Verliebte Abenteuer
einverstanden gewesen, das Elaborat zu veröffentlichen.
Der Besitzer hatte nach Besichtigung des Schecks über 100 Pfund uneingeschränkt die Handlungsweise des Chefredakteurs gebilligt und wartete nun zunächst die Reaktion der angehimmelten Primadonna ab.
Aber Loretta schwieg. Sei es, daß sie durch das Gedicht nicht in ihrer Karriere gestört wurde, sei es, daß sie so klug war einzusehen, daß ein Protest nur noch mehr Staub aufgewirbelt hätte, sei es sogar, daß sie wußte, wer der Autor dieses Schmarrens war – sie schwieg jedenfalls eisern und kümmerte sich nicht um das Ganze. Den größten Nutzen hatte die Oper Aberdeens, die acht Tage lang ausverkauft war.
Verleger Holyhead schrieb Lord Ashborne einen kurzen Brief. Brutal genug, drückt er sich darin folgendermaßen aus :
»Das Gedicht loszuwerden, hat mich eine verdammt große Mühe gekostet. Ich möchte Ihnen raten, Ihre Gefühlsausbrüche nächstens nicht wieder der Öffentlichkeit vorzustellen, da wir in der Literatur weiß Gott weit bessere einschlägige Gedichte haben.«
Schlimmer als dieses respektlose Schreiben Holyheads war ein Brief, den William Ashborne mit der gleichen Post erhielt, und der den Absender trug: ›Dr. More, Nervenarzt‹.
Au Backe, denken Sie, jetzt platzt die Bombe. Jetzt wird's für den Percy gefährlich. William sah das Schreiben von außen erstaunt an und fragte sich, ob sein Gedicht so schlecht gewesen sei, daß selbst Nervenärzte ihm schrieben. Andererseits kannte er ja Dr. More recht gut, und es sträubte sich deshalb in ihm etwas dagegen, den Brief einfach ungeöffnet in den nächsten Papierkorb zu werfen.
William riß also das Kuvert auf und faltete den Bogen auseinander. Dann las er das Schreiben und versank in eine Art aktiver Schwermut. Er raufte sich die Haare, trommelte mit den Fäusten auf die Armlehnen seines Sessels und zerknüllte den unschuldigen Brief zwischen den Fingern.
»Wahnsinn!« rief er wiederholt nur. »Heller Wahnsinn!«
Dann: »Schweinerei!«
Und: »Ich bring' ihn um!«
Dr. More, sein Bekannter aus Aberdeen, schrieb ihm:
»Euer Lordschaft! Nachdem ich Mr. McFladden hier habe und mich davon überzeugen konnte, daß der Mann völlig normal ist und bei ihm keinerlei Symptome eines echten Irrsinns – ich betone: echten – vorliegen, möchte ich anfragen, was ich mit dem Mann anfangen soll. Ein Individuum namens Percy Bishop schickte mir McFladden zusammen mit einem Schreiben von Ihnen, das die Bitte enthielt, den Mann in Verwahrung zu nehmen. Das ist aber nicht so einfach zu machen, trotz Ihrer erfreulichen Versicherung, für alle Kosten aufzukommen. Wir Nervenärzte sind ja – leider – immer noch auch an das Gesetz gebunden. Sie verstehen sicher, was ich damit sagen will, Mylord. Was soll ich tun? Momentan verhält sich Mr. McFladden noch recht ruhig und ergeben, aber man weiß ja nie, wie lange das anhält. Der Fall drängt also. Für schnelle Nachricht wäre ich Ihnen deshalb sehr verbunden. Mit bestem Gruß Dr. More.«
Williams Wutanfall dauerte lange. Noch nach einer Stunde tobte der edle Lord und fluchte gotteslästerlich.
»Dieser Percy!« schimpfte er mit Schaum vorm Mund. »Man kann ihn nicht aus den Augen lassen! Ein Kotelett verbrennt, Suppe kocht über, Wasser überschwemmt das Bad, wenn man Bedienstete allein läßt, aber dieser Percy treibt's am schlimmsten. Er läßt in meinem Namen Leute einsperren.«
Immerhin war William gerecht genug einzusehen, daß Percy zu dieser Wahnsinnstat wahrscheinlich nur gekommen war, weil er ihm dienlich sein wollte.
Seit der Idiot, dachte William, in Aberdeen bei Loretta ist und ihm dort zusätzlich auch noch diese Bebsy den Verstand verwirrt, hat er sich nicht mehr unter Kontrolle. Ich habe keine andere Wahl, als sofort zu ihm zu fahren und nach dem Rechten zu sehen.
Dazu war es aber notwendig, daß William schon jetzt endgültig seine Identität veränderte, denn nach Aberdeen ins Blickfeld Lorettas konnte er ja nicht als Lord Ashborne kommen, sondern als Kutscher Flip. In dessen Haut zu schlüpfen, war also nun die nächste Voraussetzung. – Aber wie?
Bei William war noch nie ein Kutscher angestellt gewesen, weil der Lord als moderner Mensch motorisiert lebte. Ein entsprechender Anschauungsunterricht fehlte ihm also. Der letzte Kutscher auf Invergarry war zu Großvaters Zeiten tätig gewesen und hatte 1957 das Zeitliche gesegnet. Ganz dunkel konnte sich William noch an ihn erinnern. Der Kutscher hatte James Babroudh geheißen
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