Verliebt, Verrückt, Verheiratet: Roman
aber er hatte nicht einmal über Football geredet. Stattdessen hatten sie über Bücher gesprochen, das Leben in Chicago und ihre gemeinsame Begeisterung für This Is Spinal Tap.
Sie konnte sich nicht auf Daphne konzentrieren, also klappte sie ihren Laptop auf, um mit ihrem Artikel »Knutschen - wie weit darf ich gehen?« voranzukommen. Aber das Thema deprimierte sie nur noch mehr.
In ihrem ersten Semester an der Northwestern hatte sie die Nase voll davon, darauf zu warten, dass ihr die große Liebe über den Weg lief. Also beschloss sie, sich mit dem netten Jungen zufrieden zu geben, mit dem sie seit einem Monat zusammen war. Doch es war ein Fehler gewesen, ihre Unschuld an ihn zu verlieren. Die Affäre machte sie nur noch niedergeschlagener und sie wusste, dass Phoebe Recht gehabt hatte. Für gelegentliche Sexaffären war sie einfach nicht geschaffen.
Ein paar Jahre später war sie wieder davon überzeugt, dass sie lange genug mit einem Mann zusammen war, um einen erneuten Versuch zu starten. Er war intelligent und charmant. Als die Geschichte vorbei war, hatte sie Monate gebraucht, um ihre Enttäuschung zu verarbeiten.
Seitdem hatte sie mehrere gute Freunde gehabt, aber keine weiteren Liebhaber. Sie hatte versucht, ihre sexuellen Triebe so gut es ging mit viel Arbeit und guten Freunden zu unterdrücken. Keuschheit mochte altmodisch sein, aber purer Sex bedeutete für eine Frau, die erst mit fünfzehn gelernt hatte, was Liebe ist, eine emotionale Katastrophe. Warum also dachte sie immer noch darüber nach, und ausgerechnet jetzt, wo Kevin Tucker in ihrer Nähe war?
Weil sie auch nur ein schwaches menschliches Wesen war, und der Quarterback der Stars ein äußerst verführerisches Zuckerstück, ein wandelndes Aphrodisiakum, eine Art erwachsener Barbie-Ken. Sie stöhnte, starrte auf ihre Tastatur und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen.
Gegen fünf hörte sie, wie er das Haus verließ. Um sieben hatte sie ihren Artikel fast fertig. Leider hatte das Thema ihre Hormone erst recht in Aufruhr gebracht. Sie wollte Janine anrufen, aber ihre Freundin war nicht zu Hause. Also ging sie nach unten und starrte in den kleinen Wandspiegel in der Küche. Wenn es nicht schon so spät gewesen wäre, hätte sie etwas mit ihrem Haar unternehmen können. Vielleicht würde sie es einfach nur schneiden. Der Bürstenschnitt von vor einigen Jahren war gar nicht so übel gewesen.
Warum musste sie sich immer wieder selbst belügen? Er war grauenhaft gewesen!
Statt zur Schere zu greifen, entschied sie sich für eine Lean-Cuisine-Mahlzeit und aß an der Küchentheke. Danach grub sie die Marshmallows aus einer Packung Rocky-Road-Eiscreme und ließ sich mit ihrem Zeichenblock vor dem Kamin nieder. Sie hatte letzte Nacht nicht besonders gut geschlafen und schon bald wurden ihre Augenlider schwer. Als Kevin kurz nach Mitternacht auftauchte, schreckte sie verschlafen hoch.
»Hallo, Daphne.«
Sie rieb sich die Augen. »Hey, Karl.«
Er hängte seine Jacke auf eine Stuhllehne. Sie stank meilenweit nach Parfüm. »Die muss ich wohl erst mal auslüften.«
»Ja, das würde ich auch sagen.« Sie spürte, wie die Eifersucht in ihr hoch kroch. Während sie über Kevins verführerischen Körper und ihre eigenen Komplexe gebrütet hatte, hatte sie eine wichtige Tatsache völlig übersehen: Er hatte nicht das geringste Interesse an ihr gezeigt. »Sie müssen sehr
beschäftigt gewesen sein«, bemerkte sie. »Das riecht nach einer explosiven Mischung. Aber alles Hausmarken, oder haben Sie irgendwo noch ein Au-pair aufgetan?«
»So viel Glück hatte ich leider nicht, alles Amerikanerinnen und alle redeten zu viel.« Er warf ihr einen viel sagenden Blick zu.
»Und ich wette, die meisten Wörter hatten mehr als eine Silbe. Sie haben jetzt wahrscheinlich Kopfschmerzen.« Reiß dich zusammen! Er war nicht so dumm, wie sie es gerne hätte, und wenn sie ihre Zunge nicht im Zaum hielt, würde er schnell merken, wie sehr sie an seinem Privatleben interessiert war.
Er wirkte gereizt, aber nicht verärgert. »Wenn ich mich mit einer Frau treffe, möchte ich mich gern entspannen. Ich will dann nicht über die Weltpolitik debattieren oder über das Ozonloch, und ich mag es auch nicht, wenn Leute mit zweifelhafter Körperhygiene pausenlos schlechte Gedichte rezitieren.«
»Schade, genau das sind meine Lieblingsbeschäftigungen.«
Er schüttelte nur den Kopf, stand auf und streckte seinen schlanken Körper Wirbel für Wirbel. Sicher langweilte sie ihn.
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