die letzte Freude«, sagt Dick und gleitet lautlos hinaus, mein leichtfüßiger Killer.
44
IN DER Woche nach meiner Abtreibung sehe ich auf einmal überall Babys. Sowie ich einen Blick aus dem Fenster werfe, entdecke ich junge Mütter mit Kinderwagen. Mütter, die viel jünger und jugendlicher sind als ich und in netten, schnuckeligen Häusern leben. Okay, vielleicht haben sie nicht so viel um die Ohren, weil sie kein kleines Start-up-Unternehmen leiten, und vielleicht sind sie ja auch verheiratet - anders als Carlton und ich -, aber trotzdem.
Ich laufe zum Tennisplatz, um ein bisschen an die frische Luft zu kommen. Und was sehe ich? An der Seitenlinie steht eine schwangere Frau, die ihrem Göttergatten beim Spielen zuschaut. Als er seinen Gegner mit einem Ass ausknockt, klatscht sie damenhaft Beifall. Ihr Mann lächelt sie an und wirft ihr eine Kusshand zu. Die beiden haben einen kleinen Jungen dabei, blond und propper und ganz entzückend in seinem weißen Tennisdress. Er hat einen kleinen Kinderschläger in der Hand. Als er einen Ball über den Boden rollen sieht, rennt er hin und haut drauf. Drischt auf den Ball ein, als wolle er einen Käfer oder eine Fliege totschlagen, wumm, wumm, wumm.
Sein Dad schlendert zu ihm und sagt: »Sachte, mein kleiner Cowboy«, und zaust ihm zärtlich das Haar.
Die Szene ist so bilderbuchperfekt, dass ich anfange zu heulen. Danach gucke ich den ganzen Tag fern, was ich schon seit Jahren nicht mehr gemacht habe, und was sehe ich? Dauerwerbung für Windeln und Babybrei. Vollends den Rest gibt mir dann ein Anruf von Heather. Sie ist schwanger! Sie und Michael bekommen ein Baby. Ich freue mich für sie, und weil
Heather vor Glück kreischt, kreische ich auch, aber danach heule ich wieder. Und wie. Eigentlich würde ich ihr gern von Carlton und mir erzählen und von dem Kind. Von allem eben. Aber ich fühle mich schwach, und ich schäme mich und bin total erschöpft.
Ich lese mir
Weitere Kostenlose Bücher