Verliebte Abenteuer
wenn McFladden falsch reagiert. Aber ich muß das Risiko tragen, sonst kann William nicht zum Ziel kommen. Entdeckt Loretta nämlich erst einmal, wer der Fahrer Flip ist, darf McFladden nicht in erreichbarer Nähe sein.
Nachdenklich wanderte er den Parkweg zurück und stieß dabei auf Bebsy, die angriffslustig am Gewächshaus stand.
»Na, was machen die Gürkchen?« fragte Percy lustig. »Oder wolltest du nach den Karotten sehen?«
Bebsy blitzte ihn wütend an und lehnte sich gegen die Glaswand. »Wo warst du?« wollte sie wissen.
»Das sagte ich dir doch«, entgegnete Percy grinsend. »Warum willst du alles zweimal hören? Oder läßt dein Gedächtnis schon nach?«
Bebsy ballte die Fäuste und preßte sie gegen ihre wirklich nette Brust. Percy Bishop bekam Stielaugen und fühlte, wie ihm seine Gedanken zu entgleiten drohten.
»Es ist eine Schweinerei, in der Dunkelheit herumzuschleichen und Mädchen nachzustellen«, zischte sie ihn an. »Das kennen wir hier nicht. Es wäre besser für dich, dir das zu merken und nicht uns alle gegen dich aufzubringen. Wir sind ein anständiges Haus. Du solltest dich schämen!«
»Und wie ich mich schäme!« stieß Percy hervor und bedeckte die Augen mit den Händen. »Ich bin ganz zerknirscht. Bebsy, Süße, verzeih mir.«
Da fühlte er einen klatschenden Schlag auf seiner rechten Wange, und mit fliegendem Röckchen rannte Bebsy zurück zum Gesindehaus.
Glücklich sah ihr Percy nach und rieb sich die rote Backe.
»Sie liebt mich«, sagte er leise. »Bebsy, du Allerschönste, noch einen Monat Geduld, und wir feiern eine Doppelverlobung.«
Langsam schlenderte er den Weg zurück. Ab und zu blieb er stehen und lauschte. Aus dem Fenster des Musikzimmers drang herrlicher Gesang. Loretta saß am Flügel und begleitete sich selbst. Glockenhell schwebten die Töne in den nachtdunklen Park hinaus.
Die Arie der Tosca von Puccini.
Welch wunderbare Stimme sie hat, dachte Percy überwältigt. Ihre Stimme ist ihre Seele – ist sie ganz und gar. Ein Engel – wirklich – so müssen Engel singen, wenn sie besonders schön Gottes Herrlichkeit preisen.
Leise begab sich Percy ins Haus. Warum er auf Zehenspitzen ging, wußte er nicht; es fiel ihm noch nicht einmal auf.
Selbst als er schon im Bett lag und die Nachttischlampe löschte, klang die schöne Stimme noch in ihm nach und wiegte ihn in einen Traum, in dem allerdings ein recht irdischer Engel – nämlich Bebsy – die Hauptrolle spielte.
Das fünfte Kapitel,
in dem McFladden Gefangener von Gummi wird
Das ist ja ein tolles Stück, sagen Sie jetzt. Da geht dieser Percy seelenruhig ins Bett und hat vorher den vom Pech ohnehin schlimm genug verfolgten McFladden zu einem gewissen Dr. More gelockt. Da stinkt doch etwas. Was soll das denn bloß? Und überhaupt, so eine Idee – legen wir das Buch beiseite!
Halt! Tun Sie's nicht! Bitte, bitte, tun Sie's nicht, denn gerade jetzt beginnt die ganze Geschichte so spannend zu werden, daß Sie sich nach drei Seiten freuen werden, weitergelesen zu haben. Denn was dem McFladden, diesem Unglücksraben, in Aberdeen, London Street 15, passierte, war vielleicht das, worauf Sie die ganze Zeit instinktiv schon gewartet haben.
Dr. More war ein Mann, dem es in seiner weiten Umgebung nicht an hohem Ansehen gebrach. Daß er Nervenarzt war, nahm ihm keiner übel – jeder kann sein Geld so verdienen, wie er es für gut befindet. Außerdem hatte er in Aberdeen noch keinen Schotten in ein Irrenhaus eingeliefert, sondern übte seinen Beruf eher als Trostspender aus, wenn ein guter alter schottischer Familienvater drei Cents zuviel für etwas bezahlt hatte und daraufhin, zerbrochen an der Schlechtigkeit der Welt, zu Dr. More kam und sich bei ihm ausweinte.
Dr. More unterhielt eine gute Praxis, war ein Mann Mitte Fünfzig, grauhaarig, muskulös und voller Humor. Letzteres war wichtig, denn ein Nervenarzt ohne Humor wird schnell selbst Patient eines anderen Nervenarztes. Dr. More lebte und praktizierte in einer schönen Villa am Stadtrand, die in einem großen Garten lag, verträumt und still wie ein Märchenschlößchen. Die Abgeschlossenheit hatte ihren tiefen Grund, denn im Anbau des Hauses, einem weiten Flügel, beherbergte Dr. More eine Anzahl von Privatpatienten, die sich in der würzigen Luft Schottlands die angeknacksten Nerven etwas auskurieren mußten. Mit anderen Worten: Dr. More unterhielt ein gutgehendes Sanatorium für Leute, die Gefahr liefen, nicht mehr, wie sich der Volksmund so herzhaft
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