Verliebt verlobt Versace Roman
aber im Grunde einen netten Kerl. Mein Gott, ich hatte sogar ein schlechtes Gewissen, weil ich gleichzeitig mit dir und mit Alex ging. Mir war offenbar nicht klar, dass du dich mit so ›vielen anderen Menschen‹ triffst. Und obwohl ich heute Abend mit dir Schluss machen wollte, ja, das wollte ich, hatte ich gehofft, wir könnten Freunde bleiben. Aber wenn mein gefühlsduseliger Quark zu viel für dich ist, dann solltest du lieber gehen.«
Er schaute mich an und schüttelte den Kopf. »Mit so etwas muss ich mich nicht befassen, nur um zu bumsen«, sagte er und drängte sich an mir vorbei zur Tür hinaus.
»Und ich auch nicht!«, schrie ich ihm hinterher und schlug die Tür zu.
Noch lange nachdem Tyler gegangen war, stand ich absolut regungslos und absolut wütend da. Aber ich wusste nicht, auf wen ich wütender sein sollte, auf Tyler oder auf mich. Er hatte recht, ich hatte ihn benutzt, warum also war ich so sauer auf ihn, dass er das Gleiche getan hatte? Ginge ich zurück nach London, würde ich bestimmt nicht Tylers wegen nachts wach liegen. Als ich meine Beine endlich wieder
gebrauchen konnte, nahm ich mein Mobiltelefon und wählte Alex’ Nummer. Ich musste einfach mit ihm reden.
Aber er war nicht da. Jenny konnte ich nicht anrufen, sie hatte ihren großen romantischen Abend mit Jeff. Ich überlegte, Erin oder Vanessa anzurufen, aber so nah fühlte ich mich ihnen auch wieder nicht. Stattdessen tat ich, was jedes verwirrte, wütende Mädchen tun wurde, nachdem die Läden geschlossen hatten. Ich öffnete eine weitere Flasche Wein, holte den ganzen Schoko-Käsekuchen aus dem Kühlschrank und setzte mich vor den Fernseher. Pfeif auf die Diät und bete, dass in dieser Saison Tuniken angesagt sind, überlegte ich, als ich in mich hineinmampfte. Als ich nichts mehr hinunterbrachte, hatte ich mehr als den halben Käsekuchen vertilgt und fast die ganze Flasche geleert. Das würde sich am Morgen nicht gut anfühlen, aber im Moment war das Zucker-Wein-Koma, in das ich glitt, einfach wunderbar.
Dreiundzwanzig
Ich rechnete damit, vom überwältigenden Bedürfnis mich zu erbrechen aufgeweckt zu werden, aber es war das laute Zuschlagen der Tür am Samstagmorgen. In der Hoffnung, dass es keine Einbrecher waren, richtete ich mich auf und riskierte einen Blick über die Sofalehne. Oder Mörder. Einbrecher wären ja nicht ganz so schlimm, überlegte ich. Es war weder das eine noch das andere. Anstatt eines großen bedrohlichen in Schwarz gekleideten Mannes sah ich eine winzige, mitgenommen aussehende Jenny, in
Unterwäsche und einem Männer-T-Shirt. An ihr war das ein ganz ungewöhnlicher Anblick, und mein Gefühl sagte mir, dass sich dahinter keine glückliche Geschichte verbarg.
»Jenny?«, fragte ich vorsichtig an. »Ist mit dir alles okay?«
»Wir haben uns getrennt«, sagte sie und schüttelte ungläubig den Kopf. Ihre Augen waren starr auf einen Punkt in mittlerer Entfernung gerichtet, den nur sie sehen konnte. »Er hat mit mir Schluss gemacht. Zum zweiten Mal.«
»Was?« Ich versuchte mich zu erheben und zu ihr zu gehen, da kam sie schon durch den Raum gestolpert und brach auf dem Sofa zusammen. Als würde ihr Versuch, die zukünftige Mode vorwegzunehmen, nicht schon reichen, stank sie auch noch erbärmlich nach Alkohol. »Du und Jeff, ihr habt Schluss gemacht?«
»Er sagte, er liebe mich, könne aber nicht mit mir zusammen sein.« Sie schnitt eine Grimasse, starrte aber immer noch geradeaus. »Er sagte, jedes Mal, wenn ich gehe, sei er in Sorge, ich könnte ihn wieder betrügen, und er glaube nicht, dass er so weitermachen könne.«
»Aber er liebt dich«, sagte ich und schloss sie in meine Arme, »und du liebst ihn.«
»Er sagt, das reiche nicht.« Ihre Stimme wurde immer leiser. »Er sagt, er vertraut mir nicht.«
»Mein Gott, Jenny, das tut mir so leid.« Ich drückte sie so fest, dass sie vom Boden abhob. Sie war wie eine Flickenpuppe.
»Und ich dachte, er würde mich bitten, wieder zu ihm zu ziehen.« Sie versuchte zu lächeln. »Ich habe hin und her überlegt, wie ich dir beibringen soll, dass ich ausziehen werde. Aber er will mich ja nicht mal sehen, geschweige denn mit mir zusammenleben.«
»Aber er liebt dich, das ist jedem klar«, sagte ich, bemüht zu ihr vorzudringen. Ihr glasiger Blick machte mir Angst. »Vielleicht braucht er nur etwas Zeit, um sich darüber klar zu werden.«
Jenny schüttelte den Kopf. »Die Zeit hat er gehabt. Er hatte verdammt noch mal alle Zeit der Welt. Ich bin
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