Verliebt Verlobt Vergeltung - Roman
der ihm bedrohlich schien - dann präsentierte er seine Patek Philippe, als wäre sie ein Schweizer Bankkonto.
Und während ich an die zwanzigtausend Dollar denke, die ich dem Kreuzzug meines Bruders gegen die Drogen habe zukommen lassen, muss ich lächeln. Ich weiß auch nicht, warum, aber ich kann einfach nicht anders. Ach, wie ich wünschte, ich
würde zu jenen Menschen gehören, die vergeben und vergessen können! Aber anscheinend gehöre ich nicht dazu.
Carlton wird sich ohnehin schleunigst ein neues Rad und eine neue Uhr zulegen. Da kann ich mir noch so sehr einbilden, seinem Ego den Todesstoß versetzt zu haben - es war für ihn nie mehr als ein kleiner, leidiger Wespenstich.
»Komm zum ersten Treffen, Maddy«, bittet mein Bruder mich. Er greift nach seinen Zigaretten und hält mir zum Spaß die Packung hin. Ich tue, als wollte ich mir eine Zigrette nehmen, und mein Bruder zieht mir das Päckchen unter der Nase weg. Wir machen das andauernd, mein Bruder und ich - ein alter Scherz. Er nimmt sich eine, zündet sie an.
»Komm schon, Maddy-go-laddy. Ich will, dass du mit dabei bist«, sagt er mit Freudentränen in den Augen. Mein tougher kleiner Bruder. Sitzt da und raucht und heult vor Glück.
»Gerne«, sage ich, und genau so meine ich es.
53
ICG TREFFE mich mit Heather im The Tavern auf einen kleinen Drink nach der Arbeit - ihrer Arbeit , nicht meiner. Heather hat gerade eine Teilzeitstelle bei der Nobelkette Neiman Marcus. Sie ist im siebten Monat schwanger und schafft es noch immer, anmutig durch den Laden zu tänzeln und niedliche Designerblusen zu verkaufen. Wohingegen ich einfach nur arbeitslos bin und mich nicht mal mit einem Babybauch herausreden kann.
Weil es mir viel zu peinlich ist, zu Henry zurückgekrochen zu kommen, habe ich die letzten Tage und Wochen versucht, meine Portfolios neu zusammenzustellen.
Heather und ich schwingen uns auf die Hocker.
»Was wollen die Damen trinken?«, fragt der Barkeeper. Es ist wieder der mit dem schmierigen Lächeln.
»Cola Light«, sagt Heather.
»Wodka«, sage ich. »Pur.«
Der Barkeeper hebt die Braue. »So, so. Endlich einsichtig geworden?«
»Am besten gleich einen Doppelten«, füge ich hinzu.
Heather schaut mich sichtlich besorgt an und dreht an einem der kleinen Diamantohrringe, die sie von Michael zum Geburtstag bekommen hat.
»Ich hätte da etwas, das du dir mal anschauen solltest«, sagt sie leise.
Ich kippe meinen Wodka. Als hätte ich mein Leben lang in Moskau gelebt. Ohne Cranberrysaft, ohne Eis. Nichts, was das scharfe Brennen in der Kehle mildern würde. Wenn schon, dann richtig, sage ich mir.
Heather holt eine Zeitschrift aus ihrer Kuriertasche und klatscht sie auf den Tresen. Es ist eine Ausgabe des Young Entrepreneur .
Mein Herz macht einen Sprung. Und setzt aus.
Carlton.
Auf dem gottverdammten Cover.
Die Arme vor der Brust verschränkt. Und …
Mir stockt der Atem.
Er trägt ein T-Shirt mit dem Logo für die von mir konzipierte Rabatt-Lunchkarte.
Im Hintergrund lächelnde Schulkinder, alle verdammt niedlich, und alle tragen sie T-Shirts mit dem neuen Logo.
Warum CEO Carlton Connors alles richtig macht , verkündet der Titel.
Ich halte mir die Hand vor den Mund. Auf einmal ist mir übel. Der Wodka brennt mir in der Kehle.
Als ich das Heft durchblättere, zittern die Seiten in meiner Hand. Noch mehr Bilder von Carlton. Oh, ich ahne schon, was kommt! Aber als ich es dann mit eigenen Augen sehe, kann ich es trotzdem nicht glauben.
Fünf Jahre ist es her, dass Carlton Connors, Gründer und Geschäftsführer von Organics 4 Kids, die bahnbrechende Idee hatte, individuell zusammengestellte Bio-Lunchpakete für Schulkinder anzubieten. Was also hat den erfolgreichen Unternehmer nun bewegt, einen kostengünstigen Lunchservice für alleinerziehende Mütter auf den Markt zu bringen?
YOUNG ENTREPRENEUR: Was hat Sie auf diese neue, ja wieder sehr innovative Idee gebracht, Carlton?
CARLTON CONNORS: Hoher Fettgehalt und zahlreiche Zusatzstoffe im herkömmlichen Schulessen haben in den letzten Jahren zu Recht eine sehr schlechte Presse bekommen. Dagegen wollte ich etwas unternehmen, denn Eltern haben für
ihre Kinder etwas Besseres verdient. Fettleibigkeit bei Kindern entwickelt sich zu einem stetig wachsenden Gesundheitsproblem in den Vereinigten Staaten. Unsere Gesellschaft braucht einen Wandel in der Ernährung, sie braucht gesunde und dabei doch schmackhafte Mahlzeiten an den Schulen - und diesen Wandel will ich
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